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"Man hätte für Deutschland besser abschneiden können"

In Hinblick auf den EU-Klimaschutzplan, die CO2-Emissionen von Motoren bis 2012 auf maximal 130 Gramm zu begrenzen, hat der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer vor Panikmache gewarnt. Man müsse "realistisch rechnen und jetzt nicht von Automobilkriegen" reden. Die ersten Jahre einer solche Verordnung würde die Autoindustrie zwar "Erträge kosten". Mittel- oder längerfristig sähe das aber schon anders aus.

Moderation: Sandra Schulz |
    Sandra Schulz: Der Vorschlag, der gestern aus Brüssel kam, könnte vor allem für die Halter und Liebhaber großer Autos teuer werden, wie sie hierzulande gebaut werden. Bis 2012 soll der CO2-Ausstoß von Motoren auf maximal 130 Gramm begrenzt werden. So sieht es der Entwurf der EU-Kommission vor. Anders als bisher setzt Brüssel nun auf Sanktionen, denn die Konzerne, die sich an diese Obergrenze nicht halten, werden ab 2012 zur Kasse gebeten. Mit einem Preisaufschlag von 1.300,00 Euro im Schnitt rechnet die Kommission, der Aufschrei aus Deutschland ließ nicht lange auf sich warten. Bundesumweltminister Gabriel etwa warnte davor, Wettbewerbspolitik unter dem Deckmantel des Klimaschutzes zu betreiben. Am Telefon ist nun Ferdinand Dudenhöffer, Professor des Studiengangs Automobilwirtschaft der Fachhochschule Gelsenkirchen. Guten Morgen!

    Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Morgen, Frau Schulz!

    Schulz: Herr Dudenhöffer, bis 2012 ist ja noch ein bisschen Zeit. Können die deutschen Automobilkonzerne es technisch schaffen, noch ohne Sanktionen davonzukommen?

    Dudenhöffer: 2012 ist zwar noch vier Jahre weg, allerdings für die Automobilindustrie sind vier Jahre relativ wenig, denn ein Fahrzeug braucht drei Jahre, bis es entwickelt ist und ist sieben Jahre im Markt, also bewegt sich zehn Jahre. Das heißt Fahrzeuge, die gerade in den Markt gekommen sind, die werden wir im Jahr 2012 noch haben. Da kann mit überschaubaren Kosten relativ wenig machen und diese Fahrzeuge dann aus dem Markt zu nehmen, durch neue zu ersetzen, ist ökonomisch, wirtschaftlich einfach nicht möglich. Also es wird sehr eng mit der Zeit, aber es ist gut, dass jetzt Richtlinien vorhanden sind. Im Übrigen hat die EU-Kommission vor einem Jahr schon angekündigt, diesen Wert 130 umsetzen zu wollen. Das muss man sehr ernst nehmen. Nach unserer Einschätzung ist es möglich, wenn man vernünftig weiterarbeitet, dass man sich nach einer gewissen Übergangszeit sehr gut auf diesen neuen Standard einspielt, das heißt, auch diese 1.300 Euro pro Durchschnittsauto, die genannt worden sind, die sind machbar. Da geht die Welt nicht unter. Da sollte man nicht zu viel aufschreien, sondern im Gegenteil versuchen, die Maßnahmen umzusetzen.

    Schulz: Auf welche Mehrkosten muss ich mich als Käufer eines Kleinwagens denn zukünftig einstellen?

    Dudenhöffer: Beim Kleinwagen wird es so sein, dass nicht ganz so viel CO2-Einsparung notwendig sein wird wie beim Prestigefahrzeug. Da kann man, je nachdem, wie die Motorisierung von dem Fahrzeug ist, wenn Sie natürlich einen Kleinwagen haben, dann mit 200 PS, auch das gibt es, da brauchen Sie natürlich sehr große Anstrengungen, aber wenn es ein Standardkleinwagen ist, kann man sagen, fünf-, sechs-, siebenhundert Euro, das wird so die Preislage sein, die Preisrichtung sein, die notwendig sein wird.

    Schulz: Wie sieht dann die Bilanz dann unterm Strich aus? Die sparsameren Fahrzeuge sparen unterm Strich ja Sprit. Komme ich als Verbraucher, als Autofahrer dann unterm Strich günstiger weg, oder wird es mit den Aufschlägen teurer?

    Dudenhöffer: Also wenn man es in der Summe betrachtet und rechnet ehrlich und rechnet jetzt nicht, die Politiker sagen uns immer, die Einsparungen, die würden sich wieder bezahlbar machen, das stimmt nicht ganz. Wir werden netto etwas bezahlen müssen für die Umwelt. Das heißt, es wird nicht so sein, dass die eingesparten Kraftstoffliter den Neuwagenpreiszuschlag ersetzen werden.

    Schulz: Sollte es zu den Sanktionen kommen, was sich ja offenkundig abzeichnet, würde das die deutsche Automobilwirtschaft, so wie in Horrorszenarien angedeutet, in die Knie zwingen?

    Dudenhöffer: Also ich denke, was gestern Gabriel gesagt hat, war überzogen. Man muss sich das realistisch anschauen und muss realistisch rechnen und jetzt nicht von Automobilkriegen und Ähnlichem reden. Man hätte für Deutschland besser abschneiden können. Es wird sicherlich so sein, denn das ist ja noch zustimmungspflichtig, was die EU-Kommission vorgeschlagen hat, dass man da nachbessert. Da werden noch einige Verbesserungen für die Deutschen herauskommen, da kann man von ausgehen. So laut, wie gestern die Politiker geschrieen haben, kann man nicht nach Hause kommen, ohne anschließend Nachbesserungen zu haben. Also es wird einige Nachbesserungen geben. Und dann ist es natürlich so, wenn man die ersten Jahre sieht, wird es schwer, in den neuen Übergang reinzugehen. Das wird Erträge kosten. Das wissen wir heute. Da werden bei großen Fahrzeugen erhebliche Preissteigerungen durch die Strafen drauf zukommen, wenn man es nicht schafft, in Pools sich auszugleichen. Allerdings, wenn man es dann wieder mittel- oder längerfristig sieht, das Jahr 2015/16/17/18 nimmt, da sind wir sicher, dass man in neues Gleichgewicht einschwingen kann. Und in diesem neuen Gleichgewicht können die deutschen Automobilhersteller sehr stabil dann auch wieder arbeiten. Die Zwischenzeit, die kann sehr hart werden, die kann sehr schwer werden, da muss man schauen, dass man richtig zurecht kommt.

    Schulz: Bis dieses Gleichgewicht erreicht wird, rechnen Sie auch damit, dass Arbeitsplätze bedroht sind?

    Dudenhöffer: Das ist, wenn man ehrlich ist, sehr schwer zu sagen. Da wird ja immer sehr schnell von dem Politiker zu dem Instrument Arbeitsplatz gegriffen und dann gesagt, da würde sehr viel wegfallen. Ich denke, es ist falsch, jetzt einfach irgendwelche Zahlen in den Raum zu stellen, denn die sind nicht sauber ableitbar. Was man wirklich machen kann, und ich glaube, das war eigentlich ein sehr großer Fehler von den deutschen Automobilherstellern, aber auch von der deutschen Politik. Man hat sich um das Thema nicht europäisch gekümmert in der Weise, dass man Systeme versucht hat aufzubauen, bei denen ökonomisch diese neuen Anforderungen besser umsetzbar gewesen wären. Solche Systeme sind der Emissionshandel. Der deutsche Automobilherstellerverband VDA, auch Herr Wissmann, haben sich bis zum Schluss verschlossen gezeigt für solche Systeme. Auch die deutsche Politik hat, statt mit Europa solche Systeme zu verhandeln, sich darauf konzentriert, in Deutschland eine isolierte Steuer, die wir heute Kfz-Steuer nennen, mit so einem paar Extras umgestalten zu wollen zu einer CO2-Steuer und hatte dann gedacht, na ja, wenn wir das gemacht haben, diese kleine Hausaufgabe, dann haben wir Ruhe. Und was ist eingetreten? Gerade das Gegenteil, Brüssel hat von Anfang an betont, wir nehmen es sehr ernst. Brüssel hat im letzten Jahr schon von zusätzlichen Strafen gesprochen, wenn die Bedingungen nicht erfüllt werden, und die einzelnen Länder, wie zum Beispiel Frankreich, haben zusätzliche Steuersysteme aufgebaut, sodass deutsche Autos im Oberklassebereich jetzt doppelt besteuert werden. Also man hat da ein Eigentor geschossen, auch aus dem Grund, weil Dimas jetzt genau diesen Emissionshandel auch zulässt, wenn die Automobilhersteller das wollen, das heißt, wenn Mercedes, BMW oder Porsche ein Problem mit seinem Ausstoß hat, kann Mercedes, BMW oder Porsche durchaus einen Pool bilden mit einem anderen Hersteller, meinetwegen mit Fiat. Und dazu muss man nicht Aktien kaufen oder die Unternehmen kaufen, sondern dazu kann man sich einfach gemeinsam veranlagen lassen. Und das kann dazu führen, dass Einsparungen bei Fiat, die mit weniger Kosten gemacht werden können, Porsche oder Mercedes gutgeschrieben werden können. Wir gehen also in den Emissionshandel. Wenn man es vernünftig gemacht hätte, auf deutscher Seite sich richtig darum gekümmert hätte, hätte man viel mehr erreichen können mit weniger Kosten.

    Schulz: Sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor des Studiengangs Automobilwirtschaft der Fachhochschule Gelsenkirchen. Herr Professor Dudenhöffer, vielen Dank Ihnen!