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Leiharbeit
Gericht: Kein Recht auf Festanstellung

Kann ein Leiharbeiter auf Festanstellung klagen, wenn er dauerhaft an ein und denselben Betrieb ausgeliehen wird? Nein, sagt das Bundesarbeitsgericht. Die erhoffte grundsätzliche Klärung blieben die Richter allerdings schuldig.

Von Henry Bernhard | 10.12.2013
    Besitzt ein Arbeitgeber die gesetzliche Erlaubnis, Arbeitnehmer an andere Firmen zu verleihen, dann kommt zwischen dem Leiharbeiter und der ausleihenden Firma kein Arbeitsverhältnis zustande, auch wenn der Einsatz nicht nur vorübergehend ist. So der Tenor des Urteils des Erfurter Bundesarbeitsgerichts.
    Im aktuellen Fall hatte ein Klinikverbund im Landkreis Lörrach eine Tochterfirma gegründet, die 450 Beschäftigte deutlich unter Tarif bezahlte und viele von ihnen zum Dauereinsatz an die Kliniken ausleiht. Geklagt hatte ein Mann, der drei Jahre lang als IT-Sachbearbeiter an eine Klinik ausgeliehen war. Er wollte festgestellt wissen, dass er nicht nur vorübergehend ausgeliehen und deshalb faktisch von der Klinik angestellt wurde. Dies hat das Bundesarbeitsgericht abgelehnt. Dazu Pressesprecherin Inken Gallner:
    “Das hängt nicht von einer Frist ab, das hat der Senat ganz deutlich gesagt. Es gibt einfach keine Sanktion im derzeit geltenden Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz, keine Rechtsfolge, die sagt, dass ein Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes zustande kommt, wenn denn keine "vorübergehende Überlassung" vorliegt.“
    Und da auch durch dauerhafte Ausleihe in keinem Fall ein Arbeitsvertrag mit der entleihenden Firma zustände käme, so das Gericht, müsse auch gar nicht bestimmt werden, was "nicht nur vorübergehend" bedeutet.
    "Der Senat sagt ganz deutlich: Der Gesetzgeber muss das regeln. Hier ist keine Lücke im Gesetz. Das ist im Gesetzgebungsverfahren schon gesagt worden, dass hier eine Sanktion ins Gesetz geschrieben werden muss. Das ist nicht geschehen, und deswegen darf der Senat nicht weiter gehen, als der Gesetzgeber das wollte."
    Viele Leiharbeiter, die dauerhaft bei einer Firma arbeiten und weniger als die dort Angestellten verdienen, hatten sich eine Klärung vom Erfurter Urteil erhofft. Der Anwalt des Klägers, Roland Gross, fordert politische Konsequenzen.
    "Ja, das ist natürlich eine bittere Entscheidung für uns, zunächst einmal, weil der Senat die Chance nicht genutzt hat, eine unseres Erachtens klaffende Gesetzeslücke auch zu schließen. Aus Sicht von Arbeitnehmern bedarf es wohl sehr dringend der Schließung dieser Lücke, weil sonst Arbeitgeber durchaus einen Gestaltungsmissbrauch praktizieren können, ohne dass sie dafür sanktioniert werden."
    Immerhin: Der schwarz-rote Koalitionsvertrag sieht vor, dass Arbeitnehmer nur noch maximal 18 Monate an eine Firma verliehen werden dürfen.
    "Der Gesetzgeber ist nun möglicherweise gefragt, wenn hier eine andere politische Wertung getroffen werden soll; allerdings steht auch in diesem potenziellen Koalitionsvertrag keine Rechtsfolge bisher, die als politisches Wollen vorgesehen ist."
    Der Kläger, der IT-Sachbearbeiter und momentan als Betriebsrat freigestellte Harald Hotop, zeigte sich enttäuscht vom Urteil, hofft aber auf das davon ausgehende Signal.
    "Also, ich bin auf der einen Seite sehr traurig, was mich persönlich betrifft, weil das natürlich auch massive Konsequenzen hat, aber auf der anderen Seite sehe ich, dass es langfristig dann doch ein Schritt in die Richtung ist, um für die Leiharbeiter etwas zu tun. Also, es ist jetzt hier eine Furche gezogen worden, und da wird auch noch was draus entstehen. Da bin ich sehr zuversichtlich."