Brandner: Guten Tag, Herr Probst.
Probst: Dass als Teil der ja noch lange nicht abgeschlossenen Debatte über Arbeitszeit und Flexibilisierung auch das Thema Kündigungsschutz auftauchen würde, war quasi fast zwangsläufig, und es passt ja doch auch in die Forderungen nach mehr Flexibilisierung am Arbeitsmarkt. Ist der Kündigungsschutz, mal grundsätzlich gefragt, so wie er in Deutschland besteht, noch zeitgemäß?
Brandner: Ich bin der Meinung, er ist zeitgemäß. Wir haben ihn gerade ja im Rahmen auch der arbeitsmarktpolitischen gesetzlichen Veränderungen noch mal neu justiert. Wir haben dafür gesorgt, dass gerade in kleineren Betrieben der Kündigungsschutz erst später einsetzt, für Existenzgründer erst später einsetzt. Und wir haben in Deutschland, was völlig übersehen wird, ja einen ganzen Strauß an Möglichkeiten befristeter Beschäftigungen, der in vielen Nachbarländern einfach nicht bekannt ist. Unter diesem Gesichtspunkt werte ich auch die aktuelle Debatte so, dass man überall ein Rosinchen sich raussucht, und das als Beispiel nennt, um einen Grund zu haben, den Kündigungsschutz hier in Deutschland zu minimieren oder ihn sogar ganz abzuschaffen. Ich bleibe dabei, der Kündigungsschutz gehört zum Wesen der sozialen Marktwirtschaft und deshalb muss ich schon darauf ganz deutlich Wert legen, dass diejenigen, die ihn abschaffen wollen, im Kern auch die soziale Marktwirtschaft beschädigen wollen.
Probst: Ja, wenn sie sagen Rosinenpicken, Herr Brandner, aber das, was wir eben an Zahlen beispielsweise gehört haben an Beispielen aus anderen Ländern dann liegt doch hier in Deutschland doch einiges im Argen, Schweiz, Dänemark, USA beispielsweise, was die Beschäftigung angeht.
Brandner: Ja, das ist ja völlig korrekt. Wir haben das Beispiel Niederlande in der Vergangenheit als das Vorbild gehabt. Und in den Niederlanden haben wir einen weitaus schärferen und härteren Kündigungsschutz als in Deutschland. Wir werden uns alle erinnern, was an Aktivitäten dort gesetzt worden ist, hat dazu geführt, dass die Beschäftigung auf einem sehr hohen Niveau stattfindet, insofern will ich nur deutlich sagen, wir können überall suchen, ein Detail raussuchen und werden Beispiele sehen, wo was besser ist. Man muss die gesamte Linie sehen. Wir haben in Deutschland einen Reformstau, den hat gerade die Union mitzuverantworten, weil in den kompletten Neunziger Jahren wichtige arbeitsmarktpolitische Reformen aber auch sozialpolitische Reformen nicht angegangen worden sind. Und jetzt die Axt an den Sozialstaat anzulegen, um quasi das alles nachzuholen, das führt nicht zu einer Besserung, sondern es ist schon wichtig, dass man hier Augenmass bewahrt und insbesondere auch deutlich macht, dass gerade der Kündigungsschutz ja eine existentielle Bedeutung für die Arbeitnehmer und ihre Familien hat. Und dieser Punkt wird zu wenig, aus meiner Sicht, öffentlich herausgestellt.
Probst: Ja, die Gefahren, die Sie eben heraufbeschworen haben oder beschrieben, Abschaffung der sozialen Marktwirtschaft. Natürlich ist es ein Schlagwort zu sagen, sozial ist, was Arbeit und damit auch Beschäftigung schafft, aber wenn man das Arbeitslosengeld 2 beispielsweise betrachtet, auch da geht ja nach dem Motto Fördern und Fordern wird ja vorgegangen, also hat dieses Schlagwort nicht doch etwas für sich?
Brandner: Nein, es ist völlig korrekt, dass wir das Prinzip Fördern und Fordern als ein wichtiges sozialstaatliches Prinzip ansehen. Also, sich nicht zurücklehnen, sondern deutlich zu machen, wer in dieser Gesellschaft auf soziale Leistungen Anspruch erhebt, muss auch seinen, ihm möglichen Teil dazu beitragen, möglichst nicht in einer sozialen Fürsorge zu sein oder möglichst nicht auf unterstützende Leistungen aus der Gemeinschaft angewiesen zu sein, sondern zuerst ist auch die Eigeninitiative gefragt. Das ist das, was wir als politisch sinnvoll und richtig ansehen, also eine aktivierende sozialpolitische Maßnahme. Aber die CDU ist ja in weiten Teilen so, dass sie alles das, was an Fördern organisiert wird, ablehnt. Sowohl was bei den Hartz-Gesetzen eine Rolle gespielt hat. Sie wollte ein niedrigeres Leistungsniveau, sie wollte im Prinzip Zwangsarbeit, also Niedriglohnarbeit für alle, insofern sind die Differenzen schon klar. Wir wollen Fördern, wir wollen aber auch daraus das Recht ableiten zu Fordern, weil das sozialpolitisch richtig ist.
Probst: Ja, dann lassen Sie mich in diese Debatte noch ein Schlagwort bringen, lieber befristet beschäftigt, als unbefristet arbeitslos. Das spricht doch auch dafür.
Brandner: Der Punkt ist, das muss ja in der Sache einen Sinn machen. Die Frage der befristet Beschäftigten haben wir von ehemals sechs Monaten auf zwölf Monate, jetzt auf 24 Monate ausgeweitet. Und gerade ältere Arbeitsnehmer ab 52 können dauerhaft befristet beschäftigt werden. Wir haben also für einen arbeitslosen 52jährigen heute einen Rechtszustand, in dem es überhaupt keinen Kündigungsschutz mehr gibt. Und in dieser Situation zu sagen, es gibt aber Länder die haben noch weniger Kündigungsschutz und die stehen im Kern beschäftigungspolitisch gut da. Da will ich ihnen sagen, da würde ich sehr genau hinschauen, es gibt viele Länder zum Beispiel Österreich, die beschäftigungspolitisch auch nicht schlecht dastehen, die mindestens einen so harten Kündigungsschutz haben wie in Deutschland, einen härteren in der Regel. So und dass wir aus diesem Grund heraus so eine Schlagwortpolitik, die sich irgendwo eine Rosine herauspickt und sagt, das ist jetzt, wenn sie so wollen, das Ei des Kolumbus, das können wir politisch nicht zulassen und da müssen wir schon argumentativ darauf bauen, dass das, was an Veränderungen ansteht, sowohl unter sozialen Gesichtspunkten wie unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist.
Probst: Aber Herr Brandner, wenn wir diese Möglichkeiten alle schon haben, ausgedehnte befristete Arbeitsverhältnisse, ist es dann nicht eher unfair, wenn man auf der anderen Seite gleich die Gefahr heraufbeschört, eine weitere Lockerung bringe amerikanische Verhältnisse, nach dem Motto hire and fire?
Brandner: Ja, natürlich, wir haben, das ist völlig korrekt. So dass das die politische Orientierung ist. Kündigungsschutz oder soziale Marktwirtschaft ist ja auch eine kulturelle Errungenschaft auf die man hinweisen muss, wir leben in andern kulturellen Verhältnissen als in den USA. Unser ganzes Lebensgefühl ist ein anderes als dort. Und so zu tun, als wären die Menschen technisch gesehen austauschbar, das zeigt doch schon das Bild des Menschen, dass man auf deren Bedingungen zu wenig, aus meiner Sicht, zu wenig Rücksicht nimmt oder sie zu wenig beachten will. Der Mensch darf eben nicht verlängerter Arm der Produktion sein, sondern muss Teil sein und da wo er Teil ist sind wir im Kern sowohl wettbewerbsfähig. Wir können auch dabei nachweisen dass gerade soziale Errungenschaften ein Wert an sich sind, die weder der Beschäftigung noch dem Sozialstaat im Weg stehen.
Probst: Herr Brandner, ganz kurz zum Schluss, meinen Sie dieses Thema ist eher passend zum Sommerloch oder wird es uns weiter beschäftigen?
Brandner: Nun, ich erlebe dieses Thema dreißig Jahre lang, solange wie ich beruflich tätig bin, es kommt immer wieder auf, die Auguren, je nachdem wie die gesellschaftliche Ausgangssituation ist, bringen es auf die Tagesordnung. Wichtig ist, dass man Reformprozesse rechtzeitig angeht und das, was jetzt ist, ist das Kind mit dem Bade ausschütten. Das ist an Radikalität nicht zu überbieten und deshalb sage ich auch ganz bewusst, wie Merz und Koch sich da betätigen, betätigen sich als Brandstifter und nicht als diejenigen die mithelfen, dass wir die Beschäftigung in diesem Land nach vorne treiben.
Probst: Die Meinung von Klaus Brandner, SPD, ich danke Ihnen Herr Brandner.
Probst: Dass als Teil der ja noch lange nicht abgeschlossenen Debatte über Arbeitszeit und Flexibilisierung auch das Thema Kündigungsschutz auftauchen würde, war quasi fast zwangsläufig, und es passt ja doch auch in die Forderungen nach mehr Flexibilisierung am Arbeitsmarkt. Ist der Kündigungsschutz, mal grundsätzlich gefragt, so wie er in Deutschland besteht, noch zeitgemäß?
Brandner: Ich bin der Meinung, er ist zeitgemäß. Wir haben ihn gerade ja im Rahmen auch der arbeitsmarktpolitischen gesetzlichen Veränderungen noch mal neu justiert. Wir haben dafür gesorgt, dass gerade in kleineren Betrieben der Kündigungsschutz erst später einsetzt, für Existenzgründer erst später einsetzt. Und wir haben in Deutschland, was völlig übersehen wird, ja einen ganzen Strauß an Möglichkeiten befristeter Beschäftigungen, der in vielen Nachbarländern einfach nicht bekannt ist. Unter diesem Gesichtspunkt werte ich auch die aktuelle Debatte so, dass man überall ein Rosinchen sich raussucht, und das als Beispiel nennt, um einen Grund zu haben, den Kündigungsschutz hier in Deutschland zu minimieren oder ihn sogar ganz abzuschaffen. Ich bleibe dabei, der Kündigungsschutz gehört zum Wesen der sozialen Marktwirtschaft und deshalb muss ich schon darauf ganz deutlich Wert legen, dass diejenigen, die ihn abschaffen wollen, im Kern auch die soziale Marktwirtschaft beschädigen wollen.
Probst: Ja, wenn sie sagen Rosinenpicken, Herr Brandner, aber das, was wir eben an Zahlen beispielsweise gehört haben an Beispielen aus anderen Ländern dann liegt doch hier in Deutschland doch einiges im Argen, Schweiz, Dänemark, USA beispielsweise, was die Beschäftigung angeht.
Brandner: Ja, das ist ja völlig korrekt. Wir haben das Beispiel Niederlande in der Vergangenheit als das Vorbild gehabt. Und in den Niederlanden haben wir einen weitaus schärferen und härteren Kündigungsschutz als in Deutschland. Wir werden uns alle erinnern, was an Aktivitäten dort gesetzt worden ist, hat dazu geführt, dass die Beschäftigung auf einem sehr hohen Niveau stattfindet, insofern will ich nur deutlich sagen, wir können überall suchen, ein Detail raussuchen und werden Beispiele sehen, wo was besser ist. Man muss die gesamte Linie sehen. Wir haben in Deutschland einen Reformstau, den hat gerade die Union mitzuverantworten, weil in den kompletten Neunziger Jahren wichtige arbeitsmarktpolitische Reformen aber auch sozialpolitische Reformen nicht angegangen worden sind. Und jetzt die Axt an den Sozialstaat anzulegen, um quasi das alles nachzuholen, das führt nicht zu einer Besserung, sondern es ist schon wichtig, dass man hier Augenmass bewahrt und insbesondere auch deutlich macht, dass gerade der Kündigungsschutz ja eine existentielle Bedeutung für die Arbeitnehmer und ihre Familien hat. Und dieser Punkt wird zu wenig, aus meiner Sicht, öffentlich herausgestellt.
Probst: Ja, die Gefahren, die Sie eben heraufbeschworen haben oder beschrieben, Abschaffung der sozialen Marktwirtschaft. Natürlich ist es ein Schlagwort zu sagen, sozial ist, was Arbeit und damit auch Beschäftigung schafft, aber wenn man das Arbeitslosengeld 2 beispielsweise betrachtet, auch da geht ja nach dem Motto Fördern und Fordern wird ja vorgegangen, also hat dieses Schlagwort nicht doch etwas für sich?
Brandner: Nein, es ist völlig korrekt, dass wir das Prinzip Fördern und Fordern als ein wichtiges sozialstaatliches Prinzip ansehen. Also, sich nicht zurücklehnen, sondern deutlich zu machen, wer in dieser Gesellschaft auf soziale Leistungen Anspruch erhebt, muss auch seinen, ihm möglichen Teil dazu beitragen, möglichst nicht in einer sozialen Fürsorge zu sein oder möglichst nicht auf unterstützende Leistungen aus der Gemeinschaft angewiesen zu sein, sondern zuerst ist auch die Eigeninitiative gefragt. Das ist das, was wir als politisch sinnvoll und richtig ansehen, also eine aktivierende sozialpolitische Maßnahme. Aber die CDU ist ja in weiten Teilen so, dass sie alles das, was an Fördern organisiert wird, ablehnt. Sowohl was bei den Hartz-Gesetzen eine Rolle gespielt hat. Sie wollte ein niedrigeres Leistungsniveau, sie wollte im Prinzip Zwangsarbeit, also Niedriglohnarbeit für alle, insofern sind die Differenzen schon klar. Wir wollen Fördern, wir wollen aber auch daraus das Recht ableiten zu Fordern, weil das sozialpolitisch richtig ist.
Probst: Ja, dann lassen Sie mich in diese Debatte noch ein Schlagwort bringen, lieber befristet beschäftigt, als unbefristet arbeitslos. Das spricht doch auch dafür.
Brandner: Der Punkt ist, das muss ja in der Sache einen Sinn machen. Die Frage der befristet Beschäftigten haben wir von ehemals sechs Monaten auf zwölf Monate, jetzt auf 24 Monate ausgeweitet. Und gerade ältere Arbeitsnehmer ab 52 können dauerhaft befristet beschäftigt werden. Wir haben also für einen arbeitslosen 52jährigen heute einen Rechtszustand, in dem es überhaupt keinen Kündigungsschutz mehr gibt. Und in dieser Situation zu sagen, es gibt aber Länder die haben noch weniger Kündigungsschutz und die stehen im Kern beschäftigungspolitisch gut da. Da will ich ihnen sagen, da würde ich sehr genau hinschauen, es gibt viele Länder zum Beispiel Österreich, die beschäftigungspolitisch auch nicht schlecht dastehen, die mindestens einen so harten Kündigungsschutz haben wie in Deutschland, einen härteren in der Regel. So und dass wir aus diesem Grund heraus so eine Schlagwortpolitik, die sich irgendwo eine Rosine herauspickt und sagt, das ist jetzt, wenn sie so wollen, das Ei des Kolumbus, das können wir politisch nicht zulassen und da müssen wir schon argumentativ darauf bauen, dass das, was an Veränderungen ansteht, sowohl unter sozialen Gesichtspunkten wie unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist.
Probst: Aber Herr Brandner, wenn wir diese Möglichkeiten alle schon haben, ausgedehnte befristete Arbeitsverhältnisse, ist es dann nicht eher unfair, wenn man auf der anderen Seite gleich die Gefahr heraufbeschört, eine weitere Lockerung bringe amerikanische Verhältnisse, nach dem Motto hire and fire?
Brandner: Ja, natürlich, wir haben, das ist völlig korrekt. So dass das die politische Orientierung ist. Kündigungsschutz oder soziale Marktwirtschaft ist ja auch eine kulturelle Errungenschaft auf die man hinweisen muss, wir leben in andern kulturellen Verhältnissen als in den USA. Unser ganzes Lebensgefühl ist ein anderes als dort. Und so zu tun, als wären die Menschen technisch gesehen austauschbar, das zeigt doch schon das Bild des Menschen, dass man auf deren Bedingungen zu wenig, aus meiner Sicht, zu wenig Rücksicht nimmt oder sie zu wenig beachten will. Der Mensch darf eben nicht verlängerter Arm der Produktion sein, sondern muss Teil sein und da wo er Teil ist sind wir im Kern sowohl wettbewerbsfähig. Wir können auch dabei nachweisen dass gerade soziale Errungenschaften ein Wert an sich sind, die weder der Beschäftigung noch dem Sozialstaat im Weg stehen.
Probst: Herr Brandner, ganz kurz zum Schluss, meinen Sie dieses Thema ist eher passend zum Sommerloch oder wird es uns weiter beschäftigen?
Brandner: Nun, ich erlebe dieses Thema dreißig Jahre lang, solange wie ich beruflich tätig bin, es kommt immer wieder auf, die Auguren, je nachdem wie die gesellschaftliche Ausgangssituation ist, bringen es auf die Tagesordnung. Wichtig ist, dass man Reformprozesse rechtzeitig angeht und das, was jetzt ist, ist das Kind mit dem Bade ausschütten. Das ist an Radikalität nicht zu überbieten und deshalb sage ich auch ganz bewusst, wie Merz und Koch sich da betätigen, betätigen sich als Brandstifter und nicht als diejenigen die mithelfen, dass wir die Beschäftigung in diesem Land nach vorne treiben.
Probst: Die Meinung von Klaus Brandner, SPD, ich danke Ihnen Herr Brandner.