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Macron und Europa
Nach der Erleichterung geht es ans Eingemachte

Der extrem polarisierte Wahlkampf zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen hat dazu geführt, dass eine intensive Auseinandersetzung mit Macrons Europa-Ideen kaum stattgefunden hat. Bei der hochbrisanten Frage, wie es mit der gemeinsamen Politik in der Eurozone weitergehen soll, ist ein Konsens derzeit nicht absehbar.

Von Bettina Klein | 10.05.2017
    Emmanuel Macron hat die Präsidentenwahl mit seiner Bewegung En Marche gewonnen
    Nun, da der Konfetti-Regen aufgehört hat, schauen manche erst genauer hin, was Macrons Programm im einzelnen für die EU bedeuten könnte. (dpa / picture alliance / Alexandre Marchi)
    So sehr jetzt alle ein "Bekenntnis zu Europa" loben und die "nötigen Reformen" einfordern, so sehr zeigt sich auch, dass die verschiedenen Vertreter verschiedener Parteien und Nationen in der EU teils völlig verschiedene Dinge damit meinen. Die Grünen im Europaparlament etwa gehörten von Anfang zu jenen, die sich am entschiedensten hinter die Vorstellungen von Macron bezüglich der Finanzpolitik in Europa stellten und einen gemeinsamen Aufruf initiierten.
    Weg von einer dogmatischen Sparpolitik
    "Da spielt die Bundesregierung in Deutschland eine ganz wichtige Rolle. Sie muss gemeinsam mit Macron dafür sorgen, dass wir wegkommen von einer dogmatischen Sparpolitik, unter der viele Menschen in Frankreich und in ganz Südeuropa sehr, sehr gelitten haben. Wir haben eine massive Arbeitslosigkeit und massive soziale Ungerechtigkeit."
    Weg von einer dogmatischen Sparpolitik, wie die Grünen- Fraktionsvorsitzende Ska Keller sagt - damit ist eines der Reizthemen in der Euro-Politik angesprochen. Man könnte auch sagen, die alten Debatten sind zurück.
    "Nicht alle Euro-Mitgliedstaaten sind damit einverstanden, dass jemand in Brüssel oder sonst wo jemand sitzt, der über das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente hinweg festlegt, wie nationale Haushalte zu gestalten sind. Das wird ein sehr schwieriges Unterfangen."
    Idee eines Euro-Finanzministers fand bisher keine Mehrheit
    EU- Kommissionspräsident Juncker über die Vorstellungen von Macron zur Stabilisierung der Eurozone. Euro-Finanzminister, Euro-Parlament und Euro-Haushalt - sie sind bereits im Zuge der Euro-Krise vor einigen Jahren ausführlich diskutiert worden, fanden in Europa aber bisher keine Mehrheit. Auch weil dafür EU-Verträge geändert werden müssten. Ökonomische Ungleichgewichte in Europa abzubauen, dieses Ziel wird von vielen geteilt. Die Frage ist , wie.
    "Die Franzosen geben zu viel Geld aus, und geben Geld an der falschen Stelle aus. Aber wer denkt, man könnte jetzt die französische Art und Weise zu sein - sich zu geben, zu leben, zu fühlen - einfach einreißen, das geht nicht."
    Bei der Veranstaltung mit Außenminister Gabriel am Montag in Berlin wird auch klar: Zumindest beim Thema Investitionen und Wachstum ist die SPD auf der Linie von Emanuel Macron.
    "Ich glaube, dass man für Vertragsänderungen in Europa lange, lange braucht. Und es mehr Sinn macht, Dinge zu tun, die das richtige Ziel haben, aber keiner Vertragsänderungen bedürfen. Aber das Ziel, das er verfolgt, Reformen auf der einen Seite und gleichzeitig eine veränderte Wachstumspolitik in Europa ist richtig."
    Herausforderungen im eigenen Land
    Die künftige Präsident muss zunächst mal seine Machtbasis sichern. Ob ihm das gelingt, werden erst die Parlamentswahlen im Juni zeigen. Für den CSU- Politiker Manfred Weber, Chef der EVP Fraktion im Europaparlament, sind das Wichtigste die Hausaufgaben, die Macron im Land selbst zu erledigen hat, so Weber im ZDF.
    "Zunächst werden die Probleme Frankreichs nicht in Brüssel gelöst, sie werden in Paris gelöst werden, das ist seine wichtigste Aufgabe. Und wie wir dann weitergehen, das werden wir dann deutlich machen, wenn es nach den deutschen Bundestagswahlen auch für unser eigenes Land Sicherheit gibt. Ich bin überzeugt, dass vor allem die Eurozone weitere tief greifende Reformen braucht."
    An der Frage der Vergemeinschaftung von Schulden und Aufweichung der Stabilitätskriterien, scheiden sich allein in Deutschland erkennbar die Geister. Die Wahl von Macron führt mit all ihrem Schwung zunächst erst einmal dazu, dass die bekannten unterschiedlichen Vorstellungen über die Zukunft Europas zwischen den politischen Parteien, aber auch zwischen Staaten und Regionen noch einmal aufs Neue deutlich zu Tage treten.