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Mazedonien
Neue Regierung zeigt sich kompromissbereit

Seit mehr als 25 Jahren ist Mazedonien unabhängig, aber international tut sich das Land immer noch schwer. Grund ist ein Streit mit Griechenland über den Namen des Landes. Seit Jahren sind deshalb sämtliche Bemühungen um eine Mitgliedschaft in EU und NATO blockiert. Die neue Regierung in Skopje möchte das ändern.

Von Stephan Ozsvàth | 15.06.2017
    Flagge Mazedonien
    Flagge Mazedonien (AFP/Tomislav Georgiev)
    Da ist es, das Kunstwort: Former Yugoslav Republic. - So reden griechische Offizielle, wenn sie den Nachbarn Mazedonien meinen. Auf internationalem Parkett muss der Balkanstaat seit Jahren unter dem sperrigen Kürzel "FYROM" auftreten. Denn: Athen fürchtet Gebietsansprüche, weil Mazedonien so heißt wie eine griechische Nordprovinz. Deshalb blockiert Athen seit Jahren EU und NATO-Beitritt Mazedoniens. Auch jetzt macht Außenminister Nikos Kotzias klar.
    "Wer blockiert hier? Das sind die", sagt der Grieche. "Sie sollen den Irredentismus beenden und den Namen ändern, dann wird eine Mitgliedschaft in EU und NATO möglich."
    Zehn Jahre lang war die Antwort aus Skopje: Nein. Im Gegenteil. Der nationalkonservative Langzeitpremier Gruevski setzte auf Nationalismus und Antike-Kitsch – und provozierte die griechischen Nachbarn, benannte den Flughafen nach Alexander dem Großen und stellte überlebensgroße Statuen des Eroberers in Skopje auf. Nun hat dort – nach dreieinhalb Jahren Krise – der Sozialdemokrat Zoran Zaev den Regierungssessel eingenommen – und einen Kurswechsel eingeleitet.
    "Unser südlicher Nachbar Griechenland ist ein großer Freund", schmeichelt er. "Und der kann uns auf dem EU-Reform-Weg helfen. Denn nur mit seiner Hilfe kann es ein gutes Umfeld für die Lösung unserer sensiblen Frage geben."
    Neue Regierung will in die EU
    Mazedonien sieht keine Alternative zur EU-Mitgliedschaft, versicherte Zaev diese Woche in Brüssel. Der Sozialdemokrat will schnell in die Staatengemeinschaft und das westliche Verteidigungsbündnis – die Russen hätten Mazedonien lieber in ihrer Einfluss-Sphäre. Ihnen schwebt ein neutraler Staatengürtel auf dem West-Balkan vor. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagt.
    "Eine gemeinsame Lösung in der Namensfrage muss im Rahmen der Vereinten Nationen geklärt werden. Das war und ist unsere Position, die wir seit dem NATO-Gipfel 2008 in Bukarest formuliert haben."
    Mazedoniens Kompromiss-Vorschlag: Die Regierung Zaev wäre bereit, zunächst unter einem anderen Namen der NATO beizutreten. Die Mazedonier sollen in einem Referendum befragt werden. Und Reformen stehen an. Walter Plomp, niederländischer Botschafter in Skopje, fordert Rechtsstaatlichkeit und Berechenbarkeit ein. Der Diplomat ermunterte aber die Regierung.
    Griechen müssen zustimmen
    "Natürlich ist auch für die NATO der Rechtsstaat von Bedeutung. Auch ein Kompromiss beim Namensthema wird nötig sein. Aber: Der Unterschied zwischen NATO und EU-Beitritt ist, dass für den NATO-Beitritt schon viele Hausaufgaben gemacht wurden. Der könnte deshalb schneller gehen."
    Die zweite Motivationsmöhre hängte EU-Erweiterungskommissar Hahn den Mazedoniern vor die Nase. Die Beitrittsverhandlungen sollten bald beginnen. Die EU bleibe dem Westbalkan verpflichtet, so Hahn in Brüssel. Beim Thema Namensstreit allerdings dämpfte der Österreicher etwas die Erwartungen.
    "Es ist nichts, was man von heute auf morgen ändern kann. Aber wenn man sich zusammensetzt, miteinander redet, kann man am Ende Lösungen erreichen. Um neue Verhandlungskapitel zu öffnen, müssen aber alle Mitgliedstaaten zustimmen."
    Im Klartext: Ohne die Griechen kein Beitritt zu EU und NATO.