Dienstag, 23. April 2024

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Maas-Antrittsbesuch in Polen
Hohe Erwartungen an deutsches Entgegenkommen

Auf Paris folgt Warschau: Diese Mission ist für Außenminister Heiko Maas schwierig. Seit in Polen die rechtskonservative Partei PiS regiert, sind die deutsch-polnischen Beziehungen merklich abgekühlt. Dem neuen Chef im Auswärtigen Amt blickt man in Warschau mit deutlichen Erwartungen entgegen.

Von Florian Kellermann | 16.03.2018
    14.03.2018, Berlin: Außenminister Heiko Maas (beide SPD) hält vor Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes seine Antrittsrede. Maas wurde zuvor im Bundestag vereidigt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Der neue Bundesaußenminister Maas (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld )
    Der Besuch unterstreicht, dass beide Regierungen sich zumindest bemühen, die deutsch-polnischen Beziehungen wieder zu verbessern. Heiko Maas wählt Warschau als - nach Paris - zweite Hauptstadt, in der er seinen Antrittsbesuch abstattet. In Polen wird er auch von Staatspräsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki empfangen. Maas Amtskollege Jacek Czaputowicz sagte im Vorfeld:
    "Wir werden nicht nur über die gemeinsamen Beziehungen sprechen, sondern auch über die Zukunft der Europäischen Union. Es wird dabei um die Integration der Mitgliedsstaaten gehen und um die Struktur-Fonds. Wir haben unseren Standpunkt. Jetzt warten wir auf deutsche Initiativen."
    Polens Interesse an den Töpfen aus Brüssel
    In Paris zeigte sich Heiko Maas offen für viele der Reform-Ideen aus der französischen Regierung. In Warschau wird der neue Außenminister genau das Gegenteil zu hören bekommen: Die polnische Regierung will nicht mehr, sondern weniger Integration. Ihre Antwort auf die Probleme der Gemeinschaft lautet: Die nationalen Parlamente sollen mehr Mitspracherecht bekommen.
    Auch in Bezug auf den EU-Haushalt hat Warschau eigene Vorstellungen: Polen würde im künftigen Finanzrahmen, der ab 2021 gelten wird, am liebsten alles beim Altem lassen. Ein Sonderbudget für die Euro-Länder lehnt Warschau ebenso ab wie Sondermittel für die Aufnahme von Flüchtlingen. Denn aus diesen Töpfen würde Polen – Stand jetzt – nichts bekommen.
    Polen will weitere Reparationen aus Deutschland
    Nicht nur in Sachen Europa kann Maas in Warschau kaum auf harmonische Gespräche hoffen. Auch schwierige Themen im deutsch-polnischen Verhältnis werden auf den Tisch kommen. Eines ist die polnische Debatte über Reparationen, die Deutschland noch für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg schuldig sei. Außenminister Czaputowicz:
    "Vom früheren Außenminister Sigmar Gabriel hatte ich die Zusage, dass Experten diese Frage diskutieren werden. Ich werde sie sicher wieder ansprechen."
    Maas hatte Brüssel im Verfahren gegen Polen gestützt
    Umgekehrt wird Heiko Maas wohl die polnische Justizreform ansprechen, die vor kurzem in Kraft getreten ist. Die EU-Kommission hat deshalb ein Verfahren gegen Polen eingeleitet – sie sieht eine Gefahr für den Rechtsstaat. Tatsächlich verstärkt die Reform den Einfluss der Politik auf die Gerichte.
    Bartosz Rydlinski, Politologe an der Kardinal Wyszynski-Universität in Warschau:
    "Vergessen wir nicht, dass sich Heiko Maas als Justizminister sehr kritisch über die Justizreform in Polen geäußert hat. Er hat Brüssel unterstützt, als die EU-Kommission den Artikel 7 des EU-Vertrags ausgelöst hat."
    Rascher Antrittsbesuch in Polen wohlwollend kommentiert
    Und doch verbinden die Verantwortlichen in Warschau auch Hoffnungen mit dem neuen deutschen Außenminister. Vor allem, dass er eine kritischere Haltung zu Russland einnimmt als sein Vorgänger Sigmar Gabriel. Die polnische Regierung will insbesondere eine zusätzliche Pipeline verhindern, die Gas durch die Ostsee direkt von Russland nach Deutschland transportieren soll.
    Der rasche Antrittsbesuch von Maas wird in Polen wohlwollend kommentiert, regelrecht enthusiastische Reaktionen haben indes Meldungen ausgelöst, dass am kommenden Montag Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Warschau kommen wird. Der Korrespondent des öffentlichen Fernsehens TVP Cezary Gmyz kommentierte:
    "Das ist ein Umbruch. Noch nie ist die Kanzlerin nach ihrer Wahl im Bundestag so schnell nach Polen gekommen. In der vergangenen Legislaturperiode war es erst ihre achte Reise, die sie nach Warschau führte. Sie schätzt die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen richtig ein."
    Doch im Moment spricht nicht viel dafür, dass die Besuche nicht mehr als aufmerksame Kontaktpflege sein werden.