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Kyoto-Verweigerer USA

Klimapolitik. - Den USA ein glattes "Ungenügend" im Fach Klimaschutz zu erteilen, bringt der Umweltorganisation WWF zum Start des G8-Gipfels in Schottland jede Menge Publicity. Doch welches Zeugnis ihm Kritiker auch ausstellen mögen: US-Präsident George W. Bush hält an seinem Credo fest, das da lautet: Der Klimawandel ist kein so drängendes Problem, sondern eher eines der Zukunft.

Von Volker Mrasek |
    So steckt Washington zwar Milliarden Dollar in die Entwicklung einer künftigen Wasserstoff-Technologie. Es gibt aber keine ernsthaften Anstrengungen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu drosseln - bis auf einige Verpflichtungserklärungen von US-Firmen gegenüber der Umweltbehörde EPA.

    Im exklusiven G8-Klub tragen die USA deshalb in der Tat die Rote Laterne. Und das als größter einzelner Klimasünder auf dem Planeten. Franzjosef Schafhausen, Koordinator des Nationalen Klimaschutzprogramms der Bundesregierung:

    " Die USA haben etwa 25 Prozent der Treibhausgas-Emissionen. Ein Viertel der gesamten weltweiten Emissionen konzentriert sich in den USA, die ja nur ein Bruchteil der Bevölkerung haben. Das muss man ja mal sehen."

    Wo das Benzin sündhaft billig ist, zeigen auch steigende Ölpreise so gut wie keine Wirkung. Elliot Diringer, früher als Umweltreferent in Diensten des demokratischen Präsidenten Bill Clinton:

    " Ein Viertel aller Treibhausgase in den USA produziert der Verkehr. Diese Menge übertrifft die gesamten Emissionen jedes einzelnen Landes auf der Erde - von China einmal abgesehen."

    Auch in den USA gibt es einen technischen Fortschritt. Auch dort wird Energie immer effizienter genutzt. Der spezifische CO2-Ausstoß geht deshalb zurück. Insgesamt nehmen die Treibhausgas-Emissionen der brummenden US-Wirtschaft aber weiter kräftig zu. Das verhagelt der ganzen Welt die Bilanz, wie Vitaly Matsarski feststellen muss. Der Ukrainer arbeitet als Emissionskontrolleur im Klimasekretariat der Vereinten Nationen:

    " Die Prognosen sind alarmierend. Sie zeigen, dass die Emissionen der Industrieländer nicht zurückgehen, sondern ansteigen. Sie könnten im Jahr 2010 um 17 Prozent höher sein als 1990."

    Auch in den G8-Ländern Kanada, Japan, Italien und Russland sprießen die Emissionen weiterhin oder neuerdings wieder. Doch das ist kein Vergleich zu den Mengen CO2, die die USA alljährlich draufsatteln. Er glaube nicht, dass weitere Klimaschutz-Vereinbarungen ohne die Vereinigten Staaten Sinn machten, sagt deshalb Michael Grubb, Experte für internationale Klimapolitik am Imperial College in London.

    Der Brite hält ein Umsteuern der USA nicht einmal für unrealistisch. Denn wie andere auch beobachtet er eine Art Bewegung von unten in dem Land, das von Klimaschutz offiziell nicht viel wissen will:

    " Es ist klar, dass die gegenwärtige Administration nicht gewillt ist, ihre Haltung zu ändern. Aber es gibt viele Leute in den USA - in den Bundesstaaten, in Städten und Firmen -, die dringend etwas gegen die Klimaerwärmung tun wollen. Und die immer mehr das Gefühl haben, dass die Bush-Administration einen wirklich großen Fehler begeht."

    Zu den Kritikern zählt auch der Bürgermeister von Seattle, Greg Nickels. Er schlug jüngst vor, wenigstens auf kommunaler Ebene etwas zu tun:

    " Da unsere Regierung nichts unternimmt, appelliere ich an die Bürgermeister im ganzen Land, gemeinsam mit mir aktiv zu werden. Möglichst viele Städte sollten sich zu den Zielen und zum Geist des Kyoto-Protokolls bekennen."

    Das Echo auf Nickels' Vorschlag ist gewaltig. Bis heute schlossen sich über 160 US-Städte der Initiative an: Los Angeles, New York, Miami, Boston, Las Vegas und viele andere. Ihre Väter wollen den Klimaschutz jetzt selbst in die Hand nehmen. Überdies fordern sie einen Handel mit Verschmutzungsrechten nach europäischem Vorbild. Um die Emissionen von Kraftwerken und Industrie zu deckeln.

    Es könnte sein, dass die Bush-Administration dadurch in Zugzwang gerät. Es gibt Beispiele aus der Vergangenheit, da setzte Kalifornien eigene Schadstoff-Standards fest, und andere Bundesstaaten folgten. Am Ende musste Washington dann landesweit einheitliche Umweltgesetze einführen.