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Lage in Burundi
UN befürchten Eskalation der Gewalt

Die Lage in Burundi ist derzeit äußert angespannt und unübersichtlich. Oppositionelle und Bürgerrechtler werden genauso Opfer von Gewalttaten wie Anhänger der Regierung. Beobachter fühlen sich an die Situation in Ruanda vor dem Völkermord von 1994 erinnert. Die UN denken darüber nach, Blauhelm-Soldaten zu entsenden.

Von Linda Staude |
    Die Polizei in Burundi hat nördlich der Hauptstadt Bujumbura, in Mutakura, einen illegales Waffenlager gefunden und präsentiert es Journalisten.
    Die Polizei in Burundi hat nördlich der Hauptstadt Bujumbura, in Mutakura, einen illegales Waffenlager gefunden und präsentiert es Journalisten. (imago/Xinhua Afrika)
    "Es war ungefähr um acht Uhr abends. Ich hab Kunden weglaufen sehen, andere sind in Deckung gegangen. Ihnen wurde befohlen, sich auf den Boden zu legen und ihre Handys und ihr Geld rauszurücken. Die haben die Angreifer genommen und dann haben sie angefangen zu schießen. Sie haben jeden in der Bar getötet."
    Der Überfall auf eine Bar in Bujumbura am vergangenen Wochenende hat mindestens neun Menschen das Leben gekostet. Der Augenzeuge, der aus Angst vor Verfolgung anonym bleiben will, sagt, dass die Angreifer Polizeiuniformen getragen haben. Aber die Polizeioberen wollen von dem Mordanschlag selbstverständlich nichts gewusst haben. Die offiziellen Stellen in Burundi tun derzeit alles, um die Krise in ihrem Land herunterzuspielen.
    "Anders als es radikale Kräfte und einige Medien behaupten, steht Burundi nicht in Flammen. Es gibt einige Verbrechen, die die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft erregt haben, aber die werden unter Kontrolle gebracht", so der burundische Außenminister Alain Nyamitwe. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Seit Beginn der Unruhen sind nach Schätzungen der UNO mindestens 250 Menschen getötet worden. Allein im Oktober wurden über 50 Opfer gefoltert, mehr als 400 verschleppt.
    Proteste eskalierten nach der Präsidentenwahl
    Über Wochen sind tausende Demonstranten durch die Straßen der Hauptstadt Bujumbura gezogen, haben Straßensperren errichtet und Autoreifen angezündet. Das Chaos hat Ende April begonnen, als die Regierungspartei Pierre Nkurunziza für eine dritte Amtszeit als Präsident nominiert hatte.
    "Das war ein Staatsstreich der Regierung. Wir wollen diesen Präsidenten nicht weiter haben. Wir sagen der Polizei: Wenn ihr uns töten wollt, tut das. Aber wir wollen keine Diktatur in diesem Land." Die Verfassung Burundis sieht nur eine Wiederwahl für den Präsidenten vor, aber die hat Pierre Nkurunziza kurzerhand beiseite gefegt. Der, wie er sagt, wiedergeborene Christ ist überzeugt, im Auftrag Gottes zu regieren, berichten ausländische Diplomaten, die ihn persönlich getroffen haben. Er selbst sagte am Wahltag im Juli: "Wir müssen dem burundischen Volk erlauben, jemanden zu wählen, dem sie trauen. Für ein Programm zu stimmen, das am besten für sie ist. Das Volk wird einen Kandidaten wählen, der das Land weiter entwickelt, der die Demokratie stärkt und Frieden und Sicherheit in unserem Land erhält."
    Die Wahl hat Pierre Nkurunziza haushoch gewonnen. Doch von Frieden und Sicherheit kann in Burundi keine Rede sein. Zwar haben die öffentlichen Proteste in der Hauptstadt Bujumbura aufgehört. Seither geht das Morden im Stillen weiter. Ein Einwohner aus Bujumbura erzählt, dass er eines Morgens in seiner Straße einen getöteten Mann gefunden hat. "Der Dreck auf seiner Kleidung stammte nicht von hier. Es sieht so aus, als wäre er anderswo getötet und hier einfach abgeladen worden. Wir können nicht sagen, was genau passiert ist."
    Was in Burundi vorgeht, ist unklar
    Oppositionelle und Bürgerrechtler werden genauso getötet wie Anhänger der Regierung. Was genau in Burundi im Moment vor sich geht, ist nur schwer herauszufinden. Über 80 Journalisten sind aus dem Land geflüchtet, die meisten unabhängigen Medien mundtot gemacht. In sozialen Netzwerken kursieren Bilder von grauenvoll zugerichteten Leichen, mit herausgerissenen Herzen oder abgehackten Köpfen.
    "Es gibt keine Sicherheit in Burundi. Jede Nacht sind Schüsse zu hören. Wir wissen nicht, wohin es mit unserem Land geht oder was hier geschieht", klagt ein anderer Mann aus Bujumbura. Die Regierung macht nach wie vor Radikale in der Opposition für die Übergriffe verantwortlich. Sie hat der Bevölkerung befohlen, alle privaten und illegalen Waffen abzuliefern. Das Ultimatum ist am vergangenen Wochenende ausgelaufen. Alain Guillaume Bunyoni, der Minister für nationale Sicherheit: "Heute wollen wir diesen Schwierigkeiten ein Ende machen. Diese Leute haben Euch schlaflose Nächste bereitet. Wenn sie Polizisten sehen, schmeißen sie Handgranaten. Wenn sie die Armee sehen, schießen sie. Wenn wir sie finden, werden wir sie nicht verschonen. Wir werden mit ihnen auf die beste uns bekannte Weise verfahren." Die Regierung hat kurzerhand die Oppositionellen, die ihre Waffen nicht rechtzeitig abliefern, zu Staatsfeinden erklärt, die - so wörtlich - wie Kakerlaken vernichtet werden müssen.
    Erinnerungen an die Hassreden in Ruanda
    "Die jüngsten aufrührerischen Bemerkungen von Regierungsmitgliedern deuten darauf hin, dass diese Krise, in der bisher Menschen für ihre vermutete politische Zugehörigkeit aufs Korn genommen wurden, zunehmend eine ethnische Dimension annehmen könnte", so der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra‘ad al Hussein, besorgt. Die Rhetorik erinnert internationale Beobachter an die Hassreden in Ruanda, die dort dem Völkermord von 1994 vorausgegangen sind. Adama Dieng, der UN-Sonderberater zur Verhinderung von Genozide: "Das Land scheint sich am Rande eines Abgleitens in Gewalt zu befinden, die zu Gräueltaten eskalieren könnten."
    Burundi hat bereits einen zwölfjährigen Bürgerkrieg hinter sich, bei dem sich die Volksgruppen der Hutu und der Tutsi gegenseitig bekämpft haben und in dem rund 300.000 Menschen getötet wurden. Aber die Regierung in Bujumbura weist alle Kritik als puren Unsinn zurück. Sprecher William Nyamitwe sagte der BBC: "Als Burundier bleiben wir stark und fest entschlossen, weiter daran zu arbeiten, ewigen Frieden in unserem Land und in der ganzen Region zu erreichen."
    Die UN schenkt diesen vollmundigen Versprechen offenbar wenig Glauben. Derzeit wird diskutiert, Blauhelm-Soldaten von der MONUSCO-Mission im Kongo abzuziehen und nach Burundi zu verlegen.