Samstag, 20. April 2024

Archiv

Luftverschmutzung
Europäischer Rechnungshof rügt die Kontrollen der EU-Kommission

In der EU seien jedes Jahr 400.000 vorzeitige Todesfälle wegen Luftverschmutzung zu beklagen, so der Europäische Rechnungshof. Die Behörde rügt die Qualität der Luft in Europa - und mahnt klarere Regeln und Kontrollen durch die EU-Kommission an.

Von Bettina Klein | 11.09.2018
    Das Auspuffrohr eines älteren Fahrzeugs ist an einer befahrenen Durchgangsstraße in Stuttgart zu sehen.
    Unter anderem war die Luftqualität in Stuttgart (dpa-Bildfunk / Bernd Weißbrod)
    Das Fazit des Europäischen Rechnungshofes fällt einigermaßen ernüchternd in dreierlei Hinsicht aus. Erstens: Die meisten Staaten verstoßen gegen EU-Normen zur Luftqualität und unternehmen nicht genug, um die Situation zu verbessern. Dabei sind zweitens die Kontrollmechanismen der EU-Kommission zu langsam oder nicht effektiv genug, um die Normen durchzusetzen. Und drittens: Die Richtlinien selbst sind veraltet und bleiben hinter dem zurück, was die Weltgesundheitsorganisation eigentlich an Grenzwerten festgelegt hat.
    400.000 vorzeitige Todesfälle wegen Luftverschmutzung sind EU-weit pro Jahr zu beklagen, so der Rechnungshof. Verantwortlich dafür sind vor allem Feinstaub, Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid und bodennahes Ozon.
    Unterschiedliche Wahrnehmungen von Qualität
    Sechs Städte als Brennpunkte hoher Luftverschmutzung wurden dazu noch genauer unter die Lupe genommen: Brüssel, Mailand, Sofia, Krakau, Ostrava und Stuttgart. Auch wenn sich die Situation überall gebessert hat - entweder bei Feinstaub oder bei Stickstoffdioxid lagen diese Städte im Jahresdurchschnitt 2016 über den EU Grenzwerten - teils weit über denen der WHO. Dazu kommt, dass man sich noch nicht mal auf einen einheitlichen Index geeinigt hat, wie man die Bürger informiert.
    Was laut Europäischer Umweltagentur als gute Luftqualität gilt, wird in Brüssel als ausgezeichnet oder sehr gut ausgewiesen. Was die Agentur als schlechte Luft bezeichnet, geht in Sofia noch als ordentlich durch. Die Luftqualitätspläne, die von den einzelnen Staaten angefordert werden, sind in der Umsetzung schwierig und reichen nicht aus. Die Vertragsverletzungsverfahren, von denen es inzwischen diverse gibt, dauern zu lange.
    Der Rechnungshof empfiehlt demzufolge der Kommission diese Verfahren zu intensivieren und wirksamer zu gestalten. Außerdem soll sie die seit 2008 geltende Luftqualitätsrichtlinie aktualisieren - und der Luftqualität bei allen politischen Entscheidungen insgesamt mehr Priorität einzuräumen. Nicht zuletzt fordert der Rechnungshof das öffentliche Bewusstsein für das Problem zu stärken und die Öffentlichkeit besser über die Situation zu unterrichten.