Zu Besuch bei Tischlermeister Burkhard Krotz und seiner Frau in Ahlbeck, einem 800-Seelen-Dorf in der Ueckermünder Heide. Hier sagen sich seit je Fuchs und Hase Gute Nacht. Dennoch:
- "Ich bin ja 1950 hier geboren und habe bis auf wenige Ausnahmen, wenn wir mal auf dem Bau waren, immer in Ahlbeck gewohnt."
- "Ahlbeck ist ein schönes Dorf. Wir haben saubere Luft. Wir haben Wasser, Wald. Wir haben alles, was man sich wünschen kann."
Doch wie viele Leute in Vorpommern beklagen auch die Krotzens, dass sich die Landespolitiker im 250 Kilometer entfernten Schwerin zu wenig für das dünn besiedelte vorpommersche Hinterland interessierten. Wirtschaftsförderung, Unternehmensansiedlungen, Fahrradwege über Land? Geld dafür gehe vor allem nach Mecklenburg, meinen sie.
"Hier ist ja nix angekommen. Fast nichts in Vorpommern! Da wird so viel versprochen vor den Wahlen und dann passiert jahrelang nichts."
Die Statistik gibt das nicht her. Dennoch stimmten die beiden bis dahin treuen CDU-Wähler aus Ahlbeck bei der Landtagswahl 2016 auch wegen des Vorpommern-Themas für die Alternative für Deutschland. Ungehört verhallte jedenfalls dieses Wahlversprechen des damaligen CDU-Spitzenkandidaten Lorenz Caffier:
"Ich möchte die Entwicklung strukturschwacher Regionen zur Chefsache machen. Deswegen bei uns im Programm dieser immer wieder zitierte Vorpommern-Staatssekretär."
Vorpommern-Staatssekretär ernannt
Der Posten ist inzwischen geschaffen und von Patrick Dahlemann (SPD) besetzt. Der 28-jährige Staatssekretär soll am Kabinettstisch der Großen Koalition darauf achten, dass die Belange von Vorpommern und anderen strukturschwachen Regionen nicht zu kurz kommen. Sobald sein Büro im – na klar – vorpommerschen Anklam eingerichtet ist, soll sich Dahlemann zudem als Kümmerer vor Ort profilieren. Hoffnung bei dieser Gewerbetreibenden:
"Dass sich Herr Dahlemann für uns einsetzt. Ich trau ihm das zu, natürlich. Er ist jung und engagiert. Warum soll er das nicht schaffen?"
Skepsis bei Ralph Drescher, CDU-Landrat von Vorpommern-Rügen.
"Bisher haben wir die Gelegenheit gehabt, als Landräte und Oberbürgermeister mit dem Ministerpräsidenten und mit den Ministern direkt zu verhandeln. Ich glaube, das war ein effizienter Weg. Wie wir das jetzt mit dem Staatssekretär fertig kriegen sollen? Ich sehe es nicht als Verbesserung, sondern mehr als ein optisches Signal. Ob das auch praktisch einen Nutzen für uns bringt, das müssen wir erst noch sehen".
Das Signal hat vor allem damit zu tun, dass die AfD bei der Landtagswahl überall in Vorpommern mehr als 30 Prozent der Stimmen plus drei Direktmandate erringen konnte. Kaum im Parlament, packte die AfD ein für die Region symbolträchtiges Thema an: Die privatwirtschaftlich veranlasste, aber von Schwerin abgesegnete Verkleinerung des Kreiskrankenhauses Wolgast (Usedom).
AfD greift Bürgerprotest auf
Typisch für den arroganten Umgang der Landesregierung mit dem Bürgerwillen in Randgebieten, so der AfD-Abgeordnete Professor Ralph Weber im November zu hunderten Wolgaster Demonstranten.
"Sie haben über 19.000 Unterschriften gesammelt für den Erhalt der beiden inzwischen geschlossenen Abteilungen hier im Krankenhaus. Was haben Sie dafür bekommen? Eine Abstimmung im Landtag, die vorbestimmt negativ ausgefallen ist. Und einen Staatssekretär, den Herrn Dahlemann, der sich heute noch nicht mal hierher bemüht hat. Herr Dahlemann: Ihr erster Eindruck war sehr schlecht."
Inzwischen startete die AfD-Fraktion eine neue parlamentarische Initiative für die Wiedereröffnung von Geburtshilfe und Kinderstation. Der neue CDU-Gesundheitsminister signalisiert Kompromissbereitschaft.
Fonds soll finanziell helfen
Und sonst? Schmetterte die Große Koalition in Schwerin den Antrag der Linkspartei auf einen 50 Millionen Euro schweren Vorpommern-Fonds ab. Sie plant vielmehr einen Strategiefonds, der unter anderem Investitionen in benachteiligte Gebiete im gesamten Bundesland fördern soll. Dennoch geht es vor allem für vorpommersche Abgeordnete wie Egbert Liskow (CDU) darum:
"Durch Leuchtturmprojekte, aber auch durch kleinere Projekte, die gefördert werden, den Leuten das Zeichen zu senden: Wir kümmern uns um euch."
Vielleicht hilft ja Schwerins derzeitiges Interesse an Vorpommern dabei, ein eher mondänes Wahlversprechen zu erfüllen. Egbert Liskow will endlich Landesmittel für die Sanierung von Schloss Ludwigsburg bei Greifswald lockermachen.
Es ist das letzte original erhaltene Pommernschloss in Deutschland. Die Chancen werden sich auch in den gerade beginnenden Haushaltsverhandlungen zeigen.