Donnerstag, 18. April 2024

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Kritikergespräch
Bücher, die an das Gestern erinnern

Bücher für junge Leser entziehen sich zunehmend der Digitalisierung, erscheinen mit vergilbt anmutendem Papier und handgezeichneten Illustrationen. Dieser Retro-Ästhetik bedienen sich die neuen Bücher von Elżbieta Palasz, John Macfarlane, Mathilda Masters.

Susanne Gaschke und Wieland Freund im Gespräch mit Tanya Lieske | 27.10.2018
    Im Kritikergespräch besprochene Bücher, u.a.: Robert Macfarlane: „Die verlorenen Wörter“
    Bücher, die sich heute mit dem Gestern auseinandersetzen (Buchcover (vlnr): Susanna Rieder Verlag, Matthes und Seitz Verlag, Gerstenberg Verlag, Carl Hanser Verlag)
    Vier Bücher, die sich mit dem Gestern beschäftigen, in dem was sie erzählen, aber auch in der Optik und Haptik, sind Gegenstand des heutigen Kritikergesprächs.
    Aus Polen kommt ein Bilderbuch, das von Janusz Gorski, er ist Universitätsprofessor an der Kunstakademie Danzig, in Aufrage gegeben wurde. In drei Momentaufnahmen wird die Kindheit des Günter Grass von Elżbieta Pałasz anschaulich und für Kinder nachvollziehbar erzählt. Die jungen Absolventinnen der Kunstakademie, Joanna Czaplewska und Katja Widelska, haben mit Montagetechniken und Collage illustriert, sie zitieren die Mode und den Stil der 1930er-Jahre. Bucheckern, Bernstein Brausepulver wurde von IBBY der internationalen Vereinigung der Buchschaffenden im Kinderbuch ausgezeichnet für seine herausragende Illustration und Buchgrafik.
    Verlorene Wörter hat der britische Autor Robert Macfarlane ausfindig gemacht, also solche, die aus deinem Wörterbuch der Jugendsprache heraus gefallen sind. Meistens sind es Begriffe, die sich der Natur zuwenden, Brombeere, Eisvogel, Molch. Macfarlane hat zu diesen Begriffen Gedichte geschrieben, die bekannte Künstlerin Jackie Morris hat mit Aquarelltechniken illustriert. Die Verlorenen Wörter ist ein bibliophiles, aufwändig gestaltetes Buch.
    In ein berühmtes Berliner Hotel kehrt die Autorin Maja Nielsen mit ihrem neuen Roman für Kinder zurück: Tatort Eden 1919 heißt ihr neues Buch, in dem sie sich mit den revolutionären Unruhen der Stadt in diesem Jahr und mit dem Tod von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beschäftigt. Ein ambitioniertes Unterfangen, das mit einer Binnenerzählung arbeitet und viel Stoff zu bewältigen hat.
    Mathilda Masters und Louize Perdieus legen mit 321 superschlaue Dinge, die du unbedingt wissen musst ein humorvolles Brevier für Kinder vor. Warum man sich nicht selbst kitzeln kann, warum die Gottesanbeterin ihr Männchen auffrisst und eine Hauskatze schneller läuft als Usain Bolt, dieses Buch gibt Auskunft. Auf Kartonage und auf festem Papier gedruckt, zitiert auch dieses Wissensbuch für Kinder den Kanon und die Buchkunst vergangener Jahrzehnte.
    Elżbieta Palasz: "Bucheckern, Bernstein, Brausepulver: Die Kindheit von Günter Grass"
    Susanna Rieder Verlag, München 2018. 48 Seiten, 18 Euro.
    Robert Macfarlane: "Die verlorenen Wörter"
    Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2018. 100 Seiten, 38 Euro.
    Maja Nielsen: "Tatort Eden 1919"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018. 192 Seiten, 9,95 Euro.
    Mathilda Masters: "321 Superschlaue Dinge, die du unbedingt wissen musst"
    Carl Hanser Verlag, München 2018. 288 Seiten, 20.00 Euro.