Freitag, 26. April 2024

Archiv

Lagos Radiosender "Wazobia FM"
Alltagsthemen und Afrobeat

Der Radiosender "Wazobia FM" erreicht täglich Millionen Menschen in Nigerias Metropole Lagos. Ein Grund für den Erfolg ist, dass hier die Sprache der normalen Menschen gesprochen wird: Pidgin-Englisch. Inzwischen folgt auch die BBC dem Beispiel.

Von Benjamin Weber | 04.06.2018
    Die Redaktion des Radiosenders Wazobia FM in Lagos, zwei Männer und zwei Frauen im Sendestudio vor einem Mikro. Der Mann mit der Mütze ist Steve Onu alias Yaw, Moderator bei Wazobia FM
    Die Redaktion des Radiosenders "Wazobia FM" in Lagos (Deutschlandfunk / Benjamin Weber)
    Lagos. 18 Millionen Menschen leben hier, inoffiziell sind es viel mehr. Die größte Stadt Nigerias ist auch ein großer Radiomarkt - nicht nur, weil die Lagosians jeden Tag ewig im Stau stehen. Radio ist in Nigeria nach wie vor stark. In Lagos allein senden 34 Radiosender. Einer der meistgehörten ist Wazobia FM.
    Im Studio: Wazobia FM sendet seit 2007. Steve Onu - Künstlername: Yaw - ist als Moderator von Anfang an dabei. In Lagos ist Yaw ein Star.
    "Wazobia setzt sich aus drei Wörtern zusammen: Wa ist Yorubua, Zo ist Haussa und Bia ist Igbo. Und alles bedeutet: Komm."
    Radio auf Pidgin - die Sprache der normalen Leute
    Yoruba, Hausa und Igbo - das sind neben der Amtssprache Englisch die drei größten Sprachen in Nigeria. In dem Staat, in dem verschiedene ethnische Gruppen ganz unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten zusammen leben, existieren insgesamt über 500 Sprachen.
    "Um hier wirklich kommunizieren zu können, musst du eine Sprache sprechen, die jeder versteht. Pidgin-Englisch ist da ein starker Faktor. Denn Pidgin ist hier einfach überall."
    Wazobia sendet auf Pidgin. Das Nigeria Pidgin English basiert auf dem Englischen, hat eine vereinfachte Grammatik, bezieht sein Vokabular aus den verschiedenen hier gesprochenen Sprachen und ist weit verbreitet.
    Pidgin ist ursprünglich als Handelssprache entstanden und wurde vor allem zu Kolonialzeiten wichtig. Historisch gesehen ist es eine Sprache der normalen Leute. Für die Radiomacher ein Vorteil. Auf Pidgin trauen sich die Leute viel eher, das zu sagen, was sie denken. Von Social Media bis zum klassischen Call In - Wazobia bezieht die Hörer ein.
    "Egal, welches Thema wir besprechen, die Leute rufen an, um mitzureden. Bei uns haben sie die Möglichkeit, sich ganz normal zu äußern, denn im Gegensatz zu den englischsprachigen Sendern müssen sie hier keine Angst haben, Fehler zu machen, wenn sie Englisch sprechen, denn bei uns ist nur Pidgin angesagt."
    30 Prozent Marktanteil
    Es sind alltägliche Probleme, die Wazobia mit seinen Hörern bespricht, politische Fragen zu Armut, Bildung, Gesundheit und bad governance werden diskutiert. 2019 wird in Nigaria gewählt. Schon jetzt ruft Wazobia dazu auf, sich für die Wahlen zu registrieren.
    Hintergrundgespräch beim CEO Serge Noujaim. Finanziert wird Wazobia durch Werbung - neun Minuten pro Stunde in vier Blöcken - und durch Sponsoring. Die aktuelle Umfragen gestützte Media-Analyse ist gerade eingetroffen, Wazobia liegt mit knapp 30 Prozent Marktanteil in Lagos auf dem dritten Platz. Normal, sagt Noujaim, ist eigentlich Platz eins.
    Weh tut ihm das nicht, die aktuelle Nummer 1 Cool FM gehört auch zur seiner Sendergruppe.
    Wie überall in Nigeria läuft auch bei Wazobia gerade viel moderner Afrobeat. Der Sound der Straße ist Mainstream geworden, wie auch Pidgin mittlerweile eine wichtige Rolle eingenommen hat. Wazobia war 2007 der erste Radiosender auf Pidgin. Längst hat auch die BBC die Ethnien übergreifende Macht der Sprache erkannt und einen eigenen Service auf Pidgin gestartet. Mittlerweile kommuniziert sogar die Regierung um den unbeliebten Präsident Buhari in der populären Pidgin-Sprache. 2019 sind Wahlen - und die Zustimmungswerte sinken.