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Lokführerstreik
Weselsky: "Wir fordern unsere Grundrechte ein"

Die GDL gibt sich unnachgiebig. "Wir fordern unsere Grundrechte ein, die werden uns nicht zugestanden", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Claus Weselsky. Der Vorstand der Bahn habe kein Interesse an einer Lösung - sie warte still auf ein mögliches Tarifeinheitsgesetz, "um sich der GDL als Partner zu entledigen".

04.05.2015
    Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky
    Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky (imago stock & people)
    Die Bahn rufe seit Monaten nach Verhandlungen, doch ein Ergebnis gebe es nicht, klagte Weselsky. "Das letzte Zwischenergebnis stammt vom 23. Februar 2015. Ohne Ergebnisse gibt es keinen Wiedereinstieg in die Verhandlungen." Er warf dem Vorstand der Deutschen Bahn um Ulrich Weber vor, eine Verhandlungstaktik mit "einem Schritt nach vorne, zwei Schritte zurück" vor. "Um dann jederzeit alles wieder infrage zu stellen. Seit Februar agiert die Bahn so." Seitdem habe es fünf Verhandlungsrunden und zahlreiche Sondierungen ohne Lösung gegeben.
    Schlichtung abgelehnt
    Ziel sei es, den Flächentarifvertrag der GDL auch für Zugbegleiter, Lokrangierführer, Disponenten und Zugbegleiter zur Anwendung zu bringen. "Wir wollen keine Nichtmitglieder oder Mitglieder anderer Gewerkschaften tarifieren", sagte Weselsky. "Es geht darum, alle unsere Mitglieder zu tarifieren." Und das sei im Grundgesetz festgelegt. Eine Schlichtung lehnte Weselsky deutlich ab. "Über Grundrechte lassen wir nicht schlichten."
    Die Bahn wolle mit einem neuen Begriff des Lokrangierführers ein neues Berufsbild schaffen, und zwar in Kooperation mit der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG. Diese sollten dann anders zu behandeln sein in Entlohnung und Arbeitszeit. "Das lässt erkennen, dass die Bahn mit der EVG die Tariflage vorgeben will, und die GDL hat sich dann daran zu halten." Diesen "Billiglokomotivführer" werde es mit der GDL nicht geben. Weselsky sieht verschiedene Gründe für das Verhalten der Bahn. Seit 2007 habe die GDL jährlich 4,8 Prozent Tarifsteigerung erreicht. "Die Bahn will sich eines unliebsamen Partners entledigen."
    Weselsky sieht Tarifeinheitsgesetz als Ziel der Bahn
    Er glaube, dass die Bahn die Zielsetzung habe, ein mögliches Tarifeinheitsgesetz, das heute Thema im Bundestag ist, abzuwarten - "damit sie preiswertere Verträge mit ihrer Hausgewerkschaft EVG abschließen kann". Im aktuellen Tarifstreit sei aber das Entgelt nicht das Hauptthema. Neben den Zuständigkeiten fordert Weselsky eine Absenkung der Arbeitszeit, bessere Schichtrhythmen und eine klare Begrenzung der Überstunden. "Ohne das nützen die Mehrzahlungen nichts", sagte Weselsky.
    Die Bahn nehme hohe Kosten des Streiks hin, sagte Weselsky. "Das Geld, das die Bahn zum Aushalten des Streiks verliert, würde jahrelang alle Forderungen der GDL erfüllen." Er verwies bei Fragen nach wirtschaftlichen Folgen auf die Privatisierung der Bahn 1993. "Früher waren Beamte im Dienst", sagte Weselsky. "Der Beamtenstatus regelt vieles von dem, was wir nun im Streik erzwingen müssen."
    Längster Streik der Geschichte steht bevor
    Heute soll der längste Streik in der Geschichte beginnen: Die Lokführergewerkschaft GDL will ab 15 Uhr den Güterverkehr lahmlegen, ab 2 Uhr in der Nacht zum Dienstag ist der Personenverkehr dran. Auch wenn die Bahn an einem Notfallfahrplan arbeitet, müssen sich Reisende auf sechs Tage voller Zugausfälle und ungewisser Verbindungen einstellen. Die Bahn bietet Erstattungen an.
    "Erneut zwingt die Deutsche Bahn die eigenen Lokomotivführer, Lokrangierführer und Zugbegleiter zum Arbeitskampf", erklärte die GDL am Sonntagabend. Die alten Streitpunkte zwischen Bahn und GDL - vor allem die Zuständigkeit der Gewerkschaft für andere Berufsgruppen als die der Lokführer - sind weiterhin ungelöst. Der SPD-Verkehrspolitiker Andreas Rimkus nannte im Deutschlandfunk wie andere Beobachter einen Schlichter als eine mögliche Lösung und warnte vor einem Dauerstreik.
    (nch/sima)