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Kürzungen bei der Solarstromförderung

Derzeit erhalten Solaranlagenbesitzer 39 Cent für den Strom, den sie ins allgemeine Netz einspeisen. Angesichts der Gewinne, die mit Solarenergie erwirtschaftet werden, will Bundesumweltminister Norbert Röttgen die Förderung senken - und stößt auf gemischte Reaktionen.

Von Dieter Nürnberger | 21.01.2010
    Ab und an gibt es vielleicht auch überraschende Antworten. Während viele Umweltverbände und auch so mancher ostdeutsche Politiker gestern deutliche Kritik an der Höhe der Absenkungen übten, beurteilt heute beispielsweise das Solar-Fachmagazin "Photon" diesen Schritt als relativ angemessen. Philippe Welter ist Herausgeber des Magazins.

    "Die Balance ist weitgehend gehalten worden. Die Absenkung, die in diesem Jahr außer der Reihe erfolgen soll, liegt ja in einer Größenordnung, die noch etwas unter dem liegt, was wir ohnehin an Preisverfall für Solaranlagen gesehen haben. Man kann also davon ausgehen, dass Betreiber von Solaranlagen, auch wenn sie dieses Jahr eine Solaranlage bauen lassen, mit dieser immer noch eine sehr anständige Rendite machen werden."

    Die Kostenentwicklung der vergangenen Jahre bei den Fotovoltaikanlagen würde somit die geplanten Absenkungen rechtfertigen, ohne den Ausbau in Zukunft zu gefährden. Etwas differenzierter sieht es der Naturschutzbund Deutschland. Hier sagt man, dass die geplanten Kürzungen für Teile der Solarwirtschaft durchaus auch existenzielle Folgen haben könnten. Carsten Wachholz ist der Nabu-Energieexperte.

    "Die Preise im vergangenen Jahr sind vor allem wegen Überkapazitäten massiv gesunken, die die Firmen aufgebaut hatten. Die müssen ihre gebauten Module ja irgendwo am Markt unterbringen. Doch sehr viele Hersteller produzieren am Kostenlimit, und mit einer weiteren kräftigen Absenkung der Solarvergütung werden viele Firmen nicht mehr in der Lage sein, ihre Produkte am Markt unterzubringen."

    Ein wesentlicher Aspekt der geplanten Neuregelung ist die Unterscheidung zwischen Dach- und Freiflächen für die Nutzung der Solaranlagen. Dass diese Freiflächen für Solarparks auch Ackerflächen sein können, dass hat beispielsweise der Deutsche Bauernverband oft kritisiert. Und auch heute hieß es vom DBV, dass Äcker nicht zur Solarenergiegewinnung eingesetzt werden sollten. Dafür gebe es genug Dächer in Deutschland. Hier hätte man sich sogar eine höhere Absenkung der Fördersätze für Solaranlagen auf Freiflächen gewünscht, wenn es sich denn um Ackerfläche handelt. Der Naturschutzbund sieht diese Problematik jedoch als völlig überbewertet an. Carsten Wachholz.

    "Wir reden über derzeit 1.700 Hektar in ganz Deutschland. In Prozent an der Gesamtfläche gesehen, steht hier eine Null vor dem Komma. Das ist vernachlässigbar. Da gibt es andere sehr wohl flächenrelevante Entwicklungen, etwa bei der Windenergie und noch darüber hinaus bei der Biomasse-Nutzung. Regional kann es aber sein, dass hier ackerbauliche Nutzung verdrängt wurde. Es gibt da dann sicherlich auch einen Wettstreit um die höchsten Pachtpreise – ein Grund für einige Konflikte in Bayern. Aber: Es ist ein regionales Problem, das lässt sich nicht auf Deutschland hochrechnen."

    Und noch ein letzter Aspekt. Die vorgesehene Neuregelung sieht ja auch eine Kopplung des Zubaus und der künftigen Förderung vor. Nach der Devise, je stärker der Markt wächst, desto weniger Förderung soll es geben. Da, so die Kritik des "Photon"-Herausgebers, sei zu kurz gedacht worden. Philippe Welter.

    "Man kann das vertreten, dass anhand des gewachsenen Produktionsvolumens die Einspeisevergütung absinkt, aber hierbei muss man auf das weltweite Produktionsvolumen schauen. Es gibt ja den Begriff der Lernkurve, das bedeutet, wenn von einem Gut viel produziert wird, dann wird es immer billiger in der Produktion. Aber da spielt es keine Rolle, ob das Solarmodul in Deutschland, in Spanien oder in China hergestellt wurde. Jetzt wird aber so getan, als ob der deutsche Markt sozusagen der alleinige auf der Welt wäre. Deutschland ist zwar derzeit der größte Markt weltweit, aber er ist nicht der alleinige."

    Kritik also an Einzelpunkten der Vorschläge aus Umweltministerium. Die Diskussion wird weitergehen. Und so hofft beispielsweise der Naturschutzbund, dass einiges bis zur endgültigen Verabschiedung im Parlament auch noch geändert wird.