Es gäbe mittlerweile ein nicht mehr ganz verständliches Hineinzwängen von Autoren, die in der DDR begonnen haben, zu publizieren, in die Rubrik "DDR-Schriftsteller" sagte Lothar Müller, Autor und Literaturredakteur der Süddeutschen Zeitung, auf der Deutschlandradio-Bühne der Leipziger Buchmesse 2019. Das sei problematisch, weil es schon 30 Jahre seien, in denen Leute wie Ingo Schulze, so Müller, in diese Ecke gestellt werden würden. Sie seien zwar in der DDR geboren, "was ihre Publikationsgeschichte angeht, sind sie natürlich Autoren der - könnte man sagen - Berliner Republik eher als der DDR. Aber durch so Herkunftsgeschichten, Dresdner Geburt" werde da schnell eingeteilt. Volker Braun beispielsweise, Jahrgang 1939, habe große Teile seines Lebens in der DDR verbracht, so Müller, sei aber "nicht auf Ewig ein DDR-Schriftsteller. Er ist jetzt natürlich ein Schriftsteller in der wiedervereinigten Bundesrepublik."
Eliteaustausch, der bis heute nachwirkt
Nach 1990 hätte ein Eliteaustausch stattgefunden, sagte Schriftsteller Christoph Hein: "Die Elite in der Wirtschaft, auf den Hochschulen, bei den Intellektuellen. Und auf einmal konnten sehr viele arbeitslose Privatdozenten aus München und Frankfurt am Main feste Universitätsstellen bekommen und so weiter. Es fand ein Eliteaustausch statt, der bis heute nachwirkt. Gerade in den letzten Wochen teilten verschiedene Zeitungen mit, dass die ostdeutschen Vorstände in der Wirtschaft, an den Universitäten nahezu durchweg von Westdeutschen besetzt sind."
Christoph Hein: "Gegenlauschangriff"
Suhrkamp Verlag, Berlin. 122 Seiten, 14,00 Euro
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Lothar Müller: "Freuds Dinge. Der Diwan, die Apollokerzen & die Seele im technischen Zeitalter"
Die Andere Bibliothek, Berlin. 420 Seiten. 42,00 Euro
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