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Landwirtschaft und Umweltschutz
Umweltministerin skizziert Fahrplan für Glyphosat-Ausstieg

Ziel ist der Umbau der konventionellen Landwirtschaft: Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat einen Plan für den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung des umstrittenen Breitband-Herbizids Glyphosat und ähnlicher Pestizide vorgestellt. Doch es droht Widerstand aus dem eigenen Kabinett.

Anja Nehls im Gespräch mit Georg Ehring |
    Die Angabe "Glyphosat" steht auf der Liste der Zusammensetzung eines Unkrautvernichtungsmittels.
    Glyphosat zerstört die Nahrungsgrundlage von Vögeln und Insekten, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (imago stock&people)
    Ein kompletter Ausstieg aus der Nutzung von Glyphosat soll jetzt schrittweise vorbereitet werden. Das Bundesumweltministerium will die Pflanzenschutzanwendungsverordnung ändern, indem das Umweltbundesamt am Zulassungsverfahren beteiligt wird und sozusagen Auflagen erteilen kann. Die Auflagen sollen so aussehen, dass die Landwirte, die zum Beispiel Glyphosat weiter nutzen wollen, im Gegenzug zehn Prozent ihrer Ackerflächen für die Biodiversität zur Verfügung stellen.
    Auf diesen Flächen, zum Beispiel Ackerrandstreifen, oder landwirtschaftlich genutzten Flächen, wo zum Beispiel nicht so dicht angebaut wird, darf dann kein Glyphosat eingesetzt werden. Damit Tiere wie die Feldlerche, Schmetterlinge und Insekten dort wieder Nahrung finden. Das ist der Bundesumweltministerin Svenja Schulze ganz wichtig:
    "Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel sind sehr wirksame Pflanzengifte. Sie werden massenhaft angewendet. Sie sind inzwischen der Inbegriff für eine pestizidgesteuerte Intensivlandwirtschaft. Sie töten innerhalb von kürzester Zeit viele Wildpflanzen ab. Sie zerstören damit aber auch die Nahrungsgrundlage für Vögel, für Insekten. Das was da passiert ist wirklich hinreichend belegt, das ist erforscht."
    Diese Regelung soll dann auch für andere Pflanzenschutzmittel gelten, die nachweislich die Artenvielfalt schädigen. Damit will man dann auch erreichen, dass sich vielleicht einige Landwirte dann entscheiden, lieber gleich ganz auf solchen Mittel zu verzichten.
    Nationales Komplettverbot von Glyphosat nicht möglich
    Knapp 5000 Tonnen Glyphosat wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft - der größte Einzelabnehmer ist übrigens die Deutsche Bahn, die damit ihren Schienen unkrautfrei hält. Glyphosat steht auch im Verdacht krebserregend zu sein. Studien, die das belegen, gibt es allerdings noch nicht.
    Am einfachsten wäre es gewesen, den Wirkstoff Glyphosat auf EU-Ebene zu verbieten. Er ist jedoch auf EU-Ebene noch bis Ende 2022 genehmigt. Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte 2017 für eine erneute Genehmigung des Wirkstoffes gestimmt - entgegen der Abmachung der damaligen Bundesregierung. Solange der Wirkstoff Glyphosat in der EU genehmigt ist, ist es der Bundesregierung nicht möglich, seinen Einsatz komplett zu verhindern.
    Für Maria Krautzberger vom Umweltbundesamt ist die jetzige geplante mühsame Regelung aber mehr als eine Krücke: "Ich würde sagen, dieses Biodiversitätsflächenkonzept ist ein Teil des stufenweisen Umbaus unserer Landwirtschaft, so würde ich das bezeichnen. Das Verbot von Glyphosat alleine würde ja die Landwirtschaft nicht verändern. Denn unser Problem ist ja, dass es andere Pflanzenschutzmittel gibt, die zugelassen sind, so dass dieser Schritt ein struktureller ist, ein systematischer Schritt, um mehr Biodiversität auf unseren Ackerflächen zuzulassen."
    Daneben soll es auch noch Beschränkungen bei der Anwendung des Pflanzenschutzmittels geben, wie ein Verbot des Glyphosateinsatzes in ökologisch sensiblen Gebieten und in Wasserschutzgebieten und die Festlegung eines generellen Gewässerabstandes. Ein Verbot des Mittels unter anderem in Privatgärten und Parks hat auch das Bundeslandwirtschaftsministerium bereits vorgeschlagen.
    2023 wäre auch ein verbindliches Verbot auf EU-Ebene denkbar
    Das Ganze sollen ja kleine Schritte zum großen Ziel sein, das heute nochmal deutlich formuliert wurde. Die Bundesregierung hat sich ja auch im Koalitionsvertrag dazu bekannt, den Einsatz von Glyphosat grundsätzlich zu beenden. Deshalb will das Bundesumweltministerium jetzt auch eine Regelung festschreiben, die den Glyphosateinsatz mit Ablauf der Wirkstoffzulassung auf EU-Ebene verbindlich beendet. Mit der vorgeschriebenen Übergansfrist könnte das aber erst Ende 2023 wirklich der Fall sein.
    Kathrin Klinkusch vom Naturschutzbund Deutschland hält die bis jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen deshalb jedenfalls erstmal für einen Schritt in die richtige Richtung, weit genug gehen sie ihr aber nicht:
    "Die Bereitstellung einer Biodiversitätsfläche auf Äckern ist grundsätzlich zu begrüßen. Es muss aber sichergestellt sein, dass diese Flächen auch eine hohe Qualität für den Naturschutz haben. Das geplante Verbot in sensiblen Gebieten muss konkretisiert werden. Der Pestizideinsatz sollte auch innerhalb und am Rande von Naturschutzgebieten untersagt werden, ebenso in Gewässerschutzgebieten, in Gewässernähe und mit strengen Auflagen auch in Natura2000-Gebieten. Unabhängig davon sollte für Gewässerrandstreifen generell gelten, dass auf mindesten zehn Meter Abstand von Bächen, Flüssen und Seen keine Pestizide ausgebracht werden dürfen."
    Gegenwind aus dem Landwirtschaftsministerium
    Das Bundesumweltministerium will jetzt also alle Möglichkeiten nutzen, mit unterschiedlichen Beschränkungen den Glyphosateinsatz zeitnah irgendwie EU-konform zu minimieren. Gegenwind ist aber zu erwarten – zum Beispiel vom Bundeslandwirtschaftsministerium.
    Wenn das Umweltbundesamt, das dem Bundesumweltministerium untersteht, jetzt also sagt, ohne die Auflagen, also zum Beispiel die zehn Prozent Biodiversitätsfläche, wird keine Zulassung erteilt, dann könnte es einen Konflikt mit dem federführenden Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geben. Und das untersteht dem Landwirtschaftsministerium, das die Interessen der Bauern vertritt. Also so gut die Ideen erstmal klingen, umgesetzt sind sie noch lange nicht.