Silvia Engels: Gestern war ein schwarzer Tag für UNICEF. Die deutsche Sektion des Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen verlor das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Damit ist der Organisation ein wichtiges Gütesiegel verloren gegangen. Das DZI kritisierte vor allem, dass UNICEF seinen Prüfern trotz entsprechender Fragen verschwiegen habe, dass 2005 Provisionen für Spendenwerber geflossen waren. Im deutschen Komitee von UNICEF sitzt Edith von Welser-Ude, die Frau des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude. Guten Morgen, Frau Welser-Ude!
Edith von Welser-Ude: Guten Morgen!
Engels: Frau Welser-Ude, hat Sie die Entscheidung des DZI überrascht, oder haben Sie so etwas befürchtet?
von Welser-Ude: Ich bin auch sehr erschrocken, das heißt ja doch tatsächlich, dass das DZI gravierende Fehler festgestellt hat. Ich bin ... Können wir noch mal anfangen?
Engels: Ja, das Interview wird ohnehin live ausgestrahlt, deswegen können Sie gern noch mal ansetzen.
von Welser-Ude: Okay. Für mich war das ganz besonders schlimm zu wissen, man hätte das alles vermeiden können, wenn bei Auftauchen dieser ganzen Gerüchte, Verdächtigungen der Vorstand sofort eingegriffen hätte und versucht hätte, alles wieder auf die Reihe zu bringen. Die Vorschläge von Frau Simonis sind ja alle einheitlich abgelehnt worden, mehrheitlich. Und das ist für mich der eigentliche Skandal. Und die Leittragenden sind natürlich jetzt nicht nur die ganzen Mitarbeiter, die Leute, die gespendet haben und sich wirklich auf den Arm genommen fühlen, sondern vor allem die Kinder, denen das Geld der UNICEF-Projekte ja zugute kommen sollte.
Engels: Sie sagen, die Vorschläge von Frau Simonis sind abgelehnt worden. Hatte Frau Simonis mit all ihrer Kritik recht?
von Welser-Ude: Absolut, absolut. Sie hat sofort angefangen, den Dingen nachzugehen. Sie hat Vorschläge gemacht, wie man die Organisation verändern könnte, wie man transparenter arbeiten könnte und ist damit beim Vorstand gescheitert und hinterher sogar als diejenige dargestellt worden, die die eigentlich Schuldige an dem Debakel ist.
Engels: Sie selbst werden heute in der "Frankfurter Rundschau" zitiert mit der Information, dass der abgelöste Geschäftsführer Dietrich Garlichs offenbar weiterhin in der UNICEF-Zentrale in Köln arbeite. Was wissen Sie darüber?
von Welser-Ude: Das wird von allen möglichen Seiten berichtet. Ich bin natürlich selber nicht dabei. Wenn das so ist, halte ich das auch für einen Skandal. Er muss sofort alle Akten so, wie sie sind, übergeben und kann jetzt nicht anfangen, hier weiterzuarbeiten oder zu sortieren.
Engels: Welche Schritte wollen Sie nun dazu speziell einleiten?
von Welser-Ude: Ich denke, dass der Vorschlag, dass jemand aus Genf kommt, von UNICEF Genf, von der Zentrale, und jetzt kommissarisch die Geschäftsführung in die Hand nimmt, ein sehr guter ist. Ich weiß allerdings nicht, wann er umgesetzt wird.
Engels: Welche anderen Schritte sind jetzt dringend erforderlich? Können Sie dennoch guten Gewissens selber für UNICEF werben, wenn offenbar die Strukturen, die zu diesem Problem führten, nach wie vor nicht ganz beseitigt sind?
von Welser-Ude: Wir sind auf einem Weg, diese Strukturen zu ändern. Dafür wird es ja auch eine Sitzung des Komitees geben, das darüber zu befinden hat, ob diese Sachen, die dann vorgeschlagen werden, tatsächlich greifen und in Ordnung sind. Und davon hängt natürlich auch davon ab, ob man weiter für UNICEF arbeiten kann. Ich denke, ja. Ich hoffe es auch sehr. Denn UNICEF ist ja ein Hilfswerk, das dringend benötigt wird, was großartige Arbeit geleistet hat. Und wir müssen jetzt einfach versuchen, das Vertrauen wieder zu gewinnen, indem man in der Öffentlichkeit klarmacht, dass jetzt alles in geordnete Bahnen gelenkt wird und dass personell und organisatorisch die Dinge verändert werden, zum Beispiel entsprechend den Vorschlägen der Prüfungsgesellschaft.
Engels: Frau Welser-Ude, Sie sitzen nun selbst im Komitee, einem Gremium, was die größtmögliche Öffentlichkeit herstellen kann. Haben Sie denn die Möglichkeit, die Geschäftsleitung genauer zu kontrollieren als Mitglied dieses UNICEF-Komitees?
von Welser-Ude: Bisher überhaupt nicht. Bisher absolut nicht, und das ist natürlich etwas, was so nicht weitergehen darf. Es kann auch nicht sein, dass der Geschäftsführer Mitglied des Vorstands ist. Das heißt, schon da fängt es an, dass die Kontrolle eigentlich nicht wirksam werden kann. Das muss sich ändern.
Engels: Wie haben Sie jetzt Ihr eigenes Vorgehen geplant? Wie lange tragen Sie UNICEF noch mit? Werden Sie auf jeden Fall dabei bleiben, oder merken Sie auch, dass möglicherweise unter den Unterstützern da auch die Hilfe für UNICEF bröckelt?
von Welser-Ude: Es ist sicher so, dass viele Leute sagen, um Himmels willen, was ist jetzt die Alternative, nichts wie weg oder im Gegenteil, anpacken, damit sich das alles wieder stabilisiert. Ich neige zum Letzteren, weil UNICEF nach wie vor dringend gebraucht wird, und ich sehe gute Möglichkeiten, das wieder auf die richtigen Beine zu stellen.
Engels: Fordern Sie denn weitere personelle Konsequenzen für den UNICEF-Vorstand?
von Welser-Ude: Die Geschäftsführerfrage ist klar. Das muss ausgeschrieben werden und dann besetzt werden, und zwar durch einen neuen Vorstand. Und der Vorstand hat, glaube ich, alle Mitglieder des Vorstandes haben meiner Ansicht nach nicht mehr das Vertrauen.
Engels: Erst 2010 kann UNICEF wieder das begehrte DZI-Siegel beantragen. Haben Sie noch Hoffnung, dass UNICEF solange durchhalten kann, oder wird der Spendeneinbruch so gewaltig sein, dass die tägliche Arbeit kaum noch möglich ist?
von Welser-Ude: Das hängt davon ab, ob es klargemacht werden kann, dass es jetzt einen schnellen Neuanfang gibt. Wenn das so ist, dann denke ich, dass auch Spender wissen, dass das Geld den Kindern zugute kommt in 160 Ländern dieser Welt. Und dann denke ich schon, kann man wirklich wieder neu durchstarten.
Engels: Edith von Welser-Ude, sie sitzt im Deutschen Komitee für UNICEF. Ich bedanke mich für das Gespräch!
von Welser-Ude: Dankeschön!
Edith von Welser-Ude: Guten Morgen!
Engels: Frau Welser-Ude, hat Sie die Entscheidung des DZI überrascht, oder haben Sie so etwas befürchtet?
von Welser-Ude: Ich bin auch sehr erschrocken, das heißt ja doch tatsächlich, dass das DZI gravierende Fehler festgestellt hat. Ich bin ... Können wir noch mal anfangen?
Engels: Ja, das Interview wird ohnehin live ausgestrahlt, deswegen können Sie gern noch mal ansetzen.
von Welser-Ude: Okay. Für mich war das ganz besonders schlimm zu wissen, man hätte das alles vermeiden können, wenn bei Auftauchen dieser ganzen Gerüchte, Verdächtigungen der Vorstand sofort eingegriffen hätte und versucht hätte, alles wieder auf die Reihe zu bringen. Die Vorschläge von Frau Simonis sind ja alle einheitlich abgelehnt worden, mehrheitlich. Und das ist für mich der eigentliche Skandal. Und die Leittragenden sind natürlich jetzt nicht nur die ganzen Mitarbeiter, die Leute, die gespendet haben und sich wirklich auf den Arm genommen fühlen, sondern vor allem die Kinder, denen das Geld der UNICEF-Projekte ja zugute kommen sollte.
Engels: Sie sagen, die Vorschläge von Frau Simonis sind abgelehnt worden. Hatte Frau Simonis mit all ihrer Kritik recht?
von Welser-Ude: Absolut, absolut. Sie hat sofort angefangen, den Dingen nachzugehen. Sie hat Vorschläge gemacht, wie man die Organisation verändern könnte, wie man transparenter arbeiten könnte und ist damit beim Vorstand gescheitert und hinterher sogar als diejenige dargestellt worden, die die eigentlich Schuldige an dem Debakel ist.
Engels: Sie selbst werden heute in der "Frankfurter Rundschau" zitiert mit der Information, dass der abgelöste Geschäftsführer Dietrich Garlichs offenbar weiterhin in der UNICEF-Zentrale in Köln arbeite. Was wissen Sie darüber?
von Welser-Ude: Das wird von allen möglichen Seiten berichtet. Ich bin natürlich selber nicht dabei. Wenn das so ist, halte ich das auch für einen Skandal. Er muss sofort alle Akten so, wie sie sind, übergeben und kann jetzt nicht anfangen, hier weiterzuarbeiten oder zu sortieren.
Engels: Welche Schritte wollen Sie nun dazu speziell einleiten?
von Welser-Ude: Ich denke, dass der Vorschlag, dass jemand aus Genf kommt, von UNICEF Genf, von der Zentrale, und jetzt kommissarisch die Geschäftsführung in die Hand nimmt, ein sehr guter ist. Ich weiß allerdings nicht, wann er umgesetzt wird.
Engels: Welche anderen Schritte sind jetzt dringend erforderlich? Können Sie dennoch guten Gewissens selber für UNICEF werben, wenn offenbar die Strukturen, die zu diesem Problem führten, nach wie vor nicht ganz beseitigt sind?
von Welser-Ude: Wir sind auf einem Weg, diese Strukturen zu ändern. Dafür wird es ja auch eine Sitzung des Komitees geben, das darüber zu befinden hat, ob diese Sachen, die dann vorgeschlagen werden, tatsächlich greifen und in Ordnung sind. Und davon hängt natürlich auch davon ab, ob man weiter für UNICEF arbeiten kann. Ich denke, ja. Ich hoffe es auch sehr. Denn UNICEF ist ja ein Hilfswerk, das dringend benötigt wird, was großartige Arbeit geleistet hat. Und wir müssen jetzt einfach versuchen, das Vertrauen wieder zu gewinnen, indem man in der Öffentlichkeit klarmacht, dass jetzt alles in geordnete Bahnen gelenkt wird und dass personell und organisatorisch die Dinge verändert werden, zum Beispiel entsprechend den Vorschlägen der Prüfungsgesellschaft.
Engels: Frau Welser-Ude, Sie sitzen nun selbst im Komitee, einem Gremium, was die größtmögliche Öffentlichkeit herstellen kann. Haben Sie denn die Möglichkeit, die Geschäftsleitung genauer zu kontrollieren als Mitglied dieses UNICEF-Komitees?
von Welser-Ude: Bisher überhaupt nicht. Bisher absolut nicht, und das ist natürlich etwas, was so nicht weitergehen darf. Es kann auch nicht sein, dass der Geschäftsführer Mitglied des Vorstands ist. Das heißt, schon da fängt es an, dass die Kontrolle eigentlich nicht wirksam werden kann. Das muss sich ändern.
Engels: Wie haben Sie jetzt Ihr eigenes Vorgehen geplant? Wie lange tragen Sie UNICEF noch mit? Werden Sie auf jeden Fall dabei bleiben, oder merken Sie auch, dass möglicherweise unter den Unterstützern da auch die Hilfe für UNICEF bröckelt?
von Welser-Ude: Es ist sicher so, dass viele Leute sagen, um Himmels willen, was ist jetzt die Alternative, nichts wie weg oder im Gegenteil, anpacken, damit sich das alles wieder stabilisiert. Ich neige zum Letzteren, weil UNICEF nach wie vor dringend gebraucht wird, und ich sehe gute Möglichkeiten, das wieder auf die richtigen Beine zu stellen.
Engels: Fordern Sie denn weitere personelle Konsequenzen für den UNICEF-Vorstand?
von Welser-Ude: Die Geschäftsführerfrage ist klar. Das muss ausgeschrieben werden und dann besetzt werden, und zwar durch einen neuen Vorstand. Und der Vorstand hat, glaube ich, alle Mitglieder des Vorstandes haben meiner Ansicht nach nicht mehr das Vertrauen.
Engels: Erst 2010 kann UNICEF wieder das begehrte DZI-Siegel beantragen. Haben Sie noch Hoffnung, dass UNICEF solange durchhalten kann, oder wird der Spendeneinbruch so gewaltig sein, dass die tägliche Arbeit kaum noch möglich ist?
von Welser-Ude: Das hängt davon ab, ob es klargemacht werden kann, dass es jetzt einen schnellen Neuanfang gibt. Wenn das so ist, dann denke ich, dass auch Spender wissen, dass das Geld den Kindern zugute kommt in 160 Ländern dieser Welt. Und dann denke ich schon, kann man wirklich wieder neu durchstarten.
Engels: Edith von Welser-Ude, sie sitzt im Deutschen Komitee für UNICEF. Ich bedanke mich für das Gespräch!
von Welser-Ude: Dankeschön!