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"Man muss es allgemein regeln"

Der Bayrische Landtag wolle nach der Verwandtschaftsaffäre eine Lösung finden, erläutert der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis. Er schlägt vor, die Regelung des Bundestages zu übernehmen, wonach keine Verwandten beschäftigt werden dürften und die Verwaltung als Kontrollinstanz agiere.

Norbert Geis im Gespräch mit Jürgen Liminski | 04.05.2013
    Jürgen Liminski: Gestern Abend wurde Horst Seehofer als Spitzenkandidat der CSU für den kommenden Landtagswahlkampf auf den Schild gehoben, es sollte ganz nach der Art amerikanischer Parteitagskonvente eine Art politische Krönungsmesse sein. Aber der Konvent wurde von der Beschäftigungsaffäre überschattet, und manch einer in der CSU fragt sich, ob, und in der SPD hofft es vielleicht, dass auch die Wahl davon beeinflusst werde. Und über Hoffen und Bangen steht die Frage, wie man dieses Problem am schnellsten und saubersten lösen könnte. Darüber wollen wir jetzt sprechen mit dem CSU-Politiker Norbert Geis, er ist rechtspolitischer Experte der Unionsfraktion im Bundestag, war selber jahrelang Mitglied des bayrischen Landtags. Guten Morgen, Herr Geis!

    Norbert Geis: Guten Morgen!

    Liminski: Herr Geis, überlassen wir mal die Spekulation über Folgen und Nebenwirkung auf die Wahlen dem politischen Propheten – Sie sind Jurist, wie kommt die CSU aus dieser Nummer wieder raus?

    Geis: Ja, ich meine, der Vorschlag von Seehofer, dass die das alles wieder zurückzahlen, ist natürlich gut gemeint, aber doch recht schwierig. Ich meine, so viel bleibt einem Abgeordneten nicht übrig. Die Leute meinen immer, die würden so großartig bezahlt werden, aber der hat zwei Wohnungen zu unterhalten – jedenfalls ist das im Bundestag so, und er hat daheim eine große Wohnung, in Berlin eine kleine Wohnung, zum Beispiel, in München wird das nicht anders sein, und dann hat er Ausgaben, er hat Ausgaben auch innerhalb der Partei, und dann muss er da und dort auf einem Fest auch einmal eine Spende machen. Ich meine, da ist nicht so arg viel dann übrig, um eine größere Summe jetzt auf einmal zurückzuzahlen. Aber vielleicht sollte man den Gedanken von Horst Seehofer aufgreifen, und man könnte ja zum Beispiel einen Fonds bilden oder man könnte irgendeiner gemeinnützigen Vereinigung, könnte man sich der gegenüber verpflichten, und dann von Zeit zu Zeit einen bestimmten Betrag dorthin zahlen, um auch den Willen zu zeigen, dass hier vielleicht völlig legal Gelder in Empfang genommen wurden, dass das vielleicht aber jetzt nach der heutigen Beurteilung nicht ganz sauber gewesen ist, und um hier klaren Tisch zu machen, könnte man eine solche Überlegung anstellen und könnte vielleicht auf diese Weise, wie Sie richtig sagen, aus der Nummer rauskommen.

    Liminski: Aber das betrifft ja sozusagen schon die Fälle, die jetzt schon diskutiert werden. Wie kann man das denn allgemein regeln, also es ist ganz offensichtlich, hier ist eine Lücke.

    Geis: Ja, es ist richtig, man muss es allgemein regeln. Und der Landtag, der bayrische Landtag will das ja auch, jedenfalls die CSU-Fraktion dort. Und wir haben im Bundestag eine ganz gute Regelung, und ich schlage eigentlich vor, man sollte sich diese Regelung in Bayern überlegen und sollte überlegen, ob man nicht diese Regelung vom Bundestag übernimmt oder auch variiert, das kann man machen, aber im Bundestag ist diese Regelung schon seit Langem gegeben, vielleicht ist es richtig, das zu übernehmen.

    Liminski: Wie sieht die aus?

    Geis: Na ja, gut, wir dürfen keine Verwandten beschäftigen, und wir dürfen vor allen Dingen auch nicht jetzt – ich meine, wir müssen sorgsam mit diesen Geldern umgehen, und vor allen Dingen, wenn wir einen Vertrag schließen mit einer Mitarbeiterin oder mit einem Mitarbeiter in unserem Büro, dann wird das letztendlich sanktioniert durch die Verwaltung. Also die Verwaltung hat hier immer noch den Überblick und ist damit eine Kontrollinstanz, und ich halte das für richtig. Mir ist es lieber, die Verwaltung sagt mir, das ist alles in Ordnung, du kannst die Frau, du kannst den Mann einstellen, und ihn dann auch entsprechend bezahlen, als dass ich das so ganz aus eigener Entscheidung heraus mache. Ich hätte gerne eine Absicherung, die haben wir im Bundestag.

    Liminski: Auch fünf Minister in Bayern sind auf der Liste der Landtagspräsidentin. SPD-Spitzenkandidat Ude fordert nun Ihre Entlassung – mit Recht oder nur aus politischen Gründen?

    Geis: Ich meine, man muss doch sehen, dass das Ganze auch unter dem Vorzeichen des Wahlkampfes steht. Es ist eigentlich auch eine große Heuchelei, die dahintersteckt. Man wirft jetzt Dreck insbesondere auf die CSU, wäre das nur vorgekommen bei den Grünen, oder wäre das nur vorgekommen bei der SPD, ich gehe eine Wette ein, dass wir längst nicht so einen Schlamassel hätten, wie wir den im Augenblick haben. Aber weil die CSU beteiligt ist, versucht man jetzt vor dem Wahlkampf, auf diese Weise vielleicht eine Angriffsfläche zu finden, weil man in der Politik der CSU überhaupt nichts findet, weil die exzellent gewesen ist. Und da, meine ich, sollten die Leute, die da an der Spitze stehen, auch Herr Ude, ein bisschen sich zurückhalten und sollten da ein bisschen vernünftiger bleiben. Also ich halte nichts von diesem Vorschlag des Herrn Ude und weise ihn auch zurück.

    Liminski: Rechtlich korrekt mag ja jede Beschäftigung gewesen sein. Aber ein Gschmäckle bleibt doch übrig, vor allem, weil die Übergangsregelung so lange war, wie auch Frau Stamm einräumt. War man da nicht doch zu nachlässig gegenüber den Amigos oder den Nächsten?

    Geis: Wissen Sie, man kann das natürlich so sehen, man kann sagen, was tut eine eigene Frau da im Angestelltenverhältnis zum eigenen Mann. Aber ich meine, das ist natürlich irgendwo, hat das jetzt ein Gschmäckle, das will ich auch gar nicht bezweifeln, und ich möchte das auch gar nicht zurückweisen – das trifft ja auch nicht nur die CSU, sondern das gilt ja auch für alle anderen Parteien. Aber die Ehefrau arbeitet natürlich sehr stark mit bei dem Abgeordneten, wenn er daheim sein Büro hat, und dann wird die Ehefrau ganz gewiss – die Leute machen ja keinen Unterschied zwischen Morgen und Abend, die rufen einen Abgeordneten auch um elf Uhr nachts mal an, wenn es notwendig ist. Und da ist natürlich die ganze Familie mit einbezogen. Und ich meine, so ganz verkehrt war es also nicht, zu sagen, wenn das schon so ist, dann soll die eigene Frau auch dafür ein Entgelt haben. Das war ja auch die Überlegung, die damals angestellt worden ist, als diese ganze Regelung eingeführt worden ist. Die Leute, die das damals eingeführt haben, das waren keine Hasardeure, das waren keine Leute, die jetzt versucht haben, den Staat auszunehmen, wo es nur geht. Aber es ist wahr, es hat so ein gewisses Gschmäckle, wir müssen dieses, wie Sie sagen, Gschmäckle beseitigen, damit die Politik insgesamt, und damit das Parlament insgesamt keinen Schaden nimmt.

    Liminski: Eine Frage bleibt ungeklärt, was sind überhaupt familiäre Verhältnisse? Bisher geht es nur um Verwandtschaften und Eheleute, aber was ist mit einem Paar, das unverheiratet zusammenlebt und sich gegenseitig beschäftigt? Gibt es das überhaupt in Bayern?

    Geis: Das kann ich jetzt nicht sagen, aber ich meine schon, dass wir festhalten sollen, was familiäre Verhältnisse sind. Familiäre Verhältnisse sind dann dort, wo Vater und Mutter zusammenleben mit Kindern, wo also ganz klare rechtliche Regelungen bestehen. Und dort, wo diese rechtlichen Regelungen nicht bestehen, da bestehen sie halt auch nicht. Und dann kann man auch nicht sagen, das ist familienähnlich, dann komm ich ja in den Wald, dann komm ich ja ins Unendliche, was ist dann familienähnlich. Also wir sollten uns schon an unsere eigene Regelung und Ordnung halten, die sagt, was eine Ehe ist, und die sagt, was eine Familie ist. Und das ist gesetzlich geregelt. Und darüber hinaus sollte man jetzt nicht versuchen, künstliche Regelungen aufzubauen, die dann vor irgendeinem Gericht gar keinem standhalten werden.

    Liminski: Das Modell Bundestag übernehmen, sagen Sie also, auch in diesem Fall?

    Geis: Ja, gut, ich meine, man muss ja überlegen, Bayern hat ja schon 2002 oder 2000 eine Regelung getroffen, und es handelt sich jetzt um die sogenannten Altfälle. Also die Regelung gibt es schon im Bayern, aber ich empfehle nur auch, zu überdenken, ob nicht die Regelung des Bundestages, die ich für gut halte, ob die nicht auch in Betracht zu ziehen ist.

    Liminski: Das Modell Bundestag übernehmen, empfiehlt der CSU-Politiker Norbert Geis zur Lösung der Verwandtschaftsaffäre im bayrischen Landtag. Besten Dank fürs Gespräch, Herr Geis!

    Geis: Danke, Ihnen auch, danke schön!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.