Jürgen Trittin: Also, es ist ein Anlass zur Freude, feiern sollten wir erst, wenn die Ratifizierungsurkunde in New York hinterlegt ist. Dann ist aber auch klar, es gibt zum ersten mal einen völkerrechtlich verbindlichen Deckel auf den Treibhausgasemissionen, die für die globale Erwärmung verantwortlich sind bei den hauptverantwortlichen Industriestaaten und das ist dann in der Tat ein Grund zum Feiern.
Heuer: : Wann tritt das Kyoto-Protokoll denn in Kraft?
Trittin: Nachdem die russische Föderation ratifiziert hat, ist die Zahl, oder die notwendigen 55 Prozent der Verschmutzungsrechte, da, dann kann das Protokoll unmittelbar nach Hinterlegung der Urkunde in New York in Kraft treten. Ich gehe davon aus, dass dieses im Laufe des ersten Halbjahres 2005 dann auch passiert.
Heuer: : Nun hat sich Moskau ja viele Jahre sehr heftig gegen das Klimaprotokoll aus Kyoto gesperrt. Wie groß ist denn der deutsche Anteil am russischen Sinneswandel?
Trittin: Das kann man sicherlich nicht abschießend beurteilen. Wir haben uns große Mühe gegeben, Russland die Vorteile, die Russland daraus ziehen würde, das Protokoll in Kraft treten zu lassen, zu erläutern. Es ist in der Tat so, dass gerade vor dem Hintergrund der hohen Reduktionsleistung, die einige europäische Staaten noch zu erbringen haben, höhere als zum Beispiel Großbritannien oder wir und dem Umstand, dass es in Russland vorhandene Zertifikate gibt, dass Russland einer der Gewinner des Emissionshandels wie der anderen flexiblen Mechanismen wäre und am Ende dürfte eine solche Überlegung neben außenpolitischen Orientierungen, dass heißt, die enge Anbindung Russlands an Europa hier den Ausschlag gegeben haben.
Heuer: : Außenpolitisch entscheidend war für Vladimir Putin möglicherweise auch, dass er sein Image vor allen Dingen nach Beslan aufbessern wollte. Gerhard Schröder hat gestern gesagt, er habe oft mit Putin über das Kyoto-Protokoll gesprochen. Macht sich Schröders Putin-freundliche Politik, die grüne Menschenrechtspolitiker ja kritisieren, in der grünen Umweltpolitik also bezahlt?
Trittin: Ich glaube, dass sich am Ende die Gesamtheit der Argumente, die strategische Orientierung Russlands, aber auch das beharrliche Engagement des Bundeskanzlers in dieser Frage ausgezahlt hat und insofern ist das unterm Strich ein erfreuliches Ergebnis. Ich würde die mancherorts geäußerte Kritik an der russischen Politik in dieser Pauschalität, wie Sie es da unterstellt haben, auch nicht teilen.
Heuer: : Dann schauen wir mal auf die Sache: Russland muss nach dem Kyoto-Protokoll keine Emissionen einsparen, sondern es kann im Gegenteil mit überschüssigen Emissionsrechten handeln. Bedeutet das Fehlanzeige für aktiven Klimaschutz in Russland?
Trittin: Nein, ich glaube, das Entscheidende wird etwas anderes sein. Der Kern der Mechanismen wird sein, dass zum Beispiel Unternehmen aus der Europäischen Union in Russland investieren um sich hier in Westeuropa innerhalb der EU Emissionsgutschriften zu holen. Auf diese Weise tritt zweierlei ein: es wird tatsächlich CO2 eingespart und gleichzeitig ist es eine Chance für moderne, klimafreundliche Technologien in Russland. Das ist die "win-win-Situation" die wir aus der Anwendung der flexiblen Mechanismen haben. Dem Weltklima ist es bekanntlich egal, wo das CO2 eingespart wird. Nichts desto trotz, wir haben auf diese Weise einen Mechanismus installiert, wo moderne effiziente Technologie zum Beispiel nach Russland kommt und gleichzeitig ein aktiver Klimaschutz auf diese Weise betrieben wird.
Heuer: : Dem Weltklima ist das vielleicht egal, wo CO2 eingespart wird, politisch interessant ist aber, ob die Europäer es schaffen, ihr Ziel zu erreichen, nämlich die Emission spätestens bis 2012 um acht Prozent zu senken. Der Emissionshandel macht dies leichter, ohne aktiv vor Ort zu werden. Ist das der Sinn der Sache?
Trittin: Das ist der zwischenstaatliche Emissionshandel, der wird aber dieses nicht hauptsächlich erbringen. Es ist so, dass die Europäer von den acht Prozent ungefähr die Hälfte erbracht haben, auch ausschließlich zur Zeit mit Maßnahmen zu Hause. Bei manchen sieht es noch besser aus. Das Vereinigte Königreich hat seine Ziele erfüllt, Deutschland hat seine Ziele fast erfüllt. Das heißt, hier ist der Klimaschutz im Lande betrieben worden. Andere werden sich dort ungeachtet der Tatsache, dass sie am Emissionshandel mit Russland oder an den flexiblen Mechanismen teilnehmen müssen, noch anstrengen müssen und insofern wird es ein Mix von Instrumenten sein. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass mit einer aktiven Politik, und die EU hat hier bisher eine sehr vorwärts treibende Rolle gespielt, wie es gelingen kann, dass Europa sein Ziel tatsächlich erreicht.
Heuer: : Russland ist ein wichtiger Partner im internationalen Klimaschutz, die EU ist es, noch wichtiger wären vielleicht die USA, denn dort werden ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen in die Luft getrieben. Glauben Sie, eine Regierung Kerry würde ins Kyoto-Protokoll einsteigen?
Trittin: Mit Sicherheit nicht in der ersten Verhandlungsperiode, aber durch die heutige Entscheidung sind die USA enorm unter Druck geraten. Es ist jetzt so, dass das Protokoll, von dem Sie immer gehofft haben, dass es nicht in Kraft treten wird, dass es völkerrechtlich verbindlich wird. Innerhalb ihrer Freihandelszone NAFTA haben sie beispielsweise mit Kanada einen Partner, der selber Bestandteil des Kyoto-Protokolls ist. Ich glaube, dass vor dem Hintergrund auch und gerade der Erfahrung, die die USA gerade dieser Tage in Florida mit einer absoluten ungewöhnlichen Häufung von Klimakatastrophen, nämlich vier Wirbelstürmen in Folge, zu tun hat mit über 25 Milliarden US Dollar Schäden alleine in Florida, dass vor diesem Hintergrund sich keine US-Administration, egal wer im November gewählt wird, einer aktiven Politik zur Reduzierung der Treibhausgase entziehen wird. Die Hoffnung, dass sie dieses ohne das Kyoto-Protokoll tun könnten, die wird mit der Ratifikation durch Russland nicht mehr bestehen. Sie werden sich also mit der Realität eines völkerrechtlich verbindlichen Abkommens zum Schutz des Weltklimas auseinander setzten müssen und sie werden im eigenen Lande Maßnahmen ergreifen müssen. Insofern ist die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls, nämlich die Frist für die nächste Verpflichtungsperiode bis 2020 die eigentliche Herausforderung, die zeigen wird, ob es uns gelingt, nachdem nun auch Russland diesen Weg der Europäer mitgeht, hier den größten Emittenten in eine weltweite Politik zum Schutz des Klimas einzubinden.
Heuer: : Herr Trittin, zum Schluss eine innenpolitische Frage: Wir lesen heute in der "Süddeutschen Zeitung", Sie seien skeptisch gegenüber einer weitere Erhöhung der Ökosteuer. Versprechen Sie das den Bürgern?
Trittin: Das ist korrekt gesprochen. Die Ökosteuer hat gewirkt. Sie hat wahrscheinlich ungefähr 250.000 Arbeitsplätze durch die größte Entlastung der Lohnnebenkosten erreicht und sie hat gleichzeitig dazu beigetragen, dass wir kontinuierlich den Rückgang von Treibhausgasen im Verkehr seit der Einführung verzeichnen konnten. Wir haben allerdings aktuell das Problem, dass auf Grund der Höhe des Ölpreises und der Konstanz, in der diese Höhe gehalten wird, man prüfen muss, ob dieser Effekt nicht überzogen wird und deswegen sind wir in einer Phase der Überprüfung, aber die Formulierung "skeptisch" ist zutreffend zitiert.
Heuer: : Ganz ausschließen tun Sie es aber nicht, dass doch noch mal erhöht wird?
Trittin: Wir wollen, dass langfristig auch die CO2-Emissionen im Verkehr im gleichen Ausmaße zurückgehen, wie das im Bereich der Industrie geschehen ist. Davon sind wir noch weit entfernt. Im Gegenteil, im Verkehr liegen die Emissionen nach wie vor noch knapp über den Werten von1990 und wir beobachten auf der anderen Seite allerdings hier eine positive Entwicklung. Angesichts der Ölpreise ist die Frage schlicht und ergreifend, ob auf dieses Preissignal, dass von den Märkten kommt, noch ein staatliches oben drauf gepackt werden muss. Und das ist das, was zur Zeit in der Überprüfung ist.
Heuer: : Wann tritt das Kyoto-Protokoll denn in Kraft?
Trittin: Nachdem die russische Föderation ratifiziert hat, ist die Zahl, oder die notwendigen 55 Prozent der Verschmutzungsrechte, da, dann kann das Protokoll unmittelbar nach Hinterlegung der Urkunde in New York in Kraft treten. Ich gehe davon aus, dass dieses im Laufe des ersten Halbjahres 2005 dann auch passiert.
Heuer: : Nun hat sich Moskau ja viele Jahre sehr heftig gegen das Klimaprotokoll aus Kyoto gesperrt. Wie groß ist denn der deutsche Anteil am russischen Sinneswandel?
Trittin: Das kann man sicherlich nicht abschießend beurteilen. Wir haben uns große Mühe gegeben, Russland die Vorteile, die Russland daraus ziehen würde, das Protokoll in Kraft treten zu lassen, zu erläutern. Es ist in der Tat so, dass gerade vor dem Hintergrund der hohen Reduktionsleistung, die einige europäische Staaten noch zu erbringen haben, höhere als zum Beispiel Großbritannien oder wir und dem Umstand, dass es in Russland vorhandene Zertifikate gibt, dass Russland einer der Gewinner des Emissionshandels wie der anderen flexiblen Mechanismen wäre und am Ende dürfte eine solche Überlegung neben außenpolitischen Orientierungen, dass heißt, die enge Anbindung Russlands an Europa hier den Ausschlag gegeben haben.
Heuer: : Außenpolitisch entscheidend war für Vladimir Putin möglicherweise auch, dass er sein Image vor allen Dingen nach Beslan aufbessern wollte. Gerhard Schröder hat gestern gesagt, er habe oft mit Putin über das Kyoto-Protokoll gesprochen. Macht sich Schröders Putin-freundliche Politik, die grüne Menschenrechtspolitiker ja kritisieren, in der grünen Umweltpolitik also bezahlt?
Trittin: Ich glaube, dass sich am Ende die Gesamtheit der Argumente, die strategische Orientierung Russlands, aber auch das beharrliche Engagement des Bundeskanzlers in dieser Frage ausgezahlt hat und insofern ist das unterm Strich ein erfreuliches Ergebnis. Ich würde die mancherorts geäußerte Kritik an der russischen Politik in dieser Pauschalität, wie Sie es da unterstellt haben, auch nicht teilen.
Heuer: : Dann schauen wir mal auf die Sache: Russland muss nach dem Kyoto-Protokoll keine Emissionen einsparen, sondern es kann im Gegenteil mit überschüssigen Emissionsrechten handeln. Bedeutet das Fehlanzeige für aktiven Klimaschutz in Russland?
Trittin: Nein, ich glaube, das Entscheidende wird etwas anderes sein. Der Kern der Mechanismen wird sein, dass zum Beispiel Unternehmen aus der Europäischen Union in Russland investieren um sich hier in Westeuropa innerhalb der EU Emissionsgutschriften zu holen. Auf diese Weise tritt zweierlei ein: es wird tatsächlich CO2 eingespart und gleichzeitig ist es eine Chance für moderne, klimafreundliche Technologien in Russland. Das ist die "win-win-Situation" die wir aus der Anwendung der flexiblen Mechanismen haben. Dem Weltklima ist es bekanntlich egal, wo das CO2 eingespart wird. Nichts desto trotz, wir haben auf diese Weise einen Mechanismus installiert, wo moderne effiziente Technologie zum Beispiel nach Russland kommt und gleichzeitig ein aktiver Klimaschutz auf diese Weise betrieben wird.
Heuer: : Dem Weltklima ist das vielleicht egal, wo CO2 eingespart wird, politisch interessant ist aber, ob die Europäer es schaffen, ihr Ziel zu erreichen, nämlich die Emission spätestens bis 2012 um acht Prozent zu senken. Der Emissionshandel macht dies leichter, ohne aktiv vor Ort zu werden. Ist das der Sinn der Sache?
Trittin: Das ist der zwischenstaatliche Emissionshandel, der wird aber dieses nicht hauptsächlich erbringen. Es ist so, dass die Europäer von den acht Prozent ungefähr die Hälfte erbracht haben, auch ausschließlich zur Zeit mit Maßnahmen zu Hause. Bei manchen sieht es noch besser aus. Das Vereinigte Königreich hat seine Ziele erfüllt, Deutschland hat seine Ziele fast erfüllt. Das heißt, hier ist der Klimaschutz im Lande betrieben worden. Andere werden sich dort ungeachtet der Tatsache, dass sie am Emissionshandel mit Russland oder an den flexiblen Mechanismen teilnehmen müssen, noch anstrengen müssen und insofern wird es ein Mix von Instrumenten sein. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass mit einer aktiven Politik, und die EU hat hier bisher eine sehr vorwärts treibende Rolle gespielt, wie es gelingen kann, dass Europa sein Ziel tatsächlich erreicht.
Heuer: : Russland ist ein wichtiger Partner im internationalen Klimaschutz, die EU ist es, noch wichtiger wären vielleicht die USA, denn dort werden ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen in die Luft getrieben. Glauben Sie, eine Regierung Kerry würde ins Kyoto-Protokoll einsteigen?
Trittin: Mit Sicherheit nicht in der ersten Verhandlungsperiode, aber durch die heutige Entscheidung sind die USA enorm unter Druck geraten. Es ist jetzt so, dass das Protokoll, von dem Sie immer gehofft haben, dass es nicht in Kraft treten wird, dass es völkerrechtlich verbindlich wird. Innerhalb ihrer Freihandelszone NAFTA haben sie beispielsweise mit Kanada einen Partner, der selber Bestandteil des Kyoto-Protokolls ist. Ich glaube, dass vor dem Hintergrund auch und gerade der Erfahrung, die die USA gerade dieser Tage in Florida mit einer absoluten ungewöhnlichen Häufung von Klimakatastrophen, nämlich vier Wirbelstürmen in Folge, zu tun hat mit über 25 Milliarden US Dollar Schäden alleine in Florida, dass vor diesem Hintergrund sich keine US-Administration, egal wer im November gewählt wird, einer aktiven Politik zur Reduzierung der Treibhausgase entziehen wird. Die Hoffnung, dass sie dieses ohne das Kyoto-Protokoll tun könnten, die wird mit der Ratifikation durch Russland nicht mehr bestehen. Sie werden sich also mit der Realität eines völkerrechtlich verbindlichen Abkommens zum Schutz des Weltklimas auseinander setzten müssen und sie werden im eigenen Lande Maßnahmen ergreifen müssen. Insofern ist die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls, nämlich die Frist für die nächste Verpflichtungsperiode bis 2020 die eigentliche Herausforderung, die zeigen wird, ob es uns gelingt, nachdem nun auch Russland diesen Weg der Europäer mitgeht, hier den größten Emittenten in eine weltweite Politik zum Schutz des Klimas einzubinden.
Heuer: : Herr Trittin, zum Schluss eine innenpolitische Frage: Wir lesen heute in der "Süddeutschen Zeitung", Sie seien skeptisch gegenüber einer weitere Erhöhung der Ökosteuer. Versprechen Sie das den Bürgern?
Trittin: Das ist korrekt gesprochen. Die Ökosteuer hat gewirkt. Sie hat wahrscheinlich ungefähr 250.000 Arbeitsplätze durch die größte Entlastung der Lohnnebenkosten erreicht und sie hat gleichzeitig dazu beigetragen, dass wir kontinuierlich den Rückgang von Treibhausgasen im Verkehr seit der Einführung verzeichnen konnten. Wir haben allerdings aktuell das Problem, dass auf Grund der Höhe des Ölpreises und der Konstanz, in der diese Höhe gehalten wird, man prüfen muss, ob dieser Effekt nicht überzogen wird und deswegen sind wir in einer Phase der Überprüfung, aber die Formulierung "skeptisch" ist zutreffend zitiert.
Heuer: : Ganz ausschließen tun Sie es aber nicht, dass doch noch mal erhöht wird?
Trittin: Wir wollen, dass langfristig auch die CO2-Emissionen im Verkehr im gleichen Ausmaße zurückgehen, wie das im Bereich der Industrie geschehen ist. Davon sind wir noch weit entfernt. Im Gegenteil, im Verkehr liegen die Emissionen nach wie vor noch knapp über den Werten von1990 und wir beobachten auf der anderen Seite allerdings hier eine positive Entwicklung. Angesichts der Ölpreise ist die Frage schlicht und ergreifend, ob auf dieses Preissignal, dass von den Märkten kommt, noch ein staatliches oben drauf gepackt werden muss. Und das ist das, was zur Zeit in der Überprüfung ist.