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Laufen in der Coronakrise
Allein und doch zusammen

Alleine laufen und doch gemeinsam ein Ziel erreichen - wenn auch nur virtuell: Diese Idee motiviert gerade einige Vereine in Mecklenburg-Vorpommern. Der Triathlon-Club Fiko Rostock zum Beispiel ist auf dem virtuellen Lauf nach Tokio.

Von Andrea Schültke | 13.04.2020
Die Beine einer Gruppe von Marathon-Läufern auf der Straße
Eigentlich läuft man beim Triathlon gemeinsam - in der Coronazeit geht das nicht. (imago images / agefotostock)
Vereinsmitglieder, die trotz der coronabedingten Schließung der Sportanlagen aktiv sein wollen, laufen, zählen die Kilometer und reichen die Zahl weiter an Heike Priess. Sie ist Trainerin beim TC Fiko, hat das Projekt in die Gänge gebracht und das Ziel vorgegeben:
"Wir haben uns für die Strecke nach Tokio entschieden, weil wir ein Vereinsmitglied haben, den Tom Gröschel, der dieses Jahr den Marathon in Tokio bei den Olympischen Spielen laufen sollte und da die jetzt verschoben worden sind, wollten wir nach Tokio laufen, um ihn dann ein bisschen zu supporten."
Grafik zur Aktion "Laufen nach Tokyo"
"Laufen nach Tokyo" - eine virtuelle Aktion beim TC Fiko Rostock (Gero Schreiber, opus.conception graphic design)
Die generelle Idee zu einem virtuellen Langstreckenlauf sei aber nicht ihre eigene, betont Heike Priess. Sie verweist auf den SV Turbine Neubrandenburg und den Vereinsvorsitzenden Jörg Knospe. Der wollte seine Laufgruppe in Bewegung halten. Zur Motivation musste ein Ziel her:
"Und da ist die Idee gekommen, diesen Transeuropalauf zu machen. Von Lissabon im Westen Europas bis in den äußersten Osten, in den russischen Ural."
Denn dort in Tschaikowski lebt und läuft ein Vereinsmitglied.
Idee übernommen
Turbine Neubrandenburg war der erste Club in Mecklenburg-Vorpommern, der sich auf den virtuellen Weg gemacht hat. Andere Vereine folgten:
"Ja, wir waren natürlich begeistert. Wenn man der Erste ist, freut man sich immer, wenn man Nachahmer findet. Und wir stehen ja auch im Austausch über Social Media, vergleicht. Wo sind die anderen? Wieviel schaffen die? Wieviel schaffen wir? Und man hat quasi so einen kleinen Wettbewerb damit. Und das motiviert alle."
Virtuelle Etappenziele
Allein und doch zusammen ist das Motto vom Fiko Rostock. Über die Sozialen Medien hält Heike Priess ihre Laufenden auf dem aktuellen Kilometerstand, liefert Hintergrundinformationen und Geschichten über die erreichte Stadt. Dazu stellt sie Fotos, die die Läuferinnen und Läufer ihr geschickt haben:
"Und so ist zumindest ein bisschen Gemeinschaftsgefühl, dass wir doch nicht nur für uns alleine laufen, sondern auch für eine ganz kleine, größere Sache."
Ein Porträt von Heike Priess, Trainerin beim TC Fiko Rostock
Heike Priess ist Trainerin beim TC Fiko Rostock (Privat)
Nämlich Tom Gröschel zum Weitermachen motivieren. Der Marathonläufer des TC Fiko Rostock wollte sich eigentlich für die nun abgesagten Spiele in Tokio qualifizieren. Als Olympiakandidat ist er in der Region bekannt - auch bei der Laufgruppe von Turbine Neubrandenburg und deren Leiter Jörg Knospe:
"Ich kenne ja den Tom auch und er hat so geackert für sein Ziel und jetzt die Absage. Das tut schon weh. Das baut ihn vielleicht doch ein bisschen auf. Und da denke ich schon, dass die Aktion gut ist."
Neue Herausforderungen
Beim TC Fiko Rostock sucht Trainerin Heike Priess nach immer neuen Herausforderungen, mit denen sie ihre Läuferinnen und Läufer motivieren und in Bewegung bringen kann. Für Ostern hat sie sich im Rahmen des Laufs nach Tokio einen neuen Wettbewerb ausgedacht:
"Der heißt "Run alone Challenge", weil da eben nur alleine gelaufen werden soll, auch nicht zu zweit. Weil ich natürlich zu zweit den Vorteil habe, gegenüber jemandem, der allein läuft. Deswegen ist die oberste Regel, das allein gelaufen werden muss."
Wertung im Netz
Strecken zwischen drei Kilometern und Halbmarathon konnten seit Karfreitag gelaufen werden. Heute endet die "Run alone Challenge". Die Daten gehen an Heike Priess und die wertet aus. Alle gelaufenen Kilometer zählen für den Weg nach Tokio und es gibt "on top einfach eine Wertung, auch nach Altersgruppen, also ganz normal wie bei einem Laufwettkampf auch möchte ich das dann auswerten, dass es einfach richtige Ergebnislisten im Internet gibt".
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Der Weg ist (noch) zu weit
Trotz der zusätzlichen Kilometer durch die "Run alone Challenge" an diesem Osterwochenende ist der Weg nach Tokio für die Rostocker noch weit. Das ursprünglich gesteckte Ziel, am kommenden Sonntag virtuell in Japans Hauptstadt einzulaufen, wird Fiko Rostock nicht erreichen.
"Jetzt ist die Idee entweder wir lassen es weiterlaufen, oder wir nehmen unsere Triathleten dazu und lassen die ein paar Radkilometer machen. Oder wir leben das Projekt dann nächstes Jahr nochmal auf, wenn es wirklich nach Tokio geht, und machen da noch mal lieber die Aktion weiter solange, bis wir dann in Tokio angekommen sind."
Inzwischen haben die Rostocker das sibirische Omsk hinter sich gelassen und sind auf dem Weg nach Nowosibirsk - virtuell natürlich.