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Likud fordert neue Palästinenserführung zum Kampf gegen den Terror auf

Friedbert Meurer: Ich begrüße Salman Shoval, er ist der außenpolitische Berater des Likud, der Partei des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon. Guten Morgen, Herr Shoval.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Shoval: Guten Morgen, Herr Meurer.

    Meurer: Tut Israel genug, um eine würdevolle Beisetzung Arafats zu ermöglichen?

    Shoval: Ja, wissen Sie, würdevoll und Arafat, das sind zwei Wörter, die nicht richtig zusammenpassen. Wir machen jedenfalls etwas, jedes, was zu tun ist, um den Leuten, die trotzdem zu dieser Beerdigung kommen wollen, den Weg zu erleichtern, und ich glaube ja, dass man da nichts kritisieren kann.

    Meurer: Werden die Sperren denn aufgehoben oder sehr locker gehandhabt, wenn jemand aus dem Westjordanland nach Ramallah möchte?

    Shoval: Schauen Sie, da sind eben diese zwei, würde ich sagen, Motive oder Motivationen: Einerseits, den Leuten das zu erleichtern und andererseits die Gefahr der Gewalt, von der wir schon einige Anfänge gestern sahen und verschiedene Drohungen heute. Und da es unsere Verantwortung ist, wollen wir natürlich nicht riskieren, dass Leute, inklusive Leute, die zu dieser Beerdigung kommen, irgendwie in Gefahr stehen werden.

    Meurer: Wenn wir über die Zeit nach Arafat reden: Der israelische Ministerpräsident sprach gestern von einer historischen Chance, die sich jetzt auftue. Was ist Israel bereit, einer neuen palästinensischen Führung anzubieten?

    Shoval: Ja, wir haben sehr viel angeboten, und zwar mehr als irgendeine frühere israelische Regierung, jedenfalls in den letzten paar Jahren. Wir haben gesagt, wir ziehen uns einseitig vom Gazastreifen zurück, innerhalb einiger Monate, und einen Teil auch vom Nord-West-Jordanland, Samaria, um den Palästinensern die Möglichkeit zu geben, die ersten Schritte zur Selbstregierung zu nehmen. Die Frage ist natürlich, ob nach Arafat auch der Arafatismus tot ist, ob es so geschieht, wie es in Deutschland Gott sei Dank geschah, dass nach den Nazis der Nazismus zu Ende ging, ob es bei den Palästinensern ähnlich gehen könnte, ob da eine neue Generation kommt, Leute, die friedensbegierig sind, Leute, die bereit sind, den jüdischen Staat anzuerkennen, Leute, die bereit sind zu verhandeln, statt Terroraktionen zu unternehmen. Das ist die sehr große Frage.

    Meurer: Diese Attribute, Herr Shoval, treffen aber vermutlich auf Mahmud Abbas und auf den Premier Kurei zu.

    Shoval: Schauen Sie, der Abbu Abbas, also Abbu Masin und auch der Abbu Allah sind Leute, die sich in der Vergangenheit wenigstens wörtlich von Arafat distanziert haben. Aber sie gehören zur selben Gruppe, zur selben Generation, und es besteht doch die Frage, ob sie es wagen können oder werden, Vorschläge zu machen und Wege zu gehen, die anders sind als die von Arafat, und deshalb, wenn man die Sache realistisch ansieht, ist es wahrscheinlich jetzt eine Zwischengeneration, mit der man vielleicht verhandeln kann, hoffentlich, jedenfalls die Violenz aufzuhören, all die Sachen, die die Roadmap von den Palästinensern verlangt hat, also die illegalen Waffen abzugeben, den Terror vollkommen aufzuhören, und um eine Atmosphäre zu schaffen, dass man in einer vielleicht späteren Stufe wirklich die endgültige Lösung verhandeln kann.

    Meurer: Die Roadmap sieht auch die Auflösung von Siedlungen vor, wann wird das geschehen?

    Shoval: Schauen Sie, das ist nicht etwas, was heute geschehen wird oder soll, aber wir haben ja auch den ersten Schritt gemacht, wie ich zuvor schon gesagt habe, im Gazastreifen und die Roadmap sagt ganz klar, dass die Vorbedingung für die Fortsetzung der Roadmap, dass der Terror auf der palästinensischen Seite vollkommen aufhören muss. Wir bauen keine neuen Siedlungen und wir erweitern auch keine bestehenden Siedlungen.

    Meurer: Das mit der Vorbedingung sehen ja manche anders und sagen, die Roadmap sieht eben ein gleichzeitiges Verfahren vor, ein Ende des Terror und gleichzeitig die Auflösung von Siedlungen.

    Shoval: Ja, wissen Sie, man kann wirklich nicht vergleichen, außer wenn man sehr zynisch ist, den Mord von unschuldigen Leuten und dass man eine Schulklasse baut oder so was. Wir bauen keine neuen Siedlungen, haben auch keine neuen gebaut seit Jahren, und von diesem Standpunkt aus ist die Roadmap für uns wirklich auch bestimmend.

    Meurer: Ist für Sie also die Roadmap weiterhin der Fahrplan, der gilt?

    Shoval: Ja, und zwar, das war eben die Initiative des Premierministers Scharon, dieses einseitige "disengagement", also Rückzug, wenn man das so nennen kann, um den Gordischen Knoten zu zerschneiden und nicht darauf zu warten, dass die Palästinenser etwas machen - wir machen es zuerst. Sollte das gelingen und das hängt wirklich nur von den Palästinensern ab, das wird auch so von Amerika und von Europa gesehen, dann könnten wir organisch in die zweite Phase der Roadmap kommen.

    Meurer: Werden Sie den Abzug aus Gaza, der ja bislang ein einseitiger ist, weil nicht mit den Palästinensern abgesprochen, ...

    Shoval: Stimmt.

    Meurer: ... werden Sie den Gazaabzug mit einer neuen palästinensischen Führung verhandeln?

    Shoval: Wir werden uns bestimmt freuen, mit einer neuen effektiven, würde ich sagen, weniger arafatistischen palästinensischen Führung die Einzelheiten zu besprechen, das würde uns helfen, das würde ihnen helfen. Die Frage ist und das ist eine richtige Frage, nicht nur irgendein Argument, aber eine richtige Frage, ob diese neue oder Zwischenführung der Palästinenser im Stande ist, den Mut hat, aber auch die Möglichkeiten hat, die Extremisten zu fesseln und zu stoppen, und wir haben da schon verschiedene Äußerungen gehört, die nicht sehr optimistisch sind, nicht nur von Seiten der Hamas zum Beispiel, sondern auch von Teilen von Arafats eigener Terrororganisation, also die Fatah-Organisation.

    Meurer: Das war Salman Shoval, der außenpolitische Berater des israelischen Likud, der Partei von Ministerpräsident Scharon. Herr Shoval, schönen Dank nach Tel Aviv und auf Wiederhören.

    Shoval: Vielen Dank.