Gerd Breker: Wenn es denn überhaupt noch die soziale Marktwirtschaft war, die uns in die Wirtschaftskrise geführt hat, dann stellt sich inzwischen die Frage, ob wir nun nicht kurz vor der Staatswirtschaft stehen. Banken, die Realwirtschaft, der Handel, alle stehen an, um Milliardenhilfen vom Steuerzahler zu erhalten, und Vater Staat zeigt sich großzügig. Die Debatte um Milliardenhilfen für angeschlagene Unternehmen, sie wird heftiger. Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg bekräftigt seine skeptische Haltung zu Staatshilfen, verspricht aber, den Arcandor-Antrag auf staatliche Hilfen vorbehaltlos zu prüfen.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Dirk Niebel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Generalsekretär der Bundespartei. Guten Tag, Herr Niebel!
Dirk Niebel: Guten Tag, Herr Breker.
Breker: Herr Niebel, ist das für Sie eigentlich noch eine Frage, oder eigentlich mehr eine Feststellung, ob diese Republik auf dem Weg in die Staatswirtschaft ist?
Niebel: Sie ist ausdrücklich auf dem Weg in die Staatswirtschaft und deswegen wird es Zeit, auch wieder die soziale Marktwirtschaft mit einem vernünftigen Stellenwert zu versehen. Die soziale Marktwirtschaft ist das einzige lernende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das es gibt, und das System, das es über einen weiten Zeitraum großen Teilen der Bevölkerung ermöglicht hat, in Wohlstand zu leben. Sie bedarf eines Anwalts und das will die FDP gerne sein.
Breker: Und konkret heißt das, Sie hätten Opel nicht geholfen und Sie würden und werden auch nicht zustimmen einer Staatshilfe für Arcandor?
Niebel: Die FDP hat auf Landesebene den Opel-Kompromiss mitgetragen, wohl wissend, welche enormen Risiken damit einher gehen. Auf der anderen Seite hat auch die FDP in Regierungsverantwortung immer versucht, Unternehmen eine Brücke zu bauen, aber im Gegensatz zu dem, was die Bundesregierung macht, haben wir immer den Blick als Anwalt des Steuerzahlers auch auf die Folgen zu richten. Man kann nicht große Unternehmen ständig mit Staatshilfen unterstützen, während das Rückgrat der Wirtschaft, die kleineren und mittelständischen Betriebe, oftmals leer ausgehen. Deswegen ist es völlig klar: Jedes Unternehmen hat das Recht, im Rahmen dessen, was wir auch in der Vergangenheit schon vorgesehen haben, als Bürgschaften und Staatshilfen, Anträge zu stellen, und hat das Recht darauf, diese auch ordentlich geprüft zu bekommen. Ich frage mich allerdings, warum ein großer Konzern wie Arcandor da nicht vielleicht erst mal überlegt, inwieweit er sich selbst sanieren kann, zum Beispiel durch den Verkauf der außerordentlich profitablen Tourismussparte, oder warum denn tatsächlich der Steuerzahler einspringen muss, um das Privatvermögen einer wohlhabenden Familie zu sichern.
Breker: Herr Niebel, auf Länderebene hat die FDP zugestimmt. Heißt das, auf Länderebene konnten Ihre Parteifreunde erkennen, dass diese Brücke, von der Sie gerade gesprochen haben, gebaut wird?
Niebel: Die Kolleginnen und Kollegen insbesondere auch in den Landtagen von Hessen und Nordrhein-Westfalen haben darauf gedrungen, dass eine Plausibilitätsprüfung des Konzeptes durchgeführt wird, und dann ist es ein Abwägungsprozess, was sinnvoller ist und was nicht, und diesen Abwägungsprozess haben sie so getroffen, wie er jetzt getroffen wurde. Auf dieser Basis vermute ich, dass sie davon ausgegangen sind, dass es der bessere Weg ist, dass er zumindest gangbar ist. Auf jeden Fall haben wir im Deutschen Bundestag noch mal deutlich gemacht, dass die Risiken im Blick bleiben müssen, und es kann nicht sein, dass der Staat jetzt für jedes Management-Fehlverhalten mit Steuerzahlergeldern einspringt. Das wird der teuerste Wahlkampf, den die Bundesrepublik jemals gesehen hat.
Breker: Das heißt, Sie sind da inhaltlich sehr nahe bei dem haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Carsten Schneider, der das Gefühl hat, dass manche Firmen das als Einladung verstehen, von der Bundesregierung Subventionen abzuholen?
Niebel: Noch viel mehr bin ich bei unserem haushaltspolitischen Sprecher, der das ganz genauso sieht. Die Krise der Kaufhäuser ist ja nicht jetzt durch die Finanzmarktkrise entstanden, sondern die gab es schon wesentlich länger. Sie wäre ohne die deutsche Einheit wahrscheinlich schon vor Jahrzehnten ausgebrochen und es ist tatsächlich nicht zwingend die Aufgabe des Steuerzahlers einzuspringen, wenn ein Konzern die falsche Geschäftspolitik verfolgt. Arcandor ist ein Mischkonzern mit vielen profitablen Bereichen und ich denke, wenn ein Konzern in einem Segment Schwierigkeiten hat, sollte er zuerst einmal sehen, was er für sich selbst tun kann, ehe er die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu Rate zieht.
Breker: Also das Bitten um Staatshilfe im Falle Arcandor, statt sich den Märkten anzupassen?
Niebel: Das Bitten um Staatshilfe ist legitim. Es ist die Frage, ob der Staat tatsächlich da einspringen muss. Wenn Arcandor in seinem Gesamtkonzern nicht in der Lage ist, Finanzmittel nutzbar zu machen, dann, glaube ich, wäre das ein großes Problem für diesen Konzern, der ja zumindest in der Tourismusbranche durchaus sehr schwarze Zahlen schreibt. Darüber hinaus gehört Arcandor ja jemandem und es kann nicht die Aufgabe der Steuerzahler sein, das Privatvermögen der Familie Schickedanz abzusichern.
Breker: Also Arcandor stirbt irgendwo auch an der eigenen Größe?
Niebel: Ich glaube nicht, dass Arcandor stirbt. Ich ahne, dass es überhaupt kein Problem macht, einen Besitzerwechsel hier durchzuführen. Nur wenn man sich nicht verändern will, dann mal nach dem Staat zu rufen, dass er bestehende Strukturen absichert und dadurch den Wettbewerb für andere auch entsprechend wieder verzerrt, das hat für mich zu sehr den Hauch von Holzmann.
Breker: Die Rufe nach dem Staat, sie werden ja jetzt lauter und vielfältiger. Wie gefällt Ihnen eigentlich Ihr Wunschkoalitionspartner nach der Bundestagswahl in Berlin, wie verhält sich aus Ihrer Sicht die CDU?
Niebel: Die CDU befindet sich auf einem starken Weg der Sozialdemokratisierung. Ich habe das Gefühl, dass alle Dämme eingerissen sind. Der Bundeswirtschaftsminister macht da auch keine wirklich gute Figur. Er hat unmittelbar nach Amtsantritt ein Enteignungsgesetz unterschrieben und hat jetzt auch sich bei der Opel-Einigung nicht durchsetzen können. Alleine den Finger zu heben und den Mund zu spitzen, dann aber nicht zu pfeifen, das ist, glaube ich, kein Ausdruck von ordnungspolitischer Klarheit.
Breker: Und die Bundeskanzlerin, sie wendet sich immer den Mehrheiten zu?
Niebel: Die Bundeskanzlerin versucht, erst mal keine Position zu beziehen, weil sie meint, dass das leichter ist. Persönlich bin ich der Ansicht, dass die Bürger Klarheit verdient haben, und ich hoffe sehr, dass sie sich ganz klar für den Weg der sozialen Marktwirtschaft entscheidet. Das ist das Erfolgsrezept der Geschichte unserer Republik.
Breker: Und dazu müssen Sie dann Ihren Wunschkoalitionspartner erst noch überzeugen, da hinbringen?
Niebel: Unser liebster und wichtigster Koalitionspartner sind die Bürgerinnen und Bürger. Je stärker die uns machen, desto mehr können wir durchsetzen.
Breker: Dirk Niebel war das, Generalsekretär der FDP, im Deutschlandfunk. Herr Niebel, danke für dieses Gespräch.
Niebel: Gerne, Herr Breker.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Dirk Niebel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Generalsekretär der Bundespartei. Guten Tag, Herr Niebel!
Dirk Niebel: Guten Tag, Herr Breker.
Breker: Herr Niebel, ist das für Sie eigentlich noch eine Frage, oder eigentlich mehr eine Feststellung, ob diese Republik auf dem Weg in die Staatswirtschaft ist?
Niebel: Sie ist ausdrücklich auf dem Weg in die Staatswirtschaft und deswegen wird es Zeit, auch wieder die soziale Marktwirtschaft mit einem vernünftigen Stellenwert zu versehen. Die soziale Marktwirtschaft ist das einzige lernende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das es gibt, und das System, das es über einen weiten Zeitraum großen Teilen der Bevölkerung ermöglicht hat, in Wohlstand zu leben. Sie bedarf eines Anwalts und das will die FDP gerne sein.
Breker: Und konkret heißt das, Sie hätten Opel nicht geholfen und Sie würden und werden auch nicht zustimmen einer Staatshilfe für Arcandor?
Niebel: Die FDP hat auf Landesebene den Opel-Kompromiss mitgetragen, wohl wissend, welche enormen Risiken damit einher gehen. Auf der anderen Seite hat auch die FDP in Regierungsverantwortung immer versucht, Unternehmen eine Brücke zu bauen, aber im Gegensatz zu dem, was die Bundesregierung macht, haben wir immer den Blick als Anwalt des Steuerzahlers auch auf die Folgen zu richten. Man kann nicht große Unternehmen ständig mit Staatshilfen unterstützen, während das Rückgrat der Wirtschaft, die kleineren und mittelständischen Betriebe, oftmals leer ausgehen. Deswegen ist es völlig klar: Jedes Unternehmen hat das Recht, im Rahmen dessen, was wir auch in der Vergangenheit schon vorgesehen haben, als Bürgschaften und Staatshilfen, Anträge zu stellen, und hat das Recht darauf, diese auch ordentlich geprüft zu bekommen. Ich frage mich allerdings, warum ein großer Konzern wie Arcandor da nicht vielleicht erst mal überlegt, inwieweit er sich selbst sanieren kann, zum Beispiel durch den Verkauf der außerordentlich profitablen Tourismussparte, oder warum denn tatsächlich der Steuerzahler einspringen muss, um das Privatvermögen einer wohlhabenden Familie zu sichern.
Breker: Herr Niebel, auf Länderebene hat die FDP zugestimmt. Heißt das, auf Länderebene konnten Ihre Parteifreunde erkennen, dass diese Brücke, von der Sie gerade gesprochen haben, gebaut wird?
Niebel: Die Kolleginnen und Kollegen insbesondere auch in den Landtagen von Hessen und Nordrhein-Westfalen haben darauf gedrungen, dass eine Plausibilitätsprüfung des Konzeptes durchgeführt wird, und dann ist es ein Abwägungsprozess, was sinnvoller ist und was nicht, und diesen Abwägungsprozess haben sie so getroffen, wie er jetzt getroffen wurde. Auf dieser Basis vermute ich, dass sie davon ausgegangen sind, dass es der bessere Weg ist, dass er zumindest gangbar ist. Auf jeden Fall haben wir im Deutschen Bundestag noch mal deutlich gemacht, dass die Risiken im Blick bleiben müssen, und es kann nicht sein, dass der Staat jetzt für jedes Management-Fehlverhalten mit Steuerzahlergeldern einspringt. Das wird der teuerste Wahlkampf, den die Bundesrepublik jemals gesehen hat.
Breker: Das heißt, Sie sind da inhaltlich sehr nahe bei dem haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Carsten Schneider, der das Gefühl hat, dass manche Firmen das als Einladung verstehen, von der Bundesregierung Subventionen abzuholen?
Niebel: Noch viel mehr bin ich bei unserem haushaltspolitischen Sprecher, der das ganz genauso sieht. Die Krise der Kaufhäuser ist ja nicht jetzt durch die Finanzmarktkrise entstanden, sondern die gab es schon wesentlich länger. Sie wäre ohne die deutsche Einheit wahrscheinlich schon vor Jahrzehnten ausgebrochen und es ist tatsächlich nicht zwingend die Aufgabe des Steuerzahlers einzuspringen, wenn ein Konzern die falsche Geschäftspolitik verfolgt. Arcandor ist ein Mischkonzern mit vielen profitablen Bereichen und ich denke, wenn ein Konzern in einem Segment Schwierigkeiten hat, sollte er zuerst einmal sehen, was er für sich selbst tun kann, ehe er die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu Rate zieht.
Breker: Also das Bitten um Staatshilfe im Falle Arcandor, statt sich den Märkten anzupassen?
Niebel: Das Bitten um Staatshilfe ist legitim. Es ist die Frage, ob der Staat tatsächlich da einspringen muss. Wenn Arcandor in seinem Gesamtkonzern nicht in der Lage ist, Finanzmittel nutzbar zu machen, dann, glaube ich, wäre das ein großes Problem für diesen Konzern, der ja zumindest in der Tourismusbranche durchaus sehr schwarze Zahlen schreibt. Darüber hinaus gehört Arcandor ja jemandem und es kann nicht die Aufgabe der Steuerzahler sein, das Privatvermögen der Familie Schickedanz abzusichern.
Breker: Also Arcandor stirbt irgendwo auch an der eigenen Größe?
Niebel: Ich glaube nicht, dass Arcandor stirbt. Ich ahne, dass es überhaupt kein Problem macht, einen Besitzerwechsel hier durchzuführen. Nur wenn man sich nicht verändern will, dann mal nach dem Staat zu rufen, dass er bestehende Strukturen absichert und dadurch den Wettbewerb für andere auch entsprechend wieder verzerrt, das hat für mich zu sehr den Hauch von Holzmann.
Breker: Die Rufe nach dem Staat, sie werden ja jetzt lauter und vielfältiger. Wie gefällt Ihnen eigentlich Ihr Wunschkoalitionspartner nach der Bundestagswahl in Berlin, wie verhält sich aus Ihrer Sicht die CDU?
Niebel: Die CDU befindet sich auf einem starken Weg der Sozialdemokratisierung. Ich habe das Gefühl, dass alle Dämme eingerissen sind. Der Bundeswirtschaftsminister macht da auch keine wirklich gute Figur. Er hat unmittelbar nach Amtsantritt ein Enteignungsgesetz unterschrieben und hat jetzt auch sich bei der Opel-Einigung nicht durchsetzen können. Alleine den Finger zu heben und den Mund zu spitzen, dann aber nicht zu pfeifen, das ist, glaube ich, kein Ausdruck von ordnungspolitischer Klarheit.
Breker: Und die Bundeskanzlerin, sie wendet sich immer den Mehrheiten zu?
Niebel: Die Bundeskanzlerin versucht, erst mal keine Position zu beziehen, weil sie meint, dass das leichter ist. Persönlich bin ich der Ansicht, dass die Bürger Klarheit verdient haben, und ich hoffe sehr, dass sie sich ganz klar für den Weg der sozialen Marktwirtschaft entscheidet. Das ist das Erfolgsrezept der Geschichte unserer Republik.
Breker: Und dazu müssen Sie dann Ihren Wunschkoalitionspartner erst noch überzeugen, da hinbringen?
Niebel: Unser liebster und wichtigster Koalitionspartner sind die Bürgerinnen und Bürger. Je stärker die uns machen, desto mehr können wir durchsetzen.
Breker: Dirk Niebel war das, Generalsekretär der FDP, im Deutschlandfunk. Herr Niebel, danke für dieses Gespräch.
Niebel: Gerne, Herr Breker.