Freitag, 19. April 2024

Archiv

Mario Sixtus über Zukunft
Es soll so bleiben, wie es ist

Das Verhältnis der Menschen zu ihrer Zukunft ist für Mario Sixtus ein großes Rätsel. "Warum fackeln sie den Planeten ab?", fragt der Journalist in seinem neuen Buch und sagte im Dlf: "Die Klimakatastrophe ist ein super Beispiel, wie verkorkst die Menschen mit dem Konzept Zukunft umgehen."

Mario Sixtus im Corsogespräch mit Sigrid Fischer | 08.10.2019
Mario Sixtus steht vor einem Wand mit Graffiti und schaut leicht nach oben.
Buchautor Mario Sixtus: „Es ist wichtig, eine Empathie für sein Zukunfts-Ich zu entwickeln.“ ( Jasmin Schreiber)
Wurde das Klimapaket der "GroKo" nachträglich weichgespült oder nicht? Die Antwort ist unklar. Dafür sorgt eine neue Bewegung für Stirnrunzeln: "Fridays for Hubraum". Da formiert sich eine Gruppe für die Bewahrung ihres scheinbar PS-starken Lebenswandels. Wenn man den wissenschaftlichen Prognosen traut - und warum sollte man das nicht? - dann formieren sich die Anhänger also wider besseren Wissens gegen die Zukunft. Warum macht der Mensch das? Das Verhältnis der Menschen zu ihrer eigenen Zukunft beschäftigt den Netzexperten, Blogger und Dokumentarfilmer Mario Sixtus in seinem Buch: "Warum an die Zukunft denken?"
"Das Ursache-Wirkung-Denken würde vielen Menschen gut tun"
Die Zukunft als etwas Formbares, als Raum, den wir gestalten können, sei ein Konzept, das erst mit der Aufklärung aufkam, wie Mario Sixtus im Dlf sagte. "Vorher war es ein göttliches Produkt." Die "Fridays for Future"-Demonstranten nähmen die Zukunft als das Produkt, das die Aufklärung ihnen gebaut habe. Man könne Zukunft selber machen und auch selber versauen. Dieses Ursache-Wirkung-Denken würde vielen Menschen gut tun, so Sixtus.
Wir haben noch länger mit Mario Sixtus gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
Die Klimakatastrophe sei ein gutes Beispiel dafür, wie verkorkst die Menschen mit dem Konzept "Zukunft" umgingen. 1986 habe der "Spiegel" den absaufenden Kölner Dom auf dem Titelbild gehabt. In dem Artikel dazu habe damals schon gestanden, womit wir uns heute abkämpften. Das sogenannte Klimapaket der Regierung sei der blanke Hohn.
Empathie für das eigene Zukunfts-Ich entwickeln
Dass der Mensch dem Wandel gegenüber nicht sehr aufgeschlossen sei, habe mit der Verwurzeltheit des Denkapparats in der Vergangenheit zu tun. Laut einer Studie wolle eine Gesellschaft Zukunft nur dann, wenn sie aussehe wie die Gegenwart. "Das ist erschreckend", sagte Mario Sixtus.
Es gebe "Entwicklungsstufen der Zukunftswahrnehmung", zitierte Sixtus die Wissenschaft. Einige Menschen blieben gedanklich in der Gegenwart und kauften sich zum Beispiel einen SUV. Wer seinen Denkapparat etwas weiter trainiert habe, käme darauf, dass die Städte viel zu klein sind, wenn alle einen SUV fahren würden.
Auf utopischer Ebene würde gesellschaftlicher Umbau nicht funktionieren, im Kleinen schon. Das sehe man an den Beispielen Rauchen in öffentlichen Räumen oder FCKW-Verbrauch. Mit gesellschaftlichem Druck funktioniere das. Wichtig sei, Empathie für das eigene Zukunfts-Ich zu entwickeln, und nicht so nachlässig mit der Person umzugehen, die wir einmal sein werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen
Mario Sixtus: "Warum an die Zukunft denken?"
Duden Verlag Berlin, 2019. 128 Seiten, 14 Euro.