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Kurator: "Peiner ist ganz klar ein Nationalsozialist"

Mit dem Gemälde "Deutsche Erde" wurde der Maler Werner Peiner beliebt bei den Nazis. Sein Werk wird im KunstForum Eifel ausgestellt. Kritiker werfen der Schau vor, Peiner rehabilitieren zu wollen. Dagegen wehrt sich Kurator Dieter Pesch und betont, dass sie zeigen, wie sich Peiner als Exponent nationalsozialistischer Malerei darstellt.

Dieter Pesch im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 09.06.2012
    Doris Schäfer-Noske: Mit seinem Gemälde "Deutsche Erde" wurde der Düsseldorfer Maler Werner Peiner zum Haus- und Hofkünstler der Nazis. Er arbeitete seit 1933 als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie und baute in Kronenburg in der Eifel eine ideologisch geprägte Eliteschule auf. Nach 1945 behauptete Peiner dann, er sei nur ein unpolitischer Künstler gewesen, der gegen seine Überzeugung vereinnahmt worden sei. Dieser Darstellung widerspricht nun eine neue Ausstellung im KunstForum Eifel in Schleiden-Gemünd ganz entschieden. Trotzdem gibt es gegen diese Ausstellung heftige Proteste mehrerer Bündnisse gegen Rechts. Und auch die Fachgruppe Bildende Kunst der Gewerkschaft ver.di fordert eine Schließung der Werkschau. Die Kritiker werfen der Ausstellung vor, Peiner rehabilitieren zu wollen. Frage an den Kurator Dieter Pesch: Herr Pesch, wie erklären Sie sich diese Reaktionen?

    Dieter Pesch: Also in der Tat haben wir in 30 Texttafeln, die man in der Ausstellung lesen kann, klar dokumentiert, dass Peiner ein Exponent des Nationalsozialismus gewesen ist, und ebenso in unserer Publikation, die mein Sohn und ich hergestellt haben. Auf 172 Seiten ist also in keinem Deut zu erkennen, dass wir Peiner irgendwie schützen oder aus der Schusslinie heraushalten wollen. Peiner ist ganz klar ein Nationalsozialist. Aber ich habe den Eindruck, dass einige dieser sogenannten Gegner weder die Texttafeln, noch die Publikation selber gelesen haben. Wenn ich daran erinnern darf, dass im letzten Jahr in Berlin die Ausstellung "Hitler und die Deutschen" war, da ist ja auch von den Ausstellungsmachern herausgearbeitet worden, dass die Deutschen sich zum großen Teil selbst gleichgeschaltet haben. Wir wollten das an einer Person hier, an der Person Werner Peiners festmachen, der sich selbst gleichgeschaltet hat. Das Bild "Die Deutsche Erde" ist das Bild, mit dem er sich an die Nazis herangemacht hat. Er hat ja, obwohl das Werk schon vorher entstanden war, es im Nachhinein so deklariert, als wenn er es für Hitler gemalt hat, und es ist ja auch Hitler von Vertretern der Stadt Mechernich geschenkt worden, als Hitler die Ehrenbürgerschaft der Stadt Mechernich angetragen worden ist. Für Hitler war dieses Bild "Die Deutsche Erde" die Ikone der nationalsozialistischen Malerei überhaupt.

    Schäfer-Noske: Nun muss man aber natürlich, um über einen Künstler und seine Nazi-Verstrickung eine Ausstellung zu machen, auch die Kunst zeigen. Vielleicht ist es ja auch dieser Punkt, wo Ihnen dann vorgeworfen wird, wenn man diese Bilder zur Schau stellt, dass man sie damit auch wieder einer Öffentlichkeit zugänglich macht.

    Pesch: Wir haben die Ausstellung dreigeteilt. Wir haben einmal gezeigt, wie er als Künstler begonnen hat, interessanterweise expressionistisch, was er allerdings nach eineinhalb Jahren schon abgelegt hat, und er hat sich also schon in früher Zeit lebhaft gegen Impressionismus, Expressionismus, Dadaismus und so weiter ausgesprochen. Er war also gewissermaßen damals schon einer, der der entarteten Kunst früh gepredigt hat. Er hat in den 20er-Jahren dann, ab Mitte der 20er-Jahre, gemalt im Stil der neuen Sachlichkeit. Wenn er in dieser Art und Weise weitergemalt hätte – und er hat damals gut verdient -, er hat es finanziell nicht nötig gehabt, sich an die Nationalsozialisten zu hängen. Er hat aber trotzdem, wahrscheinlich um noch mehr Ruhm und möglicherweise auch noch mehr Geld zu verdienen, dann mit diesem Bild "Die Deutsche Erde" den Weg zu den Nationalsozialisten gefunden. Das ist dann der zweite Abschnitt, wo wir klar zeigen, wie er sich als Exponent nationalsozialistischer Malerei darstellt. Auch in schriftlichen Dokumenten beweist er das eigentlich schon ab 1931. Und wir zeigen dann eben ab 1945 den totalen Niedergang seiner Kunst, der dann fast bis ins Kitschige geht. Wir zeigen die Bilder als Belege der historischen Dokumentation, die ja die eigentliche Ausstellung ist.

    Schäfer-Noske: Herr Pesch, im Untertitel heißt Ihre Ausstellung "Verführer oder Verführter?" Warum denn ein solcher Untertitel, wenn man solche eindeutigen Ergebnisse hat?

    Pesch: Wir sind ergebnisoffen mit diesem Titel im letzten Jahr an diese Arbeit herangegangen und wussten damals noch nicht, wie sehr er verstrickt war. Wir haben dieses nur belegen können, weil die Familie Peiner, also die Nachfolger von Peiner, uns dieses gesamte Material, was er zuhause abgeheftet hatte, zur Verfügung gestellt hat. Es hat vorher schon zwei Dissertationen gegeben, die sich allerdings mehr mit dem künstlerischen Werk Peiners auseinandergesetzt haben. Die Verpflichtung mit dem Nationalsozialismus ist in diesen beiden Dissertationen noch nicht so herausgekommen, wie wir das herausarbeiten konnten. Aber es war eben die Arbeit von über einem Jahr und wir sind mit der Fragestellung, war er jetzt ein Verführter, oder war er ein Verführer, an diese Arbeit herangegangen. Wir haben letztendlich feststellen können: Er war ein Verführer, nicht nur seiner Schüler, die er in Kronenburg gehabt hat, sondern mit seiner Dekorationsmalerei und Propagandamalerei für den Nationalsozialismus hat er auch das deutsche Volk verführt.

    Schäfer-Noske: Wäre es denn nicht besser gewesen, das Ausstellungsgelände Vogelsang für diese Ausstellung zu nehmen, um zu unterstreichen, das ist hier keine Kunstausstellung, sondern es ist eine historische Aufarbeitung?

    Pesch: Das halte ich jetzt für einen fatalen Fehler, denn wenn wir auf Vogelsang die Ausstellung gezeigt hätten, dann hätten wir die Ausstellung an einem deklarierten Täterort gezeigt. Wir wollten aber zeigen, dass Nationalsozialismus überall, in allen Köpfen stattgefunden hat und nicht auf einen Täterort begrenzt werden kann. Da würde man zeigen, wenn wir das in Vogelsang organisieren würden, hier klammern wir etwas aus, wir begrenzen den Nationalsozialismus, die Gräuel des Nationalsozialismus auf bestimmte Orte in Deutschland, und das wollten wir eben nicht zeigen. Wir wollten zeigen, hier ist Kunst vergewaltigt worden, und insofern sind wir auch in ein Haus gegangen, was ansonsten Kunst ausstellt.

    Schäfer-Noske: Gegen die kritische Ausstellung über den Nazi-Maler Werner Peiner in der Eifel gibt es Proteste. Das war ein Gespräch mit dem Kurator der Ausstellung, Dieter Pesch.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.