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Kuppe fordert einheitliche Regelungen beim Nichtraucherschutz in Gaststätten

In der Debatte um einen bundeseinheitlichen Nichtraucherschutz hofft Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Gerlinde Kuppe (SPD) zumindest auf eine Einigung für den Bereich Gaststätten. Dies sei auch für durch Deutschland reisende Touristen wichtig. Die SPD-Politikerin sagte, möglicherweise werde die Europäische Union (EU) in Sachen Nichtraucherschutz künftig strenger vorgehen. Länder wie Italien und Irland praktizierten schließlich schon einen "Nichtraucherschutz par Excellence".

Moderation: Jürgen Liminski |
    Jürgen Liminski: Zwei große Themen stehen heute auf der Agenda der Politik in Berlin: die Föderalismusreform und das Nichtraucherschutzgesetz. Beide Themen haben eine gemeinsame Schnittmenge. Das Rauchergesetz ist an der föderalen Hürde gescheitert und deshalb treffen sich die Ministerpräsidenten zum Nichtrauchergipfel heute bei der Bundeskanzlerin. Es ist ein klassisches Erregungsthema. Alle können mitreden und die Hamlet-Frage stellen: Rauchen oder nicht Rauchen. In Deutschland geschieht das besonders gründlich. Man sucht einen Konsens und das scheint wichtiger zu sein als die Frage, ob Rauchen überhaupt vernünftig ist. Aber ist ein Konsens auf eine einheitliche bundesweite Regelung überhaupt möglich? Am Telefon begrüße ich zu dieser Frage Gerlinde Kuppe (SPD), Ministerin für Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz. Zunächst mal guten Morgen Frau Kuppe!

    Gerlinde Kuppe: Guten Morgen Herr Liminski!

    Liminski: Frau Kuppe, wenn man über Sie Googelt - früher hieß das noch Recherchieren -, findet man keine Hinweise auf militantes Rauchen. Aber vielleicht rauchen Sie einfach nur mal so ein Zigarettchen. Haben Sie etwas gegen Raucher?

    Kuppe: Ich bin eine überzeugte Nichtraucherin, aber ich bin mit einem Raucher verheiratet. Er ist auch kein militanter Raucher, sondern gelegentlich ein genüsslicher Pfeifenraucher.

    Liminski: Zur Sache selbst, Frau Kuppe. Das allgemeine Rauchverbot ist an einer typisch deutschen Barriere gescheitert: dem Föderalismus. Nun soll heute auf einer Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin eine einheitliche Linie gefunden werden. Jedenfalls hat das Ministerpräsident Stoiber angekündigt. Der Widerstand kommt aber eher aus Unionsländern, konkret Niedersachsen und Saarland. Offenbar ist das eine Grundsatzfrage. Rechnen Sie mit einer Einigung heute Abend?

    Kuppe: Ich hoffe zumindest, dass eine Einigung zu Stande kommt für den Bereich der Gaststätten. Wir sind in Sachsen-Anhalt ohnehin schon einen eigenen Weg gegangen. Wir sind das zweite Bundesland nach Bremen, was ein eigenes Landesgesetz zum Nichtraucherschutz auf den Weg gebracht hat. Wir befassen uns dort mit landeseigenen Bereichen. Wir regeln den Nichtraucherschutz in Kindertagesstätten, in Jugendfreizeiteinrichtungen, in Schulen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen und allen Einrichtungen, die dem Land unterstehen.

    Liminski: Wie ist denn die Stimmung unter den Kollegen in der Gesundheitsministerkonferenz? Da müssten doch alle gegen das Rauchen sein und das, was Sie tun, befürworten, auch die Kollegen aus Niedersachsen, dem Saarland und Bayern?

    Kuppe: Wir haben uns bei unserer Jahreskonferenz Ende Juni in Dessau mit dem Thema "Nichtraucherschutz verbessern" befasst und da waren wir uns in der Länderriege einig, dass wir den Nichtraucherschutz in Deutschland tatsächlich verbessern müssen. Wir haben uns auf einige Eckpunkte verständigt und haben auch gesagt, dass das Rauchverbot ein geeignetes Mittel sein kann, um dem Nichtraucherschutz aufzuhelfen.

    Liminski: Es gibt also Eckpunkte und weitere Eckpunkte werden heute im Laufe des Tages auch noch einmal vorgestellt. Wie könnte denn nun eine bundesweite einheitliche Linie aussehen, einfach im Sinne des schon ausgearbeiteten Gesetzes oder im Sinne dieser Eckpunkte, dass die Länder schlicht übernehmen?

    Kuppe: Es geht darum, vor allem für den Bereich der Gaststätten einheitliche Kriterien festzulegen. Da wünsche ich mir schon, dass wir im Länderkonzert mit einer Stimme reden, denn gerade für Touristinnen und Touristen, wenn sie in Deutschland unterwegs sind, könnte ich mir vorstellen, dass es eher verwirrend ist, wenn sie beim Überschreiten der Ländergrenze, was man ja Gott sei Dank nicht merkt, dann ganz unterschiedliche Regelungen vorfänden. Insofern hoffe ich, dass gerade für diesen Bereich Verabredungen getroffen werden, wie wir den Nichtraucherschutz in Gaststätten in den Ländern regeln, und dann kann jedes Land seine eigene Gesetzgebung auf den Weg bringen.

    Liminski: Der Europäische Gerichtshof, Frau Kuppe, hat gestern die Klage Deutschlands gegen ein Tabakwerbeverbot abgewiesen. Offenbar kennt man auf europäischer Ebene kein Pardon beim Kampf gegen das Rauchen und keine föderalen Schlupflöcher. Müssen wir uns nicht sowieso irgendwann irgendeiner Richtlinie beugen?

    Kuppe: Ich kann mir vorstellen, dass die EU stringenter vorgehen wird, weil es ja eine ganze Reihe von Mitgliedsstaaten gibt, die den Nichtraucherschutz schon par Excellence praktizieren und gute Erfahrungen damit machen, wo es also auch keine Einbrüche beispielsweise in Gaststätten gegeben hat. Im Gegenteil viele, die bisher auch in Italien oder in Irland gerne in den Pubs oder in den Bars, in den Speisegaststätten geraucht haben, dieses nun nicht mehr dürfen, sagen, es ist einfach eine höhere Qualität und sie gehen noch lieber in diese Einrichtungen. Insofern vermute ich schon, dass die Europäische Union diesen Gedanken weiterspinnen wird, und andere Länder, die es uns vormachen, zeigen auch, dass es geht, so dass wir in Deutschland überhaupt nicht bange sein müssen, dass uns da Unheil droht.

    Liminski: Haben Sie nicht den Eindruck, dass unsere Diskussion in Deutschland insgesamt nicht ein wenig weltfremd wirkt, oder anders herum gefragt ist es nicht sehr pathetisch und arg überhöht, auf die persönliche Freiheit und Verantwortung des Einzelnen zu setzen, wenn es ums Rauchen und damit auch ums Passivrauchen geht? Eigentlich hat Freiheit und Verantwortung ja auch etwas mit Vernunft zu tun.

    Kuppe: Da stimme ich Ihnen voll zu. Es gibt für mich kein Recht auf Rauchen, sondern es gibt ein Recht der Menschen darauf, ihre Gesundheit zu schützen. Jeder und jede, die das verantwortlich für sich tun können, sollte auch die Gelegenheit dazu haben. Nichtraucherinnen und Nichtraucher sind ja beim Passivrauchen einer hohen Gefährdung ausgesetzt. Ich denke hier ist auch der Staat gefragt, diesen Schutz zu verbessern.

    Liminski: Sie sagen es gibt kein Recht auf Rauchen. Sie sind auch Gesundheitsministerin, verfolgen also auch die Bemühungen um eine Reform im Gesundheitsbereich. Ganz groß geschrieben werden da die Begriffe Eigenverantwortung und Prävention. Beim Rauchen oder Nichtrauchen sind sie kaum zu trennen. Muss man hier nicht stärkere Anreize für das Nichtrauchen oder auch härtere Maßnahmen für den Fall des Rauchens, also höhere Beiträge oder etwas Ähnliches setzen?

    Kuppe: Das wird schwer möglich sein, hier eine Abgrenzung vorzunehmen, und ich meine, dass im individuellen Bereich in der geschützten Privatsphäre am Ende wirklich doch jeder machen darf was er will. Diese Freiheit muss gewährleistet sein. Aber das Rauchverbot zu praktizieren und damit wirklich geschützte Räume und einen besseren Nichtraucherschutz zu Stande zu bringen, das finde ich richtig. Ansonsten muss noch sehr viel über Aufklärung und Information laufen und die Angebote zur Rauchentwöhnung denke ich müssen auch noch verbessert werden. Hier kann man auch in den Unternehmen, in den Behörden eine ganze Menge für Gesundheitsförderung und Gesundheitsschutz anbieten.

    Liminski: Und das machen Sie schon in Sachsen-Anhalt?

    Kuppe: Wir haben jetzt schon in einigen Landeseinrichtungen Betriebsvereinbarungen mit den Personalräten geschlossen, wo genau diese Punkte aufgeführt sind und wo der Gesundheitsförderung und dem Nichtraucherschutz Genüge getan wird.