Plastikmüll
Wie Kunststoff-Recycling in Deutschland besser werden könnte

Während Glas und Papier hohe Recyclingquoten erreichen, wird mehr als die Hälfte des Kunststoffabfalls in Deutschland verbrannt. Das ist problematisch, da Plastik in der Herstellung und der Entsorgung Umwelt- und Klimaschäden verursacht.

    Gelbe Tonne für Plastikmüll, Mülltrennung, Deutschland, Europa *** Yellow garbage can for plastic waste, waste separation, Germany, Europe Copyright: imageBROKER/TorstenxKrüger ibltok08195479.jpg  Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung!
    Verpackungsmüll in Deutschland (IMAGO/imagebroker)
    In Deutschland fielen 2021 etwa 5,7 Millionen Tonnen Kunststoffabfall an. Nur ein geringer Teil von weniger als einem Prozent landete noch auf Deponien. Stattdessen wurden rund 41 Prozent recycelt. Weitere fünf Prozent gelten als recycelt, weil sie exportiert wurden – auch wenn nicht klar ist, ob der Müll nicht doch auf Deponien oder in der Umwelt abgeladen wurde. Der Großteil der Kunststoffabfälle, etwa 53 Prozent, wurde verbrannt.

    Recyceln oder verbrennen?

    Wie Erdöl bestehen Kunststoffe aus Kohlenwasserstoffen. Dank ihrer hohen Energiedichte, die die von Kohle übersteigt, kann man Kunststoffe energetisch verwerten. Die bei der Verbrennung freigesetzte Wärme wird meist als Fernwärme oder zur Stromproduktion genutzt. Obwohl Müllverbrennung an Abgasgrenzwerte gebunden ist, können Schadstoffe, die bei der Verbrennung entstehen, nicht vollständig gefiltert werden. Der Verbrennungsprozess setzt außerdem CO2 frei.
    Recycling verbraucht insgesamt weniger Energie als die Neuproduktion von Kunststoff – was CO2-Emissionen reduziert. Vor allem Erdöl verursacht als zentraler Rohstoff in der Kunststoffproduktion durch Förderung, Transport und die Raffination einen hohen Energiebedarf. Zusätzliche Treibhausgase fallen außerdem beim Abbau, der Reinigung und der Veredelung von Rohstoffen an, wenn Kunststoffe von Grund auf neu hergestellt werden. Auch hier fällt Erdöl besonders in Gewicht, da bei seiner Förderung klimaschädliches Methan austritt. Recycling gilt daher als die umwelt-, klima- und ressourcenschonendere Alternative zur energetischen Verwertung.

    Wie wird Kunststoff recycelt?

    Beim werkstofflichen Recycling werden Kunststoffabfälle mechanisch aufbereitet: Zunächst werden Nicht-Kunststoffe aussortiert. Verbliebene Kunststoffe werden dann nach Sorten getrennt und anschließend gewaschen. Schließlich entsteht ein Rezyklat, gemahlen oder als Granulat, das zur Herstellung neuer Kunststoffprodukte genutzt werden kann. Dabei bleibt zwar die chemische Struktur der Kunststoffe unverändert, es kommt aber dennoch zu Mengen- und Qualitätsverlusten.
    Bei der rohstofflichen Verwertung werden Kunststoff-Rohstoffe zurückgewonnen. Der Begriff umfasst verschiedene Verfahren, aus deren Endprodukten – synthetisches Öl oder Gas – neue Kunststoffe hergestellt werden können. Die rohstofflichen Verwertung wird bislang kaum angewendet, da der Energieaufwand sehr hoch ist.
    Im weiteren Sinn gilt auch die Wiederverwendung von verbrauchten Produkten als Recycling. Meist sind diese Produkte als Teil eines Mehrwegsystems mit Pfand belegt – wie etwa Mehrwegflaschen.

    Warum wird nicht mehr Plastik recycelt?

    Das werkstoffliche Recycling von Kunststoffen ist im Vergleich zum Verbrennen zwar die bessere Option, hat aber technische und wirtschaftliche Grenzen. So sind nicht alle Kunststoffe recycelbar. Verbundstoffe bestehen aus mehreren Materialien, die man nur mit viel Aufwand trennen kann. Wegen der großen Vielfalt an Kunststoffsorten, sind auch gemischte Kunststoffabfälle nur schwer sortenrein zu trennen.
    Oft entstehen daher gemischte Rezyklate von geringerer Qualität. Sie werden allenfalls zu Produkten mit geringeren Qualitätsanforderungen verarbeitet. Diese Abwärtsspirale bezeichnet man als Downcycling. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft mit geschlossenen Kreisläufen müssten Produkte aber ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Aktuell gibt es jedoch wenig wirtschaftliche Anreize für Hersteller, Kunststoffprodukte so zu gestalten, dass sie einfach zu recyceln sind, da sie die Entwicklungskosten hierfür tragen, ohne selbst davon zu profitieren.
    Problematisch ist auch die unsaubere Sortierung von Kunststoffabfällen. Wenn Kunststoffabfall nicht in der gelben Tonne, sondern im Restmüll landet, wird er in der Regel nicht recycelt, sondern verbrannt.
    Speziell Verpackungshersteller stehen vor einem weiteren Problem: Die äußeren Eigenschaften vieler Rezyklate – vor allem ihre Farbgebung und ihr Geruch – machen sie als Ausgangsstoff für Verpackung unattraktiv. Rein weiße oder bunte Verpackungen lassen sich aus ihnen meist nicht herstellen. Für die Ressourcen- und Klimaschutzbilanz ist aber wichtig, wie viel neuer, aus Rohöl hergestellter Kunststoff durch das recycelte Material ersetzt wird. Bei Verpackungen waren das 2021 nur etwa 15 Prozent.
    Problematisch sind schließlich auch Informationsdefizite zur Qualität von Rezyklaten, denn oft fehlen Angaben über deren Beschaffenheit und Reinheit. Diese Informationen sind aber für eine Wiederverwendung entscheidend. Für Unternehmen kann es daher sinnvoll sein, weiterhin auf Primärmaterialien zu setzen, statt auf recycelte Rohstoffe – obwohl diese eigentlich günstiger sein könnten.

    Bei Verpackungen wurden 2021 nur etwa 15 Prozent neuer, aus Rohöl hergestellter Kunststoff durch recyceltes Material ersetzt.

    Gründe dafür, warum die Recyclingquote stagniert sieht Elena Schägg von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auch in politischen Defiziten im Umgang mit Plastikmüll: So gebe es in Deutschland weder ein Abfallvermeidungsziel, noch weitere Mehrwegquoten für verschiedene Verpackungsströme. Bei Getränkeverpackungen habe sich Deutschland in letzter Zeit sogar verschlechtert, da liege die Mehrwegquote nur noch bei 42 Prozent.
    Mehrwegkonferenz: Wie kommen die Europameister beim Verpackungsmüll zu Mehrweg? (22. November 2022)

    Wie kann man die Recyclingquote erhöhen?

    Für den Übergang in eine Kreislaufwirtschaft, wie sie EU und Bundesregierung anstreben, muss das Recycling von Kunststoffen besser werden. Diskutiert wird daher eine gesetzlich festgelegte Mindestquote, die vorgibt, welcher Anteil von bestimmten Kunststoffabfällen recycelt werden muss. Damit würden Abfallunternehmen verpflichtet, mehr zu recyceln, was für eine bessere Sortierung und höhere Verfügbarkeit von Rezyklaten führen könnte.
    Einer solchen Quote unterliegen bislang nur Kunststoffverpackungen. Die müssen laut Verpackungsgesetz seit Januar 2022 zu mindestens 63 Prozent ins Recycling gelangen. Solche Mindestquoten für weitere Kunststoffabfälle könnten aber nicht garantieren, dass die Rezyklate auch tatsächlich Neumaterial in der Herstellung ersetzen.
    Hilfreich dabei könnte aber eine gesetzliche Rezyklat-Mindestquote sein, die vorgibt, wie viel Rezyklat bei der Herstellung bestimmter Kunststoffprodukte eingesetzt werden muss. Sie würde den Einsatz von Rezyklaten erhöhen und könnte verhindern, dass sie vorrangig für Produkte mit geringen Qualitätsanforderungen genutzt werden.
    Aktuell gibt es solche Rezyklat-Quoten nur für PET-Einwegflaschen in der EU und Deutschland. Sie müssen ab 2025 zu mindestens 25 Prozent aus Rezyklat bestehen und ab 2030 zu 30 Prozent. In ihrem Entwurf zu einer EU-Verpackungsverordnung schlug die Europäische Kommission Ende November 2022 allerdings eine verbindliche Quote für einen bestimmten Anteil an recyceltem Material in allen neuen Kunststoffverpackungen vor.
    Pfandsysteme ermöglichen es, Kunststoffabfälle sortenrein zu sammeln und Rezyklate von hoher Qualität herzustellen, wie das beim Pfandsystem in Deutschland für PET-Flaschen der Fall ist. Eine Ausweitung auf andere Produktgruppen könnte die Recyclingquote erhöhen.
    Auch ein gesetzlich verpflichtender Umstieg von Einweg auf Mehrweg könnte einen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft bedeuten. So müssen seit dem 1. Januar 2022 Gastronomiebetriebe in Deutschland für Essen und Getränke, die sie zum Mitnehmen anbieten, eine Mehrwegoption anbieten. Diese Vorgabe aus dem Verpackungsgesetz gilt für Restaurants, Cafés oder Raststätten. Für die Mehrwegoption dürfen den Verbrauchern keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Unternehmen können aber nach eigenem Ermessen Pfand auf Mehrwegbehälter erheben. Ziel der Mehrwegpflicht ist es laut Bundesumweltministerium, vor allem Einwegverpackungen aus Kunststoff zu ersetzen.
    Quellen: Statista, Umweltbundesamt, epd, dpa, afpd, smc, quarks.de, bul