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Luftfilter
Mit Moos gegen Feinstaub

Feinstaub in Städten wird ein immer größeres Problem. Bislang gab es keine wirksamen, aktiven Luft-Filtermethoden, sondern Fahrverbote, sogenannte Umweltzonen. Dresdner Hochschulabsolventen wollen die Städte mit Mooswänden von Feinstaub befreien.

Von Annegret Faber | 09.06.2016
    Abgase kommen aus einem Auspuff
    In Städten ist die Feinstaubbelastung oft hoch. (Marcus Führer/dpa)
    Was findet man in allen Städten, hat aber keinerlei positive Umweltwirkung? Plakatwände. Diese Erkenntnis war der Ausgangspunkt für das Projekt der Dresdner Hochschulabsolventen. Entsprechend sieht die Mooswand aus. Auf einer Wiese, gleich neben dem Bürgersteig, steht sie. Vier Meter hoch, drei Meter breit. Allerdings ist da kein Plakat reingespannt, sondern hunderte Blumentöpfe.
    "Man atmet hier tief und spürt einen Waldgeruch, das kommt vom Moos."
    Der Gartenbauingenieur Peter Sänger ist einer der Vier Entwickler der Mooswand und ist fest von deren Wirkung überzeugt. Auch Dénes Honus, der gleich neben ihm steht. Er hat in Dresden und Straßburg Urban Design und Architektur studiert.
    "Damit die Wand stehen kann, im urbanen Raum, ist sie ab etwa einen Meter Höhe im Fußbereich wie auf gesplittet und hat zu beiden Seiten ausgerundete Füße. Das hat damit zu tun, dass die Anlage nicht im Boden verankert werden muss, sondern innerhalb von wenigen Stunden überall aufgestellt werden kann."
    Bei der Aufstellung muss die Windrichtung stimmen
    City Tree haben sie ihre Entwicklung genannt - Stadtbaum. Die Moos-Wand könne man überall hinstellen. Nur die Windrichtung müsse stimmen, denn das Moos soll ja die Luft filtern. 70 Sensoren messen ständig die Feuchtigkeit in den Töpfen. Der Strom kommt von einer Solarzelle auf dem Gestell, in vier Meter Höhe. Ein 1.000-Liter-Tank, im Fuß des City Tree, sorgt für ausreichend Wasser. Ist der leer, bekommt die jeweils verantwortliche Stelle eine E-Mail. Denn das Moos ist Dreh und Angelpunkt. Im Umkreis von bis zu 50 Meter holt es bis zu 30 Prozent des Feinstaubes aus der Luft, so die Entwickler. Aber wie soll das funktionieren?
    "Auf der einen Seite ist die Anlage erst einmal zweiseitig begrünt, also man hat hier zweimal drei mal drei Meter, ist also grob bei 15 bis 18 Quadratmeter. Und zum Anderen ist auch wichtig, zu wissen, dass die 18 Quadratmeter in der richtigen Höhe im Stadtraum angebracht sind."
    Moos kann Feinstaub umwandeln
    Feinstaub sammelt sich vor allem am Boden bis in vier Meter Höhe. Bäume haben in dieser Höhe meistens nur den Stamm, aber keine Blätter.
    "Auf der anderen Seite ist es wichtig, zu wissen, dass jede der einzelnen 1.682 Mooskulturen, die hier drin sitzen, das ist eine Handvoll Moos, so kann man sich das vorstellen, haben etwa die Blattoberfläche eines normalen Straßenbaums."
    Moose haben eine sehr feingliedrige Struktur mit Millionen kleinen Blättchen. Peter Sänger nimmt aus einem der Blumentöpfe das Moos heraus und hält es in seiner Hand. Es ist ein Moosballen und oben drauf wächst eine kleine Pflanze.
    "Die teilen sich hier die Aufgabe. Letztendlich ist das Moos hervorragend geeignet, Feinstaub aufzunehmen und vollständig umzuwandeln. Das heißt, es bleibt weder ein Rest übrig noch die Möglichkeit, dass der Feinstaub zurück ins System gelangt. Und die Pflanze, die darauf wächst, die haben den Effekt CO2, Stickoxide und andere gasförmige Verunreinigungen aufzunehmen und frisches O2, also Sauerstoff zu produzieren."
    Moose wirken wie Schwämme
    Moos ist ein guter Luftfilter, bestätigt der Botaniker Dr. Peter Otto von der Leipziger Universität.
    "Diese Moose wirken ja wie Schwämme. Das sind ja sehr komplexe Strukturen, die haben einen anderen Aufnahmemechanismus. Die nehmen nicht über die Wurzeln auf, wie eine höhere Pflanze, sondern direkt über die Blattoberfläche und das bedeutet bei dieser Nährstoffaufnahme, dass es auch spezielle Bindungskräfte geben muss, um diese Nährstoffe zu fixieren und dann auch aufzunehmen."
    Allerdings könnten Moose sie nicht alle Feinstäube filtern, wendet der Botaniker ein.
    "Es gibt beispielsweise Dieselruß, Kohlenstoffverbindungen und bestimmte Metalle, die auch nicht von den Moosen aufgenommen werden können."
    Moose haben ein beachtliches Potenzial, sagt Peter Otto, das Feinstaubproblem alleine lösen, können sie aber nicht. Trotzdem seien derartige Mooswände in Städten sinnvoll. Schwierig sei es, die richtigen Moosarten für den entsprechenden Standort zu finden und sie vorm Austrocknen zu schützen. Ob City Tree tatsächlich die Wirkung von 275 Bäumen hat, das muss noch bewiesen werden. Tests am Leibnitz Institut für Troposphärenforschung in Leipzig laufen derzeit. Doch schon jetzt zeigt sich deutlich. City Tree erzeugt Frischluft und ist zum Entspannen und tief durchatmen, jenseits des Straßenverkehrs, gut geeignet.