Remme Wir haben vor einer guten halben Stunde über das Ergebnis der Likud-Wahlen in Israel berichtet, die Wahl zum Parteivorsitzenden wurde notwendig, nachdem Ariel Scharon, der Ministerpräsident, seine Regierungspartei verlassen hatte, um eine neue zu gründen. Kadima heißt sie, die inzwischen viel Zulauf findet, in den Meinungsumfragen vorne liegt. Ende März wird in Israel ein neues Parlament gewählt. Der Parteivorsitzende, der neue, der Likud-Partei heißt Benjamin Netanjahu, ein alter Vertrauter in der israelischen Politik. Am Telefon ist jetzt der Politologe Benjamin Neuberger, er lehrt an der Open University in Tel Aviv. Guten Morgen, Herr Neuberger.
Neuberger Guten Morgen.
Remme Wie bewerten Sie das Wahlergebnis und den Sieg von Benjamin Netanjahu?
Neuberger Erstens war es nicht ganz unerwartet und ich würde sagen, zwei Beobachtungen: erstens sind es gute Nachrichten auch für Kadima von Scharon und auch für die Arbeiterpartei und zwar weil Netanjahu und der Likud unter Netanjahu jetzt ganz klar außenpolitisch rechtsradikal ist und auch wirtschaftspolitisch sehr kapitalistisch orientiert. Die Arbeiterpartei, die die Kampagne auf die wirtschaftlichen und sozialen Fragen konzentriert, hat hier einen klaren Gegner, der unpopulär ist und Scharon, der mehr auf Außenpolitik geht und mehr eine gemäßigte Außenpolitik, gemäßigtere als der frühere Likud vertritt, hat auch hier eine klare Linie gegen sich, das heißt, er vertritt das Zentrum und Netanjahu und der Likud die rechtsradikale Position.
Remme Ist denn die Führungskrise des Likud mit dieser Wahl überwunden?
Neuberger In einer bestimmten Hinsicht ja, denn Silvan Shalom, der verloren hat und etwa ein Drittel der Stimmen bekommen hat, hat erklärt, dass er im Likud bleibt, aber der Likud wird, so wie es aussieht, die Wahl nicht gewinnen.
Remme Er wird sie nicht gewinnen, aber ist denn eine Zusammenarbeit mit einem möglichen Wahlsieger Ariel Scharon denkbar geworden durch diese Wahl oder eher unwahrscheinlich?
Neuberger Das ist noch sehr offen. Scharon könnte mit der Arbeiterpartei zusammengehen, er könnte mit dem Likud zusammengehen, es könnte auch zu einer Dreierkoalition kommen. Ich würde sagen - ich meine, es hängt natürlich sehr viel vom Resultat der Wahlen ab - die erste Priorität von Scharon wird eine Regierung Scharon, Kadima mit der Arbeiterpartei sein. Das wird die erste Priorität sein.
Remme Die Wahl von Netanjahu als Vorsitzender des Likud-Blocks ist ja nur eine Facette in diesem Wahlkampf, der leichte Schlaganfall von Ariel Scharon vor wenigen Tagen ein anderer. Heute will er schon wieder die Amtsgeschäfte übernehmen und es ist kein Wunder, wenn er schließlich im Wahlkampf kein Zeichen der Schwäche zeigen wird, aber zeigt nicht alleine schon dieser Schlaganfall, wie sehr Kadima auf die eine Person Ariel Scharon gebaut ist?
Neuberger Ja, das stimmt. Wenn dieser Vorfall schlimmer ausgegangen wäre, wäre die Politik wieder eine ganz andere über Nacht geworden, aber es scheint kein sehr ernsthafter Fall zu sein und Sie haben recht, die Politik in Israel ist sehr labil, ich kann Ihnen auch andere Beispiele geben. Wenn es morgen oder übermorgen zwei große Terrorakte in Tel Aviv gibt, dann ist auch alles wieder anders. Das heißt, es gibt hier viele Komponenten, die sich über Nacht ändern können. Ich würde aber noch etwas sagen wollen in Sachen Likud und zwar die 14 Prozent, die Feiglin bekommen hat gestern in der Vorwahl; Feiglin ist ein Rechts-Rechts-Rechtsaußen und das bedeutet etwas, wo der Likud heute steht und auch das wird den Gegnern des Likuds den Wahlkampf erleichtern.
Remme Wird Kadima die israelische Politik auf Dauer verändern?
Neuberger Das ist noch offen. Es könnte sein, dass Kadima im Grunde den Likud in der Zukunft ablöst, dass der Likud im Grunde von der Bühne absteigen wird und dass Kadima nach Scharon im Grunde der neue Likud sein wird. Das ist gut eine Möglichkeit. Es ist viel wahrscheinlicher, dass der Likud von der Bühne weggeht als Kadima, wenn Kadima wirklich wie nach den Meinungsumfragen drei- oder viermal so viel Sitze bekommt, wie der Likud.
Neuberger Guten Morgen.
Remme Wie bewerten Sie das Wahlergebnis und den Sieg von Benjamin Netanjahu?
Neuberger Erstens war es nicht ganz unerwartet und ich würde sagen, zwei Beobachtungen: erstens sind es gute Nachrichten auch für Kadima von Scharon und auch für die Arbeiterpartei und zwar weil Netanjahu und der Likud unter Netanjahu jetzt ganz klar außenpolitisch rechtsradikal ist und auch wirtschaftspolitisch sehr kapitalistisch orientiert. Die Arbeiterpartei, die die Kampagne auf die wirtschaftlichen und sozialen Fragen konzentriert, hat hier einen klaren Gegner, der unpopulär ist und Scharon, der mehr auf Außenpolitik geht und mehr eine gemäßigte Außenpolitik, gemäßigtere als der frühere Likud vertritt, hat auch hier eine klare Linie gegen sich, das heißt, er vertritt das Zentrum und Netanjahu und der Likud die rechtsradikale Position.
Remme Ist denn die Führungskrise des Likud mit dieser Wahl überwunden?
Neuberger In einer bestimmten Hinsicht ja, denn Silvan Shalom, der verloren hat und etwa ein Drittel der Stimmen bekommen hat, hat erklärt, dass er im Likud bleibt, aber der Likud wird, so wie es aussieht, die Wahl nicht gewinnen.
Remme Er wird sie nicht gewinnen, aber ist denn eine Zusammenarbeit mit einem möglichen Wahlsieger Ariel Scharon denkbar geworden durch diese Wahl oder eher unwahrscheinlich?
Neuberger Das ist noch sehr offen. Scharon könnte mit der Arbeiterpartei zusammengehen, er könnte mit dem Likud zusammengehen, es könnte auch zu einer Dreierkoalition kommen. Ich würde sagen - ich meine, es hängt natürlich sehr viel vom Resultat der Wahlen ab - die erste Priorität von Scharon wird eine Regierung Scharon, Kadima mit der Arbeiterpartei sein. Das wird die erste Priorität sein.
Remme Die Wahl von Netanjahu als Vorsitzender des Likud-Blocks ist ja nur eine Facette in diesem Wahlkampf, der leichte Schlaganfall von Ariel Scharon vor wenigen Tagen ein anderer. Heute will er schon wieder die Amtsgeschäfte übernehmen und es ist kein Wunder, wenn er schließlich im Wahlkampf kein Zeichen der Schwäche zeigen wird, aber zeigt nicht alleine schon dieser Schlaganfall, wie sehr Kadima auf die eine Person Ariel Scharon gebaut ist?
Neuberger Ja, das stimmt. Wenn dieser Vorfall schlimmer ausgegangen wäre, wäre die Politik wieder eine ganz andere über Nacht geworden, aber es scheint kein sehr ernsthafter Fall zu sein und Sie haben recht, die Politik in Israel ist sehr labil, ich kann Ihnen auch andere Beispiele geben. Wenn es morgen oder übermorgen zwei große Terrorakte in Tel Aviv gibt, dann ist auch alles wieder anders. Das heißt, es gibt hier viele Komponenten, die sich über Nacht ändern können. Ich würde aber noch etwas sagen wollen in Sachen Likud und zwar die 14 Prozent, die Feiglin bekommen hat gestern in der Vorwahl; Feiglin ist ein Rechts-Rechts-Rechtsaußen und das bedeutet etwas, wo der Likud heute steht und auch das wird den Gegnern des Likuds den Wahlkampf erleichtern.
Remme Wird Kadima die israelische Politik auf Dauer verändern?
Neuberger Das ist noch offen. Es könnte sein, dass Kadima im Grunde den Likud in der Zukunft ablöst, dass der Likud im Grunde von der Bühne absteigen wird und dass Kadima nach Scharon im Grunde der neue Likud sein wird. Das ist gut eine Möglichkeit. Es ist viel wahrscheinlicher, dass der Likud von der Bühne weggeht als Kadima, wenn Kadima wirklich wie nach den Meinungsumfragen drei- oder viermal so viel Sitze bekommt, wie der Likud.