"Wir hier in unserer Provinz durchleben keine guten Zeiten. Immer drastischer wird deutlich, das hier die 'Ndrangheta, die kalabresische Mafia, den Ton angibt. In Wirtschaft und Politik. Wir wollen etwas dagegen setzen. Hier und nicht woanders muss man gegen die organisierte Kriminalität kämpfen."
Wir treffen Adriana Musella bei einer Anti-Mafia-Veranstaltung in Limbadi, einer kleinen Ortschaft in Kalabrien. Nicht weit von Limbadi entfernt liegen so berüchtigte Kleinstädte wie Palmi und Rosarno. Namen, die für Mafiahochburgen stehen - von wo auch jene Killer kamen, die vor einigen Jahren Landsleute in einem Duisburger Restaurant umlegten.
In Limbadi planen Adriana Musella und ihre Freunde von der Vereinigung "Riferimento" ein sehr mutiges Experiment: die Einrichtung einer Anti-Mafia-Universität, der ersten ihrer Art weltweit:
"Hier tut sich nichts in Sachen Anti-Mafia und deshalb sind wir davon überzeugt, dass nur die Ausbildung zum Anti-Mafia-Kampf daran etwas ändern kann. Wir brauchen nicht nur Staatsanwälte und Richter, die sich mit der Mafia auskennen, sondern auch Lehrer, Sozialarbeiter und Wissenschaftler, die nur wenig über dieses soziale Phänomen wissen, das immer weiter um sich greift."
Die Vereinigung "Riferimento" wurde 1995 von dem bekannten Anti-Mafia-Richter Antonino Caponnetto gegründet. Mit dem sozialpolitischen Ziel, in mafiaverseuchten Gebieten gegen die organisierte Kriminalität zu wirken.
Die Anti-Mafia-Universität wird derzeit in den mehrere Tausend Quadratmeter großen Räumlichkeiten einer großen Villa am Ortsrand von Limbadi eingerichtet. Das Gebäude gehörte bis vor Kurzem der Mafiafamilie Mancuso. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Villa vom Staat beschlagnahmt und "Riferimento" zur Verfügung gestellt.
Staatsanwälte, Soziologen, Richter und Verwandte von Mafiaopfern sollen die Studierenden unterrichten. Man geht von rund 30 Studierenden pro Studienjahr aus. Die Kurse sollen rund ein Jahr dauern. Am Ende hat man dann einen Master in Mafiakunde in der Tasche, mit dem man bei Kommunen, Provinzen und Regionen wie auch in Schulen arbeiten kann, erklärt Francesco Forgione, auf mafiöse Geschäfte und Wirtschaftsbeziehungen spezialisierter Journalist. Auch er wird in Limbadi unterrichten:
"Oft findet man nur bei der Polizei Experten zur Mafia. Das muss sich ändern. Das Wissen um die Bosse und ihr Tun muss weiter verbreitet werden. Diese Uni wird von regionalen und von Geldern eines EU-Fonds zur Entwicklungen Süditaliens finanziert. Hier werden circa zehn Dozenten unterrichten. Die Absolventen werden Mafiakundler sein. Sie werden helfen, das in Italien enorme Info-Gap zur organisierten Kriminalität zu schließen."
Doch bei der Einrichtung der Anti-Mafia-Bildungsstätte gibt es Probleme. Die Bosse machen sich bemerkbar und bedrohen die Mitarbeiter der Vereinigung "Riferimento", berichtet Claudio Frediano, Lehrer in Limbadi und Mitarbeiter des Projekts:
"Seit zwei Wochen wird die Schule meiner Kinder bewacht, weil Drohungen eingegangen sind, von den Bossen. Man befürchtet Entführungen. Mein Auto wurde beschädigt, ein totes Tier vor unserer Haustür abgelegt. Das sind typisch mafiöse Drohgebärden. Ich soll von meiner Arbeit an diesem Projekt lassen, lautet die Message. Ständig gehen Drohungen gegen meine Familie ein."
Ähnliches können auch die anderen Mitarbeiter der Anti-Mafia-Uni berichten. Sie werden von der Polizei geschützt aber bei einem Feind wie der organisierten Kriminalität kann man sich nie sicher sein, dass auch wirklich nichts geschieht. Wer also in Zukunft, wahrscheinlich ab Frühjahr nächsten Jahres, Mafiakunde in Limbadi studieren will, muss schon Nerven wie Drahtseile haben. Aber die braucht man ja so wie so, wenn man die Mafia studieren will.
Wir treffen Adriana Musella bei einer Anti-Mafia-Veranstaltung in Limbadi, einer kleinen Ortschaft in Kalabrien. Nicht weit von Limbadi entfernt liegen so berüchtigte Kleinstädte wie Palmi und Rosarno. Namen, die für Mafiahochburgen stehen - von wo auch jene Killer kamen, die vor einigen Jahren Landsleute in einem Duisburger Restaurant umlegten.
In Limbadi planen Adriana Musella und ihre Freunde von der Vereinigung "Riferimento" ein sehr mutiges Experiment: die Einrichtung einer Anti-Mafia-Universität, der ersten ihrer Art weltweit:
"Hier tut sich nichts in Sachen Anti-Mafia und deshalb sind wir davon überzeugt, dass nur die Ausbildung zum Anti-Mafia-Kampf daran etwas ändern kann. Wir brauchen nicht nur Staatsanwälte und Richter, die sich mit der Mafia auskennen, sondern auch Lehrer, Sozialarbeiter und Wissenschaftler, die nur wenig über dieses soziale Phänomen wissen, das immer weiter um sich greift."
Die Vereinigung "Riferimento" wurde 1995 von dem bekannten Anti-Mafia-Richter Antonino Caponnetto gegründet. Mit dem sozialpolitischen Ziel, in mafiaverseuchten Gebieten gegen die organisierte Kriminalität zu wirken.
Die Anti-Mafia-Universität wird derzeit in den mehrere Tausend Quadratmeter großen Räumlichkeiten einer großen Villa am Ortsrand von Limbadi eingerichtet. Das Gebäude gehörte bis vor Kurzem der Mafiafamilie Mancuso. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Villa vom Staat beschlagnahmt und "Riferimento" zur Verfügung gestellt.
Staatsanwälte, Soziologen, Richter und Verwandte von Mafiaopfern sollen die Studierenden unterrichten. Man geht von rund 30 Studierenden pro Studienjahr aus. Die Kurse sollen rund ein Jahr dauern. Am Ende hat man dann einen Master in Mafiakunde in der Tasche, mit dem man bei Kommunen, Provinzen und Regionen wie auch in Schulen arbeiten kann, erklärt Francesco Forgione, auf mafiöse Geschäfte und Wirtschaftsbeziehungen spezialisierter Journalist. Auch er wird in Limbadi unterrichten:
"Oft findet man nur bei der Polizei Experten zur Mafia. Das muss sich ändern. Das Wissen um die Bosse und ihr Tun muss weiter verbreitet werden. Diese Uni wird von regionalen und von Geldern eines EU-Fonds zur Entwicklungen Süditaliens finanziert. Hier werden circa zehn Dozenten unterrichten. Die Absolventen werden Mafiakundler sein. Sie werden helfen, das in Italien enorme Info-Gap zur organisierten Kriminalität zu schließen."
Doch bei der Einrichtung der Anti-Mafia-Bildungsstätte gibt es Probleme. Die Bosse machen sich bemerkbar und bedrohen die Mitarbeiter der Vereinigung "Riferimento", berichtet Claudio Frediano, Lehrer in Limbadi und Mitarbeiter des Projekts:
"Seit zwei Wochen wird die Schule meiner Kinder bewacht, weil Drohungen eingegangen sind, von den Bossen. Man befürchtet Entführungen. Mein Auto wurde beschädigt, ein totes Tier vor unserer Haustür abgelegt. Das sind typisch mafiöse Drohgebärden. Ich soll von meiner Arbeit an diesem Projekt lassen, lautet die Message. Ständig gehen Drohungen gegen meine Familie ein."
Ähnliches können auch die anderen Mitarbeiter der Anti-Mafia-Uni berichten. Sie werden von der Polizei geschützt aber bei einem Feind wie der organisierten Kriminalität kann man sich nie sicher sein, dass auch wirklich nichts geschieht. Wer also in Zukunft, wahrscheinlich ab Frühjahr nächsten Jahres, Mafiakunde in Limbadi studieren will, muss schon Nerven wie Drahtseile haben. Aber die braucht man ja so wie so, wenn man die Mafia studieren will.