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Launische Regenzeit

Umwelt. - Dadurch dass immer mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre landet, steigen die Temperaturen fast überall auf dem Planeten. Das allein ist schon ein Problem, aber es zieht noch ein viel größeres hinter sich her. Die steigenden Temperaturen bringen das ganze System durcheinander. Immer mehr Überschwemmungen, Dürren, und Starkniederschläge sind die Folge. Eine Region, die von diesen Klimakapriolen besonders betroffen ist, ist Westafrika.

Von Monika Seynsche | 29.08.2008
    Die holprige Schlammpiste zieht sich durch eine Savanne, die jetzt, in der Regenzeit grün leuchtet. Rechts und links vom Auto erstrecken sich Felder, Sträucher und weit auseinander stehende Bäume bis zum Horizont. Das Ziel der Reise ist eine kleine Farm in der Nähe des Dorfes Kandiga, im Norden Ghanas. Sampson Avaala lebt hier mit seiner Familie auf der Farm seines Vaters. Rund um die Lehmhütten rascheln Mais- und Hirsepflanzen im Wind.

    "We farm a lot of crops during the rainy season…"

    Während der Regenzeit, so erzählt der Farmer, pflanzen sie zahlreiche verschiedene Feldfrüchte. Avaala:

    "Aber seit einigen Jahren sind wir ständig in Gefahr, denn die Regenzeiten werden immer unregelmäßiger. Manchmal gibt es Überflutungen, dann wieder Dürren."

    Jahrhunderte lang haben die Bauern im Norden Ghanas ihre Saat ausgebracht, wenn im April der monatelange Regen einsetzte und geerntet bevor im September die Trockenzeit begann. Aber in den vergangenen Jahrzehnten ist dieser verlässliche Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeit aus dem Takt geraten.

    "Es wird immer schwieriger den Beginn der Regenzeit festzustellen und das ist sehr kritisch für die Farmer, um zu wissen, wann das Saatgut ausgebracht werden soll, weil ausbleibende Regenfälle eben häufig zu teilweisem oder totalem Verlust der landwirtschaftlichen Produkte führt."

    Jens Liebe vom Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn koordiniert das Forschungsprojekt Glowa Volta, das den Wasserkreislauf im Gebiet des Volta-Flusses in Westafrika untersucht. Liebe:

    "Wir versuchen herauszufinden, wie sich Klimawandel, Landnutzungswandel und Landbedeckungswandel auf die Wasserverfügbarkeit in der Region auswirkt."

    In den vergangenen Jahren hat der Niederschlag im Norden Ghanas leicht zugenommen, aber gleichzeitig verschieben sich die Wettermuster und es kommt immer häufiger zu Extremereignissen, wie Überflutungen und Dürren. Zusammen mit seinen Kollegen hat Jens Liebe ein Modell entwickelt, das den Bauern helfen soll, den besten Zeitpunkt für die Aussaat zu erwischen. Liebe:

    "Das basiert auf Klimamessungen, also da werden atmosphärische Zirkulationsmodelle eingesetzt, die quasi auch zur Wettervorhersage eingesetzt werden, und meteorologische Parameter werden da analysiert, und man kann natürlich auch das Wissen einsetzen, die Regenzeit setzt hier im Voltabecken vom Süden her ein und geht graduell nach Norden, diese Information kann man dann natürlich auch benutzen, um hier im Norden, wo das viel kritischer ist, den Beginn der Regenzeit vorherzusagen."

    Aber auch das beste Vorhersagemodell kann eine Dürre oder eine Flut nicht verhindern. Deshalb setzen sowohl die Forscher als auch die ghanaische Regierung auf Bewässerung. Augustine Bajewo arbeitet als Technischer Leiter bei der staatlichen Bewässerungsfirma Icour. Er steht auf der Staumauer des Tono, eines riesigen Stausees in der Nähe der Stadt Navrongo. Jetzt, zum Ende der Regenzeit ist der See fast zum Überlaufen gefüllt. Bajewo:

    "Der Wasserspiegel liegt zurzeit bei 178,4 Metern. Aus dem Wasserstand am Ende der Regenzeit können wir ablesen, wie viele Felder während der Trockenzeit bewässert werden können, und welche wir brach liegen lassen müssen."

    Vom Fuß der Staumauer aus durchzieht ein ausgeklügeltes System von großen und kleinen Kanälen die Landschaft. Augustine Bajewo und seine Kollegen kontrollieren wie viel Wasser in welchen Kanal fließt, um eine möglichst gerechte Verteilung des kostbaren Gutes zu garantieren. Der Stausee erlaubt es den Bauern, auch während der Trockenzeit Ackerbau zu betreiben. Und damit machen sie sich unabhängig von der immer unzuverlässiger einsetzenden Regenzeit.