Sandra Schulz: Nach dem Putsch in Honduras Ende Juni zeichnet sich ein neuer Höhepunkt des Machtkampfes ab. Auch die Vermittlungen des Friedensnobelpreisträger Oscar Arias haben die Kontrahenten einander keinen Schritt näher gebracht, er warnt jetzt sogar vor einem Bürgerkrieg. Der entmachtete Präsident Zelaya strebt eine Rückkehr ins Amt an, die Putschregierung unter Roberto Micheletti stemmt sich mit aller Kraft dagegen. Der Machtkampf, wie gesagt, er steuert auf einen neuen Höhepunkt zu, denn Zelaya plant jetzt abermals seine Rückkehr ins Land. Abermals, weil das schon der zweite Versuch ist, der erste scheiterte, weil die Putschisten den Flughafen der Hauptstadt Tegucigalpa vom Militär blockieren ließen. Zelaya ist jetzt mit einem Autokonvoi auf dem Weg zur Grenze nach Honduras, die neuen Machthaber in Tegucigalpa haben in der Zwischenzeit eine Ausgangssperre verhängt an der Grenze zu Nicaragua. Und die ganze Situation wollen wir einordnen mit Günther Maihold. Er ist der stellvertretende Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, dort zuständig für Lateinamerika und mir jetzt telefonisch zugeschaltet. Guten Morgen!
Günther Maihold: Guten Morgen!
Schulz: Herr Maihold, dieses Mal plant Zelaya wie gesagt die Einreise auf dem Landwege. Können die Putschisten ihn ein zweites Mal daran hindern?
Maihold: Ich glaube nicht. Es ist absehbar, dass sie wahrscheinlich versuchen werden, ihn festzunehmen und der Gerichtsbarkeit zu übergeben, um auf diese Weise auch jetzt intern ein Exempel zu statuieren, dass sie in der Lage sind, die Verletzung der Verfassung durch Zelaya in einem ordentlichen Gerichtsverfahren auch zu ahnden.
Schulz: Jetzt strömen die Anhänger Zelayas auch schon zur Grenze - wie groß ist Ihre Sorge vor einem Gewaltausbruch?
Maihold: Was Zelaya damit bewirkt, ist natürlich eine weitere Polarisierung der Gesellschaft. Wir haben ja schon in den vergangenen Wochen in Honduras Demonstrationen der einen oder anderen Seite gesehen, zur Unterstützung von Zelaya und zur Unterstützung der Interimsregierung. Dies wird sich weiter verschärfen. Und es ist natürlich auszuschließen, dass es dabei auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. Das ist ja auch ein Punkt, den der Vermittler Oscar Arias als Gefahr deutlich gekennzeichnet hat. Und da wird sich dann die internationale Gemeinschaft nicht zurückziehen können, sondern wird auch weiterhin durch Friedensmaßnahmen es begleiten müssen.
Schulz: Gewaltausbruch, die Situation an der Grenze ist die eine Frage, und die andere, das haben Sie gerade angedeutet, die Warnung von Arias vor einem Bürgerkrieg. Wie ernst nehmen Sie die?
Maihold: Also Bürgerkrieg halte ich für die falsche Kategorie. Zumindest nach der jetzigen Lage muss man davon ausgehen, dass es eben durchaus gewaltbereite Akteure gibt in der Gruppe, die Zelaya unterstützt, und auf der anderen Seite natürlich auch das Militär. Dass dadurch aber eine breite Auseinandersetzung der Gesellschaft herangeführt würde, das halte ich für eher unwahrscheinlich. Dass es aber sozusagen zu einem höheren Blutzoll einer politischen Auseinandersetzung kommt, das ist wahrscheinlich.
Schulz: Warum ist die Vermittlung denn überhaupt gescheitert?
Maihold: Das ist die Frage. Die Interimsregierung sagt ja, der Vermittlungsprozess hält weiter an. Sie hat die letzte Fassung des Plans von Arias jetzt in verschiedenen, sozusagen der Justiz und dem Militär und so weiter zur Kenntnis gegeben und will noch mal darauf reagieren, während Zelaya das als gescheitert und abgeschlossen betrachtet. Letztendlich wird durch seine Rückkehr natürlich nur beschleunigt die Tatsache, dass man zu einer wie auch immer gearteten Vereinbarung kommen muss. Die internationale Gemeinschaft wird dadurch nicht nur in der Rolle des Beobachters überleben können.
Schulz: Sondern, welche Rolle muss die internationale Gemeinschaft einnehmen?
Maihold: Sie hat sich natürlich in eine etwas schwierige Lage begeben dadurch, dass sie sich auf die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung und die Rückkehr Zelayas so durchgängig eingelassen hat. Dadurch bleibt ihr eigentlich wenig Spielraum, außer Zelaya immer wieder in das Amt zurückzufordern. Sie muss aber davon ausgehen - und das hat sich in den vergangenen Wochen ja gezeigt -, dass die honduranische Elite, vom Militär über den Obersten Gerichtshof, das Parlament, die katholische Kirche, wohl sehr stark und gemeinsam an dieser Ablehnung von Zelaya festhalten, sodass man vielleicht eine juristisch etwas konstruierte Lösung finden muss, um die beiden Forderungen zusammenzubringen, in dem man ihn kurzfristig noch mal ins Amt lässt und er dann sofort mit einem Amtsenthebungsverfahren belegt wird oder vergleichbare Lösungen.
Schulz: Und wie ginge es dann weiter?
Maihold: Die eigentliche Lösung ist die Neuwahl, die steht ohnehin für den 28. November auf dem Plan. Oscar Arias hat ja vorgeschlagen, sie um mindestens einen Monat vorzuziehen. Das ist sicherlich ein sinnvoller Weg, um überhaupt wieder zurückzukehren zu einem geordneten Verfahren und die konkurrierenden Ansprüche dieser beiden Präsidenten zu beerdigen.
Schulz: Sie haben es gerade angesprochen, dieser Vermittlungsplan sieht vor, zumindest für eine Übergangszeit Zelaya zurückzuheben aufs Amt als Präsident in Honduras, aber ist das nicht gerade für die Gegenseite eine Provokation, auf deren Verzicht vielleicht auch eine ganze Reihe an Besänftigungsreaktionen folgen würde?
Maihold: Das ist genau der Punkt, vor allem fordert Arias ja eine Regierung der nationalen Einheit. Nun wissen wir alle, dass in Honduras und Lateinamerika wir präsidentielle Regierungssystem haben, also das Kabinett in der Regel keine Rolle spielt, sondern der Präsident die Richtlinien in der Politik bestimmt. Insofern ist das für die Putischisten keine akzeptable Regelung. Das heißt, die Option, die man spielen könnte, wäre eben, einen dritten Kandidaten zu versuchen, der in der Lage ist, zur Beruhigung der Gesellschaft und der internationalen Interessen am Fall Honduras beizutragen. Aber bislang ist diese Person noch nicht zu erkennen.
Schulz: Und das bedeutet aber auch, dass sich eigentlich beide Kontrahenten, also sowohl Zelaya als auch Micheletti, eigentlich zurückziehen müssten?
Maihold: Das ist ein Punkt. Micheletti hat ja im Prinzip seine Bereitschaft dazu bekundet, für Zelaya würde das natürlich das Ende seiner politischen Wirksamkeit bedeuten. Und wir wissen aus der internationalen Politik, Statusfragen sind immer die am schwierigsten zu verhandelnden, insofern wird es da schon noch massiver Überzeugungsleistung bedürfen. Aber die Tatsache, dass Zelaya sich eben von Hugo Chavez bis zur Regierung der USA unterstützt fühlt, wird nicht dazu beitragen, dass er in diesem Punkt so schnell zu Zugeständnissen bereit sein wird.
Günther Maihold: Guten Morgen!
Schulz: Herr Maihold, dieses Mal plant Zelaya wie gesagt die Einreise auf dem Landwege. Können die Putschisten ihn ein zweites Mal daran hindern?
Maihold: Ich glaube nicht. Es ist absehbar, dass sie wahrscheinlich versuchen werden, ihn festzunehmen und der Gerichtsbarkeit zu übergeben, um auf diese Weise auch jetzt intern ein Exempel zu statuieren, dass sie in der Lage sind, die Verletzung der Verfassung durch Zelaya in einem ordentlichen Gerichtsverfahren auch zu ahnden.
Schulz: Jetzt strömen die Anhänger Zelayas auch schon zur Grenze - wie groß ist Ihre Sorge vor einem Gewaltausbruch?
Maihold: Was Zelaya damit bewirkt, ist natürlich eine weitere Polarisierung der Gesellschaft. Wir haben ja schon in den vergangenen Wochen in Honduras Demonstrationen der einen oder anderen Seite gesehen, zur Unterstützung von Zelaya und zur Unterstützung der Interimsregierung. Dies wird sich weiter verschärfen. Und es ist natürlich auszuschließen, dass es dabei auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. Das ist ja auch ein Punkt, den der Vermittler Oscar Arias als Gefahr deutlich gekennzeichnet hat. Und da wird sich dann die internationale Gemeinschaft nicht zurückziehen können, sondern wird auch weiterhin durch Friedensmaßnahmen es begleiten müssen.
Schulz: Gewaltausbruch, die Situation an der Grenze ist die eine Frage, und die andere, das haben Sie gerade angedeutet, die Warnung von Arias vor einem Bürgerkrieg. Wie ernst nehmen Sie die?
Maihold: Also Bürgerkrieg halte ich für die falsche Kategorie. Zumindest nach der jetzigen Lage muss man davon ausgehen, dass es eben durchaus gewaltbereite Akteure gibt in der Gruppe, die Zelaya unterstützt, und auf der anderen Seite natürlich auch das Militär. Dass dadurch aber eine breite Auseinandersetzung der Gesellschaft herangeführt würde, das halte ich für eher unwahrscheinlich. Dass es aber sozusagen zu einem höheren Blutzoll einer politischen Auseinandersetzung kommt, das ist wahrscheinlich.
Schulz: Warum ist die Vermittlung denn überhaupt gescheitert?
Maihold: Das ist die Frage. Die Interimsregierung sagt ja, der Vermittlungsprozess hält weiter an. Sie hat die letzte Fassung des Plans von Arias jetzt in verschiedenen, sozusagen der Justiz und dem Militär und so weiter zur Kenntnis gegeben und will noch mal darauf reagieren, während Zelaya das als gescheitert und abgeschlossen betrachtet. Letztendlich wird durch seine Rückkehr natürlich nur beschleunigt die Tatsache, dass man zu einer wie auch immer gearteten Vereinbarung kommen muss. Die internationale Gemeinschaft wird dadurch nicht nur in der Rolle des Beobachters überleben können.
Schulz: Sondern, welche Rolle muss die internationale Gemeinschaft einnehmen?
Maihold: Sie hat sich natürlich in eine etwas schwierige Lage begeben dadurch, dass sie sich auf die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung und die Rückkehr Zelayas so durchgängig eingelassen hat. Dadurch bleibt ihr eigentlich wenig Spielraum, außer Zelaya immer wieder in das Amt zurückzufordern. Sie muss aber davon ausgehen - und das hat sich in den vergangenen Wochen ja gezeigt -, dass die honduranische Elite, vom Militär über den Obersten Gerichtshof, das Parlament, die katholische Kirche, wohl sehr stark und gemeinsam an dieser Ablehnung von Zelaya festhalten, sodass man vielleicht eine juristisch etwas konstruierte Lösung finden muss, um die beiden Forderungen zusammenzubringen, in dem man ihn kurzfristig noch mal ins Amt lässt und er dann sofort mit einem Amtsenthebungsverfahren belegt wird oder vergleichbare Lösungen.
Schulz: Und wie ginge es dann weiter?
Maihold: Die eigentliche Lösung ist die Neuwahl, die steht ohnehin für den 28. November auf dem Plan. Oscar Arias hat ja vorgeschlagen, sie um mindestens einen Monat vorzuziehen. Das ist sicherlich ein sinnvoller Weg, um überhaupt wieder zurückzukehren zu einem geordneten Verfahren und die konkurrierenden Ansprüche dieser beiden Präsidenten zu beerdigen.
Schulz: Sie haben es gerade angesprochen, dieser Vermittlungsplan sieht vor, zumindest für eine Übergangszeit Zelaya zurückzuheben aufs Amt als Präsident in Honduras, aber ist das nicht gerade für die Gegenseite eine Provokation, auf deren Verzicht vielleicht auch eine ganze Reihe an Besänftigungsreaktionen folgen würde?
Maihold: Das ist genau der Punkt, vor allem fordert Arias ja eine Regierung der nationalen Einheit. Nun wissen wir alle, dass in Honduras und Lateinamerika wir präsidentielle Regierungssystem haben, also das Kabinett in der Regel keine Rolle spielt, sondern der Präsident die Richtlinien in der Politik bestimmt. Insofern ist das für die Putischisten keine akzeptable Regelung. Das heißt, die Option, die man spielen könnte, wäre eben, einen dritten Kandidaten zu versuchen, der in der Lage ist, zur Beruhigung der Gesellschaft und der internationalen Interessen am Fall Honduras beizutragen. Aber bislang ist diese Person noch nicht zu erkennen.
Schulz: Und das bedeutet aber auch, dass sich eigentlich beide Kontrahenten, also sowohl Zelaya als auch Micheletti, eigentlich zurückziehen müssten?
Maihold: Das ist ein Punkt. Micheletti hat ja im Prinzip seine Bereitschaft dazu bekundet, für Zelaya würde das natürlich das Ende seiner politischen Wirksamkeit bedeuten. Und wir wissen aus der internationalen Politik, Statusfragen sind immer die am schwierigsten zu verhandelnden, insofern wird es da schon noch massiver Überzeugungsleistung bedürfen. Aber die Tatsache, dass Zelaya sich eben von Hugo Chavez bis zur Regierung der USA unterstützt fühlt, wird nicht dazu beitragen, dass er in diesem Punkt so schnell zu Zugeständnissen bereit sein wird.