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Machtprobe in den USA

Die Republikaner drohen, dem US-Haushalt ihre Zustimmung zu verweigern, wenn die nächste Stufe der "Obamacare" genannten Gesundheitsreform in Kraft trete. Dann müsste allerdings ein Drittel aller Regierungseinrichtungen schließen.

Von Marcus Pindur | 30.09.2013
    Vom Senat ins Repräsentantenhaus, zurück in den Senat, wieder ins Repräsentantenhaus, von da aus noch mal in den Senat. Ein parlamentarisches Ping-Pong-Spiel entfaltet sich im amerikanischen Kongress – und ein Kompromiss über die Verlängerung des Haushaltes ist nicht in Sicht. Das heißt, dass es voraussichtlich zu einem "Government Shutdown" kommen wird, zu einer Zwangsschließung vieler Regierungsbehörden. In seiner wöchentlichen Radio-Ansprache erklärte Präsident Obama nochmals, dass er nicht willens sei, einer Verschiebung seiner Gesundheitsreform zuzustimmen, um den Shutdown zu verhindern.

    "Am Freitag hat der Senat ein Haushaltsgesetz verabschiedet, das den Shutdown verhindern würde. Aber die Republikaner im Repräsentantenhaus waren eher damit beschäftigt, einen extremen Flügel ihrer Partei zufriedenzustellen, als einen Haushalt zu verabschieden. Jetzt müssen die Republikaner sich entscheiden, ob sie sich dem Vorschlag des Senates anschließen wollen, um die Regierung am Arbeiten zu halten, oder ob sie eine politische Krise herbeiführen wollen, um ihre ideologische Agenda voranzutreiben."

    Die Agenda der Republikaner sieht derweil vor, den Haushalt nur dann zu verabschieden, wenn die Gesundheitsreform, genannt Obamacare, um ein Jahr verschoben wird, so der gestrige Beschluss des Repräsentantenhauses. Damit haben sich erneut die Anhänger der Tea Party durchgesetzt, die die Führung der Republikaner seit Wochen in dieser Frage vor sich hertreiben.

    Der Präsident und der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, weisen darauf hin, dass Obamacare bereits vor vier Jahren von beiden Kammern des Kongresses beschlossen, vom Obersten Gerichtshof als verfassungsgemäß bestätigt worden sei und eine Präsidentschaftswahl überstanden habe. Die Taktik der Republikaner sei ein Versuch der politischen Erpressung. Einer der politischen Stars der Tea Party, Senator Rand Paul aus Kentucky, drehte das Argument herum: Der Präsident müsse Kompromissbereitschaft zeigen und über Gesundheitsreform verhandeln, um den Government Shutdown zu verhindern.

    "Ich denke nicht, dass ein Government Shutdown eine gute Idee ist. Aber es ist auch keine gute Idee, wenn der Präsident 100 Prozent von dem bekommt, was er will, ohne Kompromiss."

    An die Kompromissfähigkeit der Republikaner glaubt aber kaum noch ein Demokrat. Denn: Mehr als 40 Mal haben die Republikaner im Repräsentantenhaus gegen die Gesundheitsreform gestimmt. Die Republikaner wollten Obamacare nicht verbessern, sondern abschaffen, so der demokratische Senator Richard Durbin aus Illinois.

    "Ich bin bereit, über Änderungen am Gesundheitsgesetz zu reden, aber nicht, wenn man mir eine Pistole an den Kopf hält."

    Der Senat tritt heute im Verlauf des Tages wieder zusammen. Der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid hat keinen Zweifel daran gelassen, dass die obere Parlamentskammer einer Verschiebung der Gesundheitsreform nicht zustimmen wird.

    "Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Jedes Gesetz, das Obamacare die Mittel entzieht, ist tot."

    Präsident Obama kündigte sein Veto gegen eine Verschiebung an.

    Morgen tritt eine wichtige Phase der Gesundheitsreform in Kraft. Bürger, die keine Krankenversicherung haben oder ihre Versicherung wechseln wollen, können sich auf sogenannten Gesundheitsbörsen im Internet für eine Versicherung ihrer Wahl einschreiben. Die Konkurrenz verschiedener Anbieter hat bereits jetzt dazu geführt, dass die Versicherungsprämien in vielen Bundesstaaten gefallen sind.

    Sollten sich Senat und Repräsentantenhaus nicht einigen, dann schließen ab Dienstagnacht, null Uhr Ortszeit, ungefähr ein Drittel sämtlicher Regierungseinrichtungen. Von den 2,1 Millionen. Bundesangestellten müssten ca. 800.000 in einen unbezahlten Zwangsurlaub gehen. Die meisten Behörden haben sich seit Tagen mit Notfallregelungen darauf eingestellt. Der Government Shutdown wird immer wahrscheinlicher.