Literatur spiele in Tschechien nicht mehr die Rolle, die sie vor 1989 gespielt habe, sagte Mirko Schwanitz auf der Deutschlandradio-Bühne der Leipziger Buchmesse. Es habe sich in Tschechien das Gleiche wie in ganz Osteuropa vollzogen. "Diese Sucht der Leser, zwischen den Zeilen, die Wahrheit zu entdecken, oder etwas über das Regime gesagt zu bekommen, die hat abgenommen." 1989 habe es eine Art Schlachtruf in der tschechischen Literatur gegeben, in der die Unterzeichner gesagt hätten: "'Jetzt können wir endlich mal nur Literatur machen'".
In der aktuellen Debatte seien aber die tschechischen Autoren deshalb auch nicht sehr gefragt bei der Kommentierung gesellschaftlicher Prozesse - "ihre Stimme ist nicht mehr so hörbar". Aber: "Während viele Politiker sich auf das Nationale besinnen, stellen jüngere Autoren die Kultur wieder breiter auf und in den internationalen Kontext."
Auch Beispiele für politische Literatur
Es gebe aber auch Autoren, die sehr politisch engagierte Literatur machen, die "trotzdem Literatur" sei, so Schwanitz: Radka Denemarková zum Beispiel, oder Kateřina Tučková. An den Reaktionen auf deren Roman über das Schicksal einer Brünner Deutschen merke man: "Ja, es gibt eine engagierte Literatur und sie bewirkt etwas".
Schwanitz' Lese-Empfehlung zur tschechischen Literatur aber lautet: "Der Regenstab" von Jiří Hájíček - "ein ganz kleiner und feiner Roman".
Schwanitz' Lese-Empfehlung zur tschechischen Literatur aber lautet: "Der Regenstab" von Jiří Hájíček - "ein ganz kleiner und feiner Roman".
Deutsche Übersetzung viel dicker
Die deutsche Übersetzung sei oft etwa ein Drittel dicker als das tschechische Original. "Im Tschechische kann man sehr komplexe Dinge nur mit Vor- und Nachsilben ausdrücken. 'Sie hat das Buch für ihre Brüder zu Ende geschrieben' - das sind 10 deutsche Wörter, die Tschechen brauchen dafür nur drei." Dazu komme, dass es im tschechischen auch noch grafische Sonderzeichen gebe, die das Volumen verringerten.