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Laumann: "Betriebliche Bündnisse für Arbeit möglich machen"

Gerd Breker: Herr Laumann, um es klarzustellen, die Fraktion war in die Erstellung dieses Papiers nicht miteinbezogen?

Moderator: Gerd Breker |
    Karl-Josef Laumann: Nein, die Bundestagsfraktion war in die Erstellung des Arbeitsmarktpapiers überhaupt nicht miteinbezogen. Ich weiß nicht, wer dieses Papier erstellt hat, aber ich habe ja am Samstag auch die Vorlage gesehen für das Präsidium. Diese Vorlage war nicht besonders gut gemacht und sie hatte auch schwere fachliche Fehler.

    Breker: Sie stammt offenbar von den Generalsekretären beider Parteien, von CDU und CSU. War das ein Stockfehler, es ihnen zu überlassen, so etwas zu erstellen?

    Laumann: Also, ich glaube, die beiden Generalsekretäre werden heute Nacht gemerkt haben, dass es sicherlich einen ganz großen Vorteil hat, wenn sie mit den jeweiligen Fachleuten aus den Fraktionen die Fragen besprechen, bevor sie sie auf den Markt bringen.

    Breker: CDA-Chef Arentz hat ja gesagt, es handele sich um einen Generalangriff auf Arbeitnehmerrechte. Das ist seit heute Nacht nicht mehr so?

    Laumann: Nein, es war ja vor allen Dingen so, dass die Aussagen zum Tarifrecht bedeutet hätten in ihrer Kumulierung, dass das Einhalten von Tarifverträgen wahrscheinlich dann in Deutschland die Ausnahme gewesen wäre und das Nichteinhalten die Regel geworden wäre. Wenn man die Nachwirkungsfrist von Tarifverträgen so beschneidet, wie das vorgesehen war, die Allgemeinverbindlichkeit aufgeben wollte, wissen Sie, das waren Schritte, die waren einfach zu weit und ich weiß auch gar nicht, wo die Herren ein solches Vorgehen mit begründen wollen.

    Breker: Nun ist ja BDI-Chef Rogowski äußerst enttäuscht. Er spricht vom Tiger, der losspringt und als Bettvorleger endet. Das ist doch eine traurige Bewertung der jetzigen Beschlüsse?

    Laumann: Ja gut, wenn Herr Rogowski das meint, soll er das meinen. Ich bin auch manchmal von Herrn Rogowski sehr enttäuscht. Ich glaube, dass es so ist, dass wir als Union eine moderne Vorstellung von einem neuen Arbeitsrecht in Deutschland haben, was zum Beispiel betriebliche Bündnisse vorsieht, was bei Neueinstellungen vorsieht, dass man bis zu vier Jahre befristen kann, was viele Detailfragen auch, damit wir zu schnelleren Entscheidungen im betriebsverfassungsgesetzlichen Mitbestimmungsprozess kommen, vorsieht. Hier gibt es einen ausformulierten Gesetzesvorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ich glaube, wenn Herr Rogowski den kennen würde, würde er so etwas nicht sagen.

    Breker: Aber das, was da an diesem Wochenende geleistet wurde von den Unionsparteien, führte dazu, dass viele Gewerkschaftler gesagt haben, nun ist die Regierung das kleinere Übel.

    Laumann: Ja gut, aber es ist ja nicht so beschlossen worden. Es ist ja nun - die Vorlage für eine Präsidiumssitzung ist das eine, der Beschluss ist das andere. Und der Beschluss ist, finde ich, ein Beschluss, der sich auf dem bewegt, wie wir in der letzten Zeit auch in der Fraktion zwischen den verschiedenen Flügeln und der Fraktion es ausgelotet haben, wie wir uns in der Frage des Arbeitsrechtes stellen wollen, und damit bin ich sehr zufrieden.

    Breker: Herr Laumann, um in der Sache einmal nachzufragen, ist es wirklich so, dass die jetzigen Kündigungsschutzregeln Arbeitsplätze verhindern?

    Laumann: Also, ich persönlich denke, dass der Kündigungsschutz in seiner Bedeutung völlig übertrieben wird. Wir haben im letzten Jahr in Deutschland 3,5 Millionen Kündigungen gehabt, davon sind ungefähr 350.000 vor dem Arbeitsgericht gelandet, also zehn Prozent. Das heißt, trotz des jetzigen Kündigungsschutzrechtes sind Kündigungen möglich. Auf der anderen Seite ist es so, dass viele kleine Betriebe schon Sorgen haben mit dem Kündigungsschutzgesetz, und deswegen denke ich auch, dass es richtig ist, die Schwelle auf 20 zu setzen. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass wir am Anfang jetzt mehr Wert auf Einstellungen legen müssen und die Entscheidung von heute nacht, zu sagen, wir machen befristete Arbeitsverträge bis zu vier Jahre, richtig ist. Also, bei über 50jährigen haben wir heute schon eine Rechtslage, dass Sie die ohne Kündigungsschutz einstellen können, so dass es also doch schon eine Menge Ausnahmen vom Kündigungsschutz her gibt und wenn die genutzt würden, glaube ich, gibt es jetzt auch so langsam Flexibilität genug.

    Breker: Kann man denn sagen, dass das derzeitige Tarifrecht den von allen gewünschten Aufschwung verhindert?

    Laumann: Also, ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir in Deutschland betriebliche Bündnisse für Arbeit möglich machen. Es ist einfach so, dass es sehr schwer ist, auch vielleicht in Tarifverträgen, die einzelne betriebliche Situation zu greifen. Ich glaube, dass die Tarifpolitik sich in Deutschland mehr dahin entwickeln muss, dass man große Rahmen festsetzt und große, betriebliche Spielräume lässt. Das ist leider nicht in allen Tarifverträgen so, da ist die IG Chemie zum Beispiel wesentlich weiter wie die IG Metall. Deswegen stehe ich dazu, dass man das Tarifvertragsgesetz ändern kann, indem man klarstellt als Gesetzgeber, dass man auch von Tarifverträgen nach unten abweichen darf, um die Beschäftigung in einem Betrieb zu sichern, wenn es Geschäftsleitung und die örtliche Belegschaft wollen. Und das halte ich eigentlich für das wichtigste Instrument in allen Neuerungen der Arbeitsmarktpolitik, die zur Zeit diskutiert werden. Es ist das entscheidende und wichtigste Instrument.

    Breker: Herr Laumann, noch ein kurzes Fazit. Es war gut, dass heute Nacht so lange verhandelt wurde in der Union und das Ergebnis ist im Vergleich zur Ausgangsposition um vieles besser?

    Laumann: Ich persönlich beurteile das Ergebnis zufriedenstellend. Ich bin sehr froh, dass im Präsidium die besonnenen Kräfte wohl überwogen haben, auch im Übrigen die Kräfte, die sich an das halten, was zwischen den Parteiflügeln in den letzten zwölf Monaten ja auch mühsam ausgehandelt worden ist. Und ich glaube, dass wir wie gesagt mit dem, was wir hier erarbeitet haben, was noch einmal mit einigen Schlagpunkten durch den Präsidiumsbeschluss deutlich wird, wirklich eine moderne Einstellung zum Arbeitsrecht haben.