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Lebensmittel
Bio ist im Mainstream angekommen

Bio-Lebensmittel seien auch in Deutschland längst keine Nischenprodukte mehr, sagt Dlf-Wirtschaftsredakteurin Eva Bahner. Das liege auch daran, dass Bio-Nahrungsmittel inzwischen vor allem in Supermärkten und Discountern gekauft würden. Vom Boom profitiere aber auch der Bio-Fachhandel.

Eva Bahner im Gespräch mit Christiane Kaess | 13.02.2019
    Eine Frau kauft in München in einem Biomarkt ein.
    Immer häufiger werden Bio-Lebensmittel auch im Discounter gekauft (picture alliance / Marc Müller)
    Christiane Kaess: In Nürnberg beginnt heute die weltweit größte Messe für Bio-Lebensmittel, die Biofach. Eine Messe, die in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, weil immer mehr Verbraucher Bio-Lebensmittel wollen und diese ja mittlerweile in fast jedem Supermarkt finden, auch bei den Discountern – Frage an Eva Bahner aus der Wirtschaftsredaktion - geht der Bio-Boom weiter?
    Eva Bahner: Davon ist auszugehen. Schon 2017 habend die deutschen Öko-Anbau-Betriebe erstmals die Marke von zehn Milliarden Euro Umsatz geknackt mit einem Plus von sechs Prozent. Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft erwartet für 2018 noch mal einen Anstieg in einer ähnlichen Größenordnung. Die Ökobranche erobert sich doch recht schnell Marktanteile, vor acht Jahren lag der Umsatz noch bei sechs Milliarden Euro. Bio sei inzwischen Mainstream geworden, sagt auch die Gesellschaft für Konsumforschung. Gefragt sind vor allem Bio-Eier, aber auch Obst und Gemüse, Milch und Molkereiprodukte. Und wohl vor allem von Frauen, die greifen öfter zu bei Bio-Lebensmitteln als Männer laut einer Umfrage des Landwirtschaftsministeriums. Und gekauft werden Bio-Nahrungsmittel inzwischen mehrheitlich, zu zwei Dritteln, nicht mehr im Fach-Handel, sondern in Supermärkten und Discountern. Der größte Bio-Lebensmittelhändler in Deutschland ist inzwischen Aldi. Und Lidl verkauft seit Herbst sogar Produkte mit dem strengen Bioland-Siegel, das noch strengere Anbau-Kriterien vorschreibt als das EU-Bio-Siegel.
    Absatzchancen für Biobauern steigen
    Kaess: Wie wird das denn in der Branche gesehen, wenn hochwertige Bio-Lebensmittel nun auch beim Discounter zu kaufen sind, womöglich noch sehr günstig?
    Bahner: Ganz unterschiedlich, die Öko-Erzeuger, also die Bio-Bauern, sind gar nicht so unglücklich über diese Entwicklung, weil die Absatzchancen natürlich enorm steigen, wenn sich Bio nun zum Massenmarkt entwickelt. Das ist ein starkes Argument, um den eigenen Betrieb auf ökologischen Anbau umzustellen, was von der Bundesregierung ja auch gewollt ist, die strebt ja einen Öko-Anbau an von 20 Prozent bis 2030, so steht es im Koalitionsvertrag. Bislang liegt dieser bei rund acht Prozent. Aber es muss natürlich gewährleitstet sein, dass die Discounter auch ihren Lieferanten verlässlich stabile Preise für Bio-Lebensmittel bezahlen, sonst kommt zu wenig an bei den Erzeugern.
    Kaess: Der Bio-Fachhandel bekommt ja durch die Billig-Supermärkte auch neue Konkurrenz. Wie groß ist die Angst, verdrängt zu werden?
    Bahner: Die ist schon da. Die Chefin des Verbands Naturkost Naturwaren sagte vor der Biofach-Messe, es werde mit den Discountern das falsche Signal gesendet, nämlich dass Bio billig sei und Lebensmittelpreise beliebig gesenkt werden können. Andererseits, und das muss auch die Naturkost-Verbandschefin Elke Röder zugeben, kommen immer mehr Verbraucher auf den Geschmack, wenn ihnen Bio-Produkte auch im Discounter-Regal angeboten werden. Dann werden sie für das Thema umweltverträgliche Produktion sensibilisiert. Und davon profitiert offensichtlich auch der Fachhandel: Der Branchenverband, der für kleine inhabergeführte Naturkosthändler steht, genauso wie für die Kette Alnatura zum Beispiel, hat vor der Messe einen Umsatzanstieg von fünf Prozent im vergangenen Jahr gemeldet. Also auch der Fachhandel wächst, und zwar wieder stärker als 2017.