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Malta
Skandalumwitterte Mittelmeerinsel

Steueroase, Mafia und Geldwäsche: Um den Ruf Maltas in der EU ist es nicht sonderlich gut bestellt. Die maltesische Regierung leugnet alle Missstände. Doch ein Sonderausschuss des Europaparlaments geht den maltesischen Verfehlungen und Rechtsverstößen akribisch nach.

Von Peter Kapern | 12.02.2019
    Yachthafen in Birgu auf Malta
    Yachthafen in Birgu auf Malta (picture alliance / Johanna Hoelzl)
    Malta sei zwar nicht perfekt, so der maltesische Justizminister Owen Bonnici, aber die Zustände in seinem Land seien auch nicht schlimmer als andernorts in der EU. Bonnici war als Zeuge vor den Sonderausschuss TAX3 des Europaparlaments geladen, der zahlreiche Missstände auf der Mittelmeerinsel aufklären soll.
    Die Liste der maltesischen Verfehlungen und Rechtsverstöße, die von Europaabgeordneten und investigativen Journalisten aufgestellt wurde, ist lang, aber Bonnici wischte sie in seinem 16-minütigen Statement lässig vom Tisch: Steuervermeidung auf Malta? Gibt es nicht! Geldwäsche? Existiert dort nicht! Korruption: Keine Spur davon auf der Insel. Und erst recht könne keine Rede davon sein, so der Justizminister, dass die maltesische Regierung die Aufklärung des Mordes an der investigativen Journalistin Daphne Caruana Galizia behindere.
    "Dem System in Malta traue ich auf jeden Fall nicht"
    Er vertraue der maltesischen Justiz, so der Justizminister. Damit war er im Saal des Straßburger Europaparlaments allerdings allein. Sven Giegold, grünes Mitglied des Sonderausschusses:
    "Dem System in Malta traue ich auf jeden Fall nicht. Die Rechtsstaatlichkeit Maltas wird weiterhin von der großen Mehrheit des Europaparlaments in Frage gestellt."

    Steueroase, Mafia und Geldwäsche
    Der Grüne Europaabgeordnete und Kandidat für die Europawahl, Sven Giegold, von Bündnis 90/Die Grünen, spricht während der 43. Bundesdelegiertenkonferenz in Leipzig.
    Grünen-Europaabgeordneter Sven Giegold (dpa / Jan Woitas)
    Der Sonderausschuss TAX3 des Europaparlaments wurde ins Leben gerufen, um die Missstände, die die Panama Papers offenbart hatten, zu beleuchten. Dabei steht Malta nicht nur wegen dieser geleakten Daten im Brennpunkt. Die Insel gilt Europaabgeordneten als EU-interne Steueroase, die Unternehmen mit einem Steuersatz von fünf Prozent anlockt.
    Ein großer Teil der beheimateten Online-Casinos werden Informationen aus Italien zufolge von der N'Drangheta betrieben. Die maltesische Regierung öffne mit dem Verkauf von Pässen und Visa an Drittstaatsangehörige der Geldwäsche Tür und Tor, argwöhnt die EU-Kommission. Am schwersten allerdings wiegt der Vorwurf der Korruption, der gegen Minister und ihre Mitarbeiter erhoben wird.
    Das Bild zeigt ein Portrait der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet wurde.
    Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia wurde im Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet (AFP/Matthew Mirabelli)
    Schmiergeld aus Aserbaidschan?
    Mathew Caruana Galizia, der Sohn der ermordeten Journalistin und selbst investigativer Journalist, brachte es als Zeuge vor dem Ausschuss mit Blick auf den maltesischen Justizminister so auf den Punkt:
    "Der Daseinsgrund der maltesischen Regierung und ihres Vertreters hier im Ausschuss ist nicht nur, den Mord an meiner Mutter zu vertuschen, sondern auch die gesamte Korruption, die sie untersucht hat."
    Das Daphne-Projekt, ein internationales Netzwerk investigativer Rechercheure, setzt die Untersuchungen der ermordeten Journalistin fort. Im Mittelpunkt: Enthüllungen über die Privatisierung der maltesischen Energiegesellschaft Elektrogas. Fest steht, dass der Käufer der Gesellschaft Millionenbeträge auf ein Konto überwiesen hat, auf das maltesische Regierungsmitglieder Zugriff haben. Trotzdem sind sie weiter im Amt:
    "Das heißt, hier gab es korrupte Zahlungsflüsse, die in allen anderen EU-Ländern zum Rücktritt eines Ministers geführt hätten."
    Nicht so aber auf Malta, so Sven Giegold. Mathew Caruana Galizia zeigte sich vor dem Ausschuss überzeugt, dass dieses Schmiergeld aus Aserbaidschan stammt. Und dass es einen Zusammenhang gibt mit anderen Korruptions- und Geldwäscheskandalen in der EU, deren Spuren allesamt nach Aserbaidschan führen.
    Vom Skandal um die dänische Danske Bank bis hin zur Korruption in der parlamentarischen Versammlung des Europarats, in die auch eine CDU-Abgeordnete verwickelt ist.