"Krümelmonster: Dumdiedumdiedum…
Ernie: Auch das noch. Ich glaube, Krümelmonster will meine Kekse essen, oder?
Krümelmonster: Oooh, Kekse! – Nein … nein … nichts für mich. Danke.
Ernie: Moment, hab' ich richtig gehört? Du lehnst diese wundervollen, herrlichen Kekse ab?
Krümelmonster: Ja, nimm sie weg! Schaff' sie mir aus den Augen!
Ernie: Also los, sag mir bitte, warum du keinen Keks willst! Hm?
Krümelmonster: Ich lebe … Diät!"
Hätte das Krümelmonster Mitte der Siebziger erahnt, dass es dreißig Jahre später tatsächlich von amerikanischen Pädagogen auf Zwangsdiät gesetzt werden würde – es hätte bestimmt noch einige Extra-Kekse verschlungen. Denn mit exzessiven Fressorgien ist seit 2005 Schluss in der "Sesamstraße", weil die Macher vom "Childrens Television Workshop" in New York den immer mehr verfettenden US-Kiddies nicht länger ein schlechtes Vorbild liefern wollten. Seitdem taucht das Krümelmonster meist in Begleitung mehrerer Gemüsefiguren auf dem Bildschirm auf - und darf Keksen nur noch in homöopathischen Dosen frönen.
Dem Erfolg der "Sesamstraße" hat das auch in der Bundesrepublik keinen Abbruch getan, wo die Sendung inzwischen seit 40 Jahren läuft – Anlass für die Autorin Viktoria Urmersbach, sich an einer kleinen Kulturgeschichte der Sesamstraße zu versuchen.
"Geboren 1969, gehörte ich zur ersten Generation der Kinder, die 1973 noch die amerikanische Fassung gesehen haben, also noch die Hinterhofkulisse aus den New Yorker Slums, die von den deutschen Zuschauer ziemlich kritisiert wurde. Aber wir Prä-Samsoniten sind alle besonders stolz darauf, dass wir das noch erlebt haben."
Ernie: Auch das noch. Ich glaube, Krümelmonster will meine Kekse essen, oder?
Krümelmonster: Oooh, Kekse! – Nein … nein … nichts für mich. Danke.
Ernie: Moment, hab' ich richtig gehört? Du lehnst diese wundervollen, herrlichen Kekse ab?
Krümelmonster: Ja, nimm sie weg! Schaff' sie mir aus den Augen!
Ernie: Also los, sag mir bitte, warum du keinen Keks willst! Hm?
Krümelmonster: Ich lebe … Diät!"
Hätte das Krümelmonster Mitte der Siebziger erahnt, dass es dreißig Jahre später tatsächlich von amerikanischen Pädagogen auf Zwangsdiät gesetzt werden würde – es hätte bestimmt noch einige Extra-Kekse verschlungen. Denn mit exzessiven Fressorgien ist seit 2005 Schluss in der "Sesamstraße", weil die Macher vom "Childrens Television Workshop" in New York den immer mehr verfettenden US-Kiddies nicht länger ein schlechtes Vorbild liefern wollten. Seitdem taucht das Krümelmonster meist in Begleitung mehrerer Gemüsefiguren auf dem Bildschirm auf - und darf Keksen nur noch in homöopathischen Dosen frönen.
Dem Erfolg der "Sesamstraße" hat das auch in der Bundesrepublik keinen Abbruch getan, wo die Sendung inzwischen seit 40 Jahren läuft – Anlass für die Autorin Viktoria Urmersbach, sich an einer kleinen Kulturgeschichte der Sesamstraße zu versuchen.
"Geboren 1969, gehörte ich zur ersten Generation der Kinder, die 1973 noch die amerikanische Fassung gesehen haben, also noch die Hinterhofkulisse aus den New Yorker Slums, die von den deutschen Zuschauer ziemlich kritisiert wurde. Aber wir Prä-Samsoniten sind alle besonders stolz darauf, dass wir das noch erlebt haben."
Eines der ersten medialen Angebote für Vorschulkinder
Bis an die Schwelle der 70er Jahre war Kinderfernsehen ein ungeliebtes Stiefkind der deutschen öffentlich-rechtlichen Anstalten; für Vorschulkinder existierte schlichtweg kein spezielles mediales Angebot. In Nachkriegsdeutschland war es lange gesellschaftlicher Konsens, dass kleine Kinder vor der Flimmerkiste sowieso nichts zu suchen hätten - die etwas älteren wuchsen in den 60ern mit Lassie, Fury, Flipper und Skippy, dem Buschkänguruh heran – allesamt Importe mit eher beschränktem pädagogischem Wert. Erst gegen Ende des Jahrzehnts wagte die ARD erste Eigenproduktionen, wie etwa der WDR mit dem "Spatz vom Wallraffplatz" oder ab 1971 mit der noch heute ungebrochen populären "Sendung mit der Maus".
Währenddessen war man beim Norddeutschen Rundfunk eher zufällig auf eine neue Serie aufmerksam geworden, die am 10.November 1969 in den USA ihre Bildschirmpremiere erlebt hatte: Sesame Street. Ein Programm extra für Vorschulkinder, konzipiert unter Leitung der Lehrerin Joan Cooney und in Szene gesetzt vom Vater der "Muppets", Jim Henson.
"Das neue war, dass man erfahren hatte, dass man Kindern mit Fernsehsendungen Sprache und Rechnen beibringen kann oder vielmehr die Vorstufe, dass man Zahlen kennenlernen kann als Kind schon durchs Fernsehen. Und wirklich ganz neu war die Ästhetik der Sesamstraße, das war sehr poppig und fast schon dadaistisch, das war für deutsche Verhältnisse schon revolutionär neu."
Währenddessen war man beim Norddeutschen Rundfunk eher zufällig auf eine neue Serie aufmerksam geworden, die am 10.November 1969 in den USA ihre Bildschirmpremiere erlebt hatte: Sesame Street. Ein Programm extra für Vorschulkinder, konzipiert unter Leitung der Lehrerin Joan Cooney und in Szene gesetzt vom Vater der "Muppets", Jim Henson.
"Das neue war, dass man erfahren hatte, dass man Kindern mit Fernsehsendungen Sprache und Rechnen beibringen kann oder vielmehr die Vorstufe, dass man Zahlen kennenlernen kann als Kind schon durchs Fernsehen. Und wirklich ganz neu war die Ästhetik der Sesamstraße, das war sehr poppig und fast schon dadaistisch, das war für deutsche Verhältnisse schon revolutionär neu."
Ein regelrechter Nord-Süd-Konflikt
Doch nicht alle Fernsehverantwortlichen in Deutschland waren anno 1973 schon reif für eine solche Revolution. Um die Sesamstraße tobte in den ersten Jahren ein regelrechter Nord-Süd-Konflikt:
"Die südlichen ARD-Anstalten waren entsetzt von der Idee, dass man Kinder mit so bunten, so lauten, so poppigen Sendungen was Gutes tun könnte. Das war sehr, sehr fremd für bayerische Verhältnisse."
Erst 1977, vier Jahre nach dem deutschen Sendestart, kapitulierte die ARD-Südkette vor den kleinen Fans und nahm die Serie ins Programm. Es war ohnehin nicht mehr die Sesamstraße der Anfangsjahre: mehr und mehr wurden die US-amerikanischen Anteile durch deutsche Eigenproduktionen ersetzt. Die "Samson"-Ära begann – mit Lilo Pulver und Henning Venske als "Mitbewohner" der Sesamstraße. Damit war das nächste Politikum geboren – jedenfalls in Augen der BILD-Zeitung, der es vor der Bildschirmpräsenz des linken Journalisten und Polit-Aktivisten Venske graute:
"Den Politpaukern bei uns passt der Ulk nicht. Sie wollen Marx statt Monster, Engels statt Ernie. Ausgerechnet den abgebrannten Possenreißer Venske heuerte der NDR an, um Sesamstraße zur Sackgasse zu machen."
"Die südlichen ARD-Anstalten waren entsetzt von der Idee, dass man Kinder mit so bunten, so lauten, so poppigen Sendungen was Gutes tun könnte. Das war sehr, sehr fremd für bayerische Verhältnisse."
Erst 1977, vier Jahre nach dem deutschen Sendestart, kapitulierte die ARD-Südkette vor den kleinen Fans und nahm die Serie ins Programm. Es war ohnehin nicht mehr die Sesamstraße der Anfangsjahre: mehr und mehr wurden die US-amerikanischen Anteile durch deutsche Eigenproduktionen ersetzt. Die "Samson"-Ära begann – mit Lilo Pulver und Henning Venske als "Mitbewohner" der Sesamstraße. Damit war das nächste Politikum geboren – jedenfalls in Augen der BILD-Zeitung, der es vor der Bildschirmpräsenz des linken Journalisten und Polit-Aktivisten Venske graute:
"Den Politpaukern bei uns passt der Ulk nicht. Sie wollen Marx statt Monster, Engels statt Ernie. Ausgerechnet den abgebrannten Possenreißer Venske heuerte der NDR an, um Sesamstraße zur Sackgasse zu machen."
Streit um Indianerkostüme
Auch wenn Henning Venske schon 1979 durch Uwe Friedrichsen ersetzt wurde – die großen pädagogisch-ideologischen Schlachten um die Serie waren zu dieser Zeit schon geschlagen. Allerdings gab und gibt es immer wieder produktiven Streit zwischen den Lizenzgebern in New York und der deutschen Redaktion, meist, wenn verschiedene kulturelle Mentalitäten dies- und jenseits des Großen Teiches aufeinanderprallen:
"Die amerikanische Sesamstraßen-Redaktion hat sich sehr daran gestört, dass die deutschen Kinder in einer Karnevalssendung als Indianer verkleidet im Studio herumtanzten. Da gab es eine lange Diskussion mit den deutschen Redakteuren darüber, die dann aber versichert haben, dass diese Indianerkostüme überhaupt nicht abfällig oder gar diskriminierend gegen die Native Americans gemeint waren, sondern dass für deutsche Kinder ein Indianerkostüm einfach das Allergrößte ist."
In einem Kapitel ihres äußerst kurzweilig zu lesenden Buches blickt Viktoria Urmersbach auch auf die Sesamstraße andernorts - denn längst hat sich die Sendung zu einem weltweiten Exportschlager in über 140 Länder gemausert – immer angepasst an die jeweiligen Lebenswelten der Kinder. In Deutschland musste die Sesamstraße vor zehn Jahren ihren angestammten 18 Uhr-Sendeplatz räumen und zog auf den Kinderkanal um – was ihr heute trotz der Ausstrahlung um 8 Uhr morgens doppelt so viele Zuschauer beschert wie ehedem. Die Autorin sieht's trotzdem mit einem Fünkchen Wehmut:
"Die Sendung ist nicht mehr das Ritual von damals, wo jahrzehntelang tatsächlich die ganze Familie gemeinsam um 18 Uhr die Sesamstraße eingeschaltet hat."
Jede Zuschauer-Generation wird sich in bestimmten Kapiteln dieser kleinen Kulturgeschichte besonders wiedererkennen. Im hinteren Teil mutiert der Band u.a. durch Einzelporträts der heutigen deutschen Puppenspieler schon in Richtung Fanbook - warum auch nicht. Überhaupt ist dieses Buch - seinem Sujet angemessen - kunterbunt. So findet hier jeder Leser die Sesamstraße "seiner" Kindheit wieder. Und den Wertewandel in 40 Jahren Fernsehpädagogik. Ein Sittengemälde aus deutschen Kinder- und Wohnzimmern, reich bebildert und randvoll mit den ewigen Wahrheiten der Kindheit:
Krümelmonster: "Kekse schmecken aber doch besser! Kekseeee!"
Viktoria Urmersbach: "So bin ich nah, jetzt bin ich fern". Eine kleine Kulturgeschichte der Sesamstraße
Vergangenheitsverlag, 200 Seiten, 16,90 Euro
ISBN: 978-3-864-08146-0
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Wer nicht fragt, bleibt dumm -
40 Jahre "Sesamstraße" in Deutschland
"Die amerikanische Sesamstraßen-Redaktion hat sich sehr daran gestört, dass die deutschen Kinder in einer Karnevalssendung als Indianer verkleidet im Studio herumtanzten. Da gab es eine lange Diskussion mit den deutschen Redakteuren darüber, die dann aber versichert haben, dass diese Indianerkostüme überhaupt nicht abfällig oder gar diskriminierend gegen die Native Americans gemeint waren, sondern dass für deutsche Kinder ein Indianerkostüm einfach das Allergrößte ist."
In einem Kapitel ihres äußerst kurzweilig zu lesenden Buches blickt Viktoria Urmersbach auch auf die Sesamstraße andernorts - denn längst hat sich die Sendung zu einem weltweiten Exportschlager in über 140 Länder gemausert – immer angepasst an die jeweiligen Lebenswelten der Kinder. In Deutschland musste die Sesamstraße vor zehn Jahren ihren angestammten 18 Uhr-Sendeplatz räumen und zog auf den Kinderkanal um – was ihr heute trotz der Ausstrahlung um 8 Uhr morgens doppelt so viele Zuschauer beschert wie ehedem. Die Autorin sieht's trotzdem mit einem Fünkchen Wehmut:
"Die Sendung ist nicht mehr das Ritual von damals, wo jahrzehntelang tatsächlich die ganze Familie gemeinsam um 18 Uhr die Sesamstraße eingeschaltet hat."
Jede Zuschauer-Generation wird sich in bestimmten Kapiteln dieser kleinen Kulturgeschichte besonders wiedererkennen. Im hinteren Teil mutiert der Band u.a. durch Einzelporträts der heutigen deutschen Puppenspieler schon in Richtung Fanbook - warum auch nicht. Überhaupt ist dieses Buch - seinem Sujet angemessen - kunterbunt. So findet hier jeder Leser die Sesamstraße "seiner" Kindheit wieder. Und den Wertewandel in 40 Jahren Fernsehpädagogik. Ein Sittengemälde aus deutschen Kinder- und Wohnzimmern, reich bebildert und randvoll mit den ewigen Wahrheiten der Kindheit:
Krümelmonster: "Kekse schmecken aber doch besser! Kekseeee!"
Viktoria Urmersbach: "So bin ich nah, jetzt bin ich fern". Eine kleine Kulturgeschichte der Sesamstraße
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