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Lehrer als Manager

Das Bildungssystem hat sich gewandelt. An Schulen muss mittlerweile nicht mehr nur Wissen vermittelt werden - sie müssen auch wirtschaftlich geführt werden. Dafür fehlt den meisten Lehrern jedoch das Know-how. Eine Konferenz soll nachhelfen.

Von Christoph Richter | 22.03.2013
    Management und Leadership – innovative Impulse für Schulen und Kindertagesstätten. Was nach Wirtschafts-Kauderwelsch klingt, ist das Motto der Konferenz in Halle an der Saale. Pädagogen soll hier betriebswirtschaftliches Denken näher gebracht werden. Denn die Anforderungen haben sich verändert. Bildungseinrichtungen müssen längst wie Großkonzerne gemanagt werden, indem sie Personal rekrutieren, immer einen Blick auf den Kontostand ihres Hauses haben. Aufgaben, die die Verantwortlichen mitunter überfordern, wie auf der Konferenz häufig zu hören ist.

    "Schwierig…"

    …nennt Monika Hartkopp kurz und knapp die Situation. Sie ist Schulleiterin einer Berufsschule in Halle.

    "Naja, im Vordergrund steht die Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten. Das heißt, die Unterrichtstätigkeit kommt zum kurz."

    Und ergänzt:

    "Man schwimmt. Und lernt im kalten Wasser schwimmen."

    Ähnlich sieht es Birgit Kerls-Schulz, Schulleiterin einer kleinen Grundschule in Bentwisch bei Rostock. Sie ist eine von etwa 650 Konferenzbesuchern:

    "Die administrativen Aufgaben sind sehr vielfältig, sie sind vom Anteil her auch sehr voluminös. Und insofern greift es auch durch, auf die Arbeit eines Leiters einer Bildungseinrichtung. Insofern muss man hier gucken, wie man wieder ein Gleichgewicht herstellen kann. Es ist sehr schwer, es ist eine Herausforderung."

    Auf die sich Lehrerin Birgit Kerls-Schulz Antworten erwartet. Beispielsweise vom Veranstalter Michael Lämmerhirt. Er ist der geschäftsführende Leiter des Arbeitsbereiches Bildungsmanagement an der Halleschen Uni und Initiator der sicherlich einmaligen Veranstaltung. Pädagogisches Denken und Handeln gerate zunehmend unter Effizienzanspruch, unter das Fahrwasser einer zunehmenden Ökonomisierung, sagt er. Gerade deswegen rät er Verantwortlichen in Bildungseinrichtungen, sich davon nicht erdrücken zu lassen. Sondern die Situation anzunehmen:

    "Muss zu dem Management natürlich auch hintendieren. Und auch gewisse Tendenzen in diesem Bereich mitbringen. Ist wichtig. Die Schulen bekommen mehr Eigenverantwortung. Dieser erhöhten Eigenverantwortung kommen natürlich viele neue Aufgaben hinzu. Die müssen bewältigt werden."

    Bildungsexperte Michael Lämmerhirt widerspricht der Ansicht, dass man reine Bildungsmanager brauche. Lieber spricht er von Visionen, die Lehrer, Schulleiter und Rektoren entwickeln sollten. Damit sich die Qualität der Schulen weiterentwickle. Mit den romantischen Vorstellungen eines Lehrers, der nur Goethe oder den Satz des Pythagoras im Kopf hat, kann er allerdings auch nichts anfangen.

    "Das ist vorbei!"

    Ganz Kind seiner Zeit, ist der Mitte 30-Jährige mit den neuesten Kommunikationstechniken bestens vertraut. Werkzeuge, die er nun den Lehrern an die Hand geben will, damit sie ihre veränderte Aufgabe im 21. Jahrhundert angehen. Darunter zählt er auch Steuerungs- und Planungstechniken, unternehmensstrategisches Denken – Methoden aus der Betriebswirtschaftslehre, die seiner Ansicht nach, beim Führen einer Bildungseinrichtung aber unabdingbar seinen. Weshalb man sich auch explizit Wirtschaftsexperten eingeladen hat.

    "Grundsätzlich: Die Ausbildung von Pädagogen muss solche Momente aufnehmen. Auch der Pädagoge an sich braucht Kompetenzen im Bereich des Projektmanagements. Und das sind viele Elemente, die derzeit in der Lehramtsausbildung noch nicht so verankert sind, aber immer mehr am Kommen sind. Und auch in Zukunft verankert sein werden."

    Dazu bietet die Hallenser Bildungsmanagement-Konferenz eine Handreichung. Das macht sie mittels diverser Workshops. Mit so toll klingenden Namen wie: "Leadership und Followership", "Zwei Seiten einer Medaille" oder "Change Management an Schulen".

    Der Lehrer als Projektmanager? Soweit will Jan Hofmann, Staatssekretär im Kultusministerium in Sachsen-Anhalt nicht gehen. Aber auch für ihn ist die Ökonomisierung der Bildungslandschaft kein Teufelszeug. Er rät allerdings dazu, mit Augenmaß vorzugehen.

    "Egal, ob wir das wichtig oder weniger wichtig nehmen. Es ist ein normaler Zeitgeist. Die Schulen entwickeln sich, die Schulen brauchen ein neues Profil. Die Schulleiterinnen und Schulleiter sind die Schlüsselpersonen in diesem Zusammenhang. Und deshalb bedürfen sie einer besonderen Fürsorge."

    Also. Die Zeiten ändern sich, neue Lehrer braucht das Land. Doch wäre es zu überdenken, ob nicht eine Aufgabenteilung die beste Methode ist. Denn so kann sich der Lehrer dem Unterricht, und der Manager den Zahlen widmen.

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