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Margarine-Klötze, Chips und Cookies

Medizin. - Ernährungswissenschaftler in Jena haben einen kritischen Blick auf die Essgewohnheiten der Deutschen geworfen und dabei festgestellt: Viele Verbraucher konsumieren immer noch zu viele trans-Fettsäuren. Diese Fette gelten als schädlich, weil sie den Blutfettspiegel erhöhen und Zellschäden verursachen können. Sie entstehen beim Härten von Fetten oder Ölen durch Hitzezufuhr.

Von Volker Mrasek | 17.05.2006
    So genannte trans-Fettsäuren werden von der Ernährungswissenschaft schon länger kritisch beäugt. Zu viel davon sollten Verbraucher nicht zu sich nehmen, rät Gerhard Jahreis:

    " Wir sollten am Tag möglichst weniger als zwei Gramm trans-Fettsäuren aufnehmen. Das ist die Empfehlung der Ernährungsgesellschaften insgesamt, weltweit auch, nicht nur in Deutschland."

    Jahreis gilt als ausgesprochener Experte für Lebensmittel-Fette. Er ist Professor für Ernährungsphysiologie an der Universität Jena. Und natürlich weiß auch er, dass Verbraucher mit der Zwei-Gramm-Obergrenze in der Praxis wenig anfangen können. Denn wie soll jemand feststellen, welche Menge trans-Fettsäuren er tagaus, tagein isst?

    Deshalb hat Jahreis' Arbeitsgruppe in Jena jetzt einen kritischen Blick in unseren Warenkorb geworfen. Um zu sehen, wo die verpönten trans-Fette überall drinstecken:

    " Es gibt eine ganze Reihe von solchen Produkten. Besonders hohe trans-Fettsäurengehalte haben wir zum Beispiel in Snacks generell gefunden, Kartoffelchips und all diese Dinge, die man so beim Fernsehen isst. Oder, ja, Kuchen, Gebäck prinzipiell. Also all das, was lange im Schrank liegen kann, ohne dass es verdirbt: Das ist ein guter Hinweis darauf, dass dort trans-Fettsäuren enthalten sein können."

    Es geht nicht darum, Chips und Kekse aus Verkaufsregalen und Küchenschränken zu verbannen. Nur sollte sich der Verbraucher beim Verzehr dieser Produkte lieber einschränken, damit Herz und Kreislauf auf Dauer keinen Schaden nehmen.

    Dazu rät auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Peter Stehle, Professor für Ernährungsphysiologie in Bonn:

    " Hintergrund ist klar: trans-Fettsäuren sind berechtigt in den Verdacht gekommen. Es gibt auch wissenschaftliche Belege, dass sie ähnliche Wirkungen wie gesättigte Fettsäuren haben, also zum Beispiel auf Cholesterol-Spiegel oder auf die Struktur von Membranen. Und deswegen sagen wir, man soll das eben runterfahren und eben nur minimale Mengen davon konsumieren."

    Ein großes Sorgenkind war vor Jahren noch Margarine. Das hat sich laut Stehle aber geändert:

    " In den USA waren dann Anteile von bis zu 40 Prozent aller Fettsäuren trans-Fettsäuren, was natürlich sehr schlecht war. Wir haben das in Deutschland dann auch untersucht. Und haben auch einige gesehen, die höher liegen, aber nie so hoch wie die US-amerikanischen. Und die Industrie hat relativ schnell reagiert und hat die Prozesse zur Härtung verändert. Und damit ist der Anteil sehr niedrig."

    Ausreißer gibt es aber schon noch, selbst bei Margarine. Auch das zeigen die aktuellen Analysen von Gerhard Jahreis in Jena:

    " Bei den Margarinen muss man so differenzieren, dass wir dort immer noch relativ viele trans-Fettsäuren finden bei den Margarinen, die von alleine stehen, also sprich: in Würfel-Margarinen, Backmargarinen. Dort haben wir immer einen hohen trans-Fettsäurengehalt. Und dann gibt's als zweites die so genannten Bechermargarinen. All die Margarinen, die heute im Becher abgefüllt werden, haben in der Regel nur noch sehr geringe trans-Fettsäurengehalte. Es gibt heute Diät-Margarinen, die fast keine trans-Fettsäuren mehr enthalten."

    Das ist auch der Grund, warum die Aufnahmemengen rückläufig sind. Doch Entwarnung möchte der Ernährungswissenschaftler noch nicht geben:

    " Wir hatten also vor einigen Jahren in Deutschland noch eine trans-Fettsäurenaufnahme, die bei fünf Gramm pro Tag und mehr lag, im Schnitt. Wir sind heute im europäischen Maßstab bei einer trans-Fettsäurenaufnahme, die in der Gegend von zwei Gramm liegt. Aber da darf man sich eben nicht täuschen lassen. Wenn im Mittel zwei Gramm aufgenommen werden, bedeutet das, dass es eine ganze Menge Menschen gibt, die fünf Gramm und mehr verzehren."

    Auch Milch enthält trans-Fettsäuren, aber andere als Kartoffelchips und Knabbergebäck. Diese Sorte hält Jahreis für unkritisch. Da der Mensch schon seit ewigen Zeiten Milchprodukte zu sich nehme, habe er gelernt, mit deren trans-Fettsäuren umzugehen.

    Was bleibt, ist ein allgemeiner Expertenrat zur Risiko-Minimierung:

    " Wenn man sein Essen selbst zubereitet, dann ist die Gefahr, dass man zuviel trans-Fettsäuren aufnimmt, sehr gering. Früher wusste das der Verbraucher, heute weiß er's nicht mehr: Lebensmittel sind prinzipiell verderblich. Und wenn ein Lebensmittel nicht mehr verdirbt, dann muss man vorsichtig sein."