Migrationsdebatte
Lindner will bei Gesprächen mit der Union mitreden - Grüne auch bereit

Der FDP-Vorsitzende Lindner ist offen für Gespräche der Ampelregierung mit der Union über Konsequenzen aus dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag von Solingen. Zuvor hatte CDU-Chef Merz der SPD angeboten, Asyl-Reformen gemeinsam zu beschließen - FDP und Grüne könnten dabei außen vor bleiben. Den Vorschlag hält Lindner für Wahlkampf-Taktik.

    Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender, trägt während einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei mehrere Wasserflaschen.
    FDP-Chef Lindner beim Wahlkampf FDP in Sachsen (picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    "Die CDU ist nach der Ära Merkel bereit, Verantwortung für die Migrationspolitik in Deutschland und die Versäumnisse, die wir haben, zu übernehmen", sagte Lindner in der ARD-Sendung "Maischberger". Deshalb spreche nichts dagegen, dass die Bundesregierung mit den Ländern und der CDU/CSU-Opposition über mögliche Maßnahmen spreche. "Hier geht es um die vitalen Interessen dieses Landes", fügte Lindner hinzu. "Wir haben das Recht zu wissen, wer in Deutschland ist. Und wir haben im Übrigen auch das Recht zu entscheiden, wer bleiben darf." Alle, die daran mitwirken wollten, seien herzlich willkommen.
    Lindner stellte dabei unmissverständlich klar, dass seine Partei bei solchen Gesprächen mit am Tisch sitzen will. Den jüngsten Vorstoß von CDU-Chef Merz, die SPD könne an ihren Koalitionspartnern Grüne und FDP vorbei mit der Union Reformen beschließen, tat der Bundesfinanzminister als "parteipolitisches Bodenturnen" ab. 

    Scholz kündigt Gespräche mit Union und Ländern an

    Bundeskanzler Scholz kündigte unterdessen baldige Gespräche mit der Union und den Bundesländern über Konsequenzen aus dem tödlichen Anschlag von Solingen an. Scholz sagte in Berlin, man werde Lehren ziehen und nicht zur Tagesordnung übergehen.
    Daher werde Innenministerin Faeser sehr zügig Vertreter der Ministerpräsidentenkonferenz, der größten Oppositionspartei und der beteiligten Bundesministerien einladen. Faeser erklärte inzwischen, sie habe die CDU bereits eingeladen. Wann das Treffen genau stattfinden soll, sagte die SPD-Politikerin nicht. Nötig sei aber ein "Schulterschluss aller politischen Ebenen", um Lehren aus dem Attentat zu ziehen.
    Bei den Gesprächen soll es um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber, um die Bekämpfung des islamistischen Terrors und um das Waffenrecht gehen. Scholz betonte, wer legale Zuwanderung wolle, der müsse die irreguläre Migration begrenzen, damit das Land nicht überfordert werde.
    CDU-Chef Merz hatte dem Kanzler am Dienstag angeboten, bei der Verschärfung der Migrationspolitik zusammenzuarbeiten und Gesetzesänderungen gegebenenfalls mit einer Mehrheit von Union und SPD zu verabschieden. Die SPD-Vorsitzende Esken sagte dazu, man sei verhandlungsbereit, aber nicht, wenn das an den Ampel-Partnern vorbeigehe.

    Grüne auch zu Gesprächen bereit - Positionspapier für härtere Gangart

    Der Grünen-Vorsitzende Nouripour zeigt sich grundsätzlich bereit, über Vorschläge der Union zur Migrationspolitik zu sprechen. Er äußerte aber Bedenken bei der Umsetzbarkeit. Nouripour sagte im Deutschlandfunk, die Union habe sehr viele Vorschläge gemacht. Er habe aber mehr Fragen als vorher. Als Beispiel nannte Nouripour die Forderung, mit afghanischen Behörden über die Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern zu verhandeln. Es gebe in Afghanistan nur eine Terrorherrschaft der Taliban. Wenn man mit denen Abkommen treffe, sei dies kein Beitrag zur Bekämpfung des Islamismus.
    Grünen-Fraktionsvize von Notz und Parlamentsgeschäftsführerin Mihalic verlangen in einem Positionspapier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, einen innenpolitischen Kurswechsel. Die beiden schlagen vor, dass Bund und Länder ihre Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen grundlegend neu ausrichten. Sie sprechen sich für eine konsequente Abschiebungen von nichtdeutschen Gefährdern aus und zeigen sich offen für ein schärferes Waffenrecht und mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden.
    Dabei greifen Mihalic und Notz auch Innenministerin Faeser an. Deren Haus verfolge eine "klassische, heute in weiten Teilen veraltete Sicherheitspolitik" und verfange sich "viel zu sehr in Symboldebatten", statt auf die Defizite einzugehen, heißt es in dem Papier.

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    Diese Nachricht wurde am 28.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.