
Beethovens viertes Klavierkonzert brach mit der Regel, dass dem Orchester die Eröffnungspassage gehört. Der Pianist tupft zarte Akkorde. Diese vorsichtige Geste übernimmt das Orchester, bevor die Musik an Fahrt und Kraft gewinnt. Auch der zweite Satz hinterlässt aufgerissene Augen, wenn plötzlich die Streicherstimmen mit zornig-zackigem Motiv den Philosophen am Flügel attackieren.
Dramatische Liebeserzählung?
Was ist da los? Das Werk lädt zum Spekulieren ein: Steckt da womöglich die Orpheus-Erzählung drin, jene griechische Sage, in der Orpheus seine geliebte Euridice aus der Unterwelt holen möchte? Beethoven verrät nichts und entlädt die Spannung im dritten Satz raffiniert mit Witz und Virtuosenfeuerwerk.
Strawinskys neuer Barock
Mehr als 100 Jahre später schrieb Igor Strawinsky sein neoklassizistisches Ballett „Pulcinella“, das auf einer Verwechslungsromanze und italienischen Partituren aus dem 18. Jahrhundert basiert, unter anderem auf Musik von Giovanni Battista Pergolesi.
„Ich begann, indem ich auf Pergolesis Originalmanuskripten komponierte, als würde ich ein eigenes, älteres Werk bearbeiten. Ich wusste, dass mir ein Pergolesi nicht gelingen würde, denn meine Motorik ist grundverschieden; bestenfalls konnte ich seine Aussagen mit meinem eigenen Akzent wiederholen. Dass das Ergebnis bis zu einem gewissen Grad witzig-ironischen, satirischen Charakter haben würde, war vielleicht unumgänglich, denn wer hätte im Jahre 1919 ein solches Material ohne satirische Distanz behandeln können?"
Aufnahme vom 25.6.2021 aus dem Regentenbau in Bad Kissingen vom Kissinger Sommer 2021
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur, op. 58
Igor Strawinsky
„Pulcinella“. Suite für Kammerorchester aus der Musik zum gleichnamigen Ballett
Igor Levit, Klavier
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Leitung: Paavo Järvi
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur, op. 58
Igor Strawinsky
„Pulcinella“. Suite für Kammerorchester aus der Musik zum gleichnamigen Ballett
Igor Levit, Klavier
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Leitung: Paavo Järvi