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ARD erntet scharfe Kritik für ESC-Nominierung von Xavier Naidoo

Die ARD-Entscheidung für Xavier Naidoo als Teilnehmer des Eurovision Song Contests in Stockholm hat zu großem Unverständnis geführt. Aus der Politik kommt Kritik. Aus dem Netz auch. Dem Sänger wird eine Nähe zu den obskuren sogenannten Reichsbürgern vorgeworfen. Auch der Lesben- und Schwulenverband ist unzufrieden.

19.11.2015
    Der Musiker Xavier Naidoo bei einem Auftritt in Mannheim in der SAP-Arena
    Der Musiker Xavier Naidoo bei einem Auftritt in Mannheim in der SAP-Arena (picture alliance / dpa)
    Der Grünen-Politiker Volker Beck fragte bei Twitter, warum Deutschland jemanden zum ESC schicke, der wegen homophober und antisemitischer Texte in der Kritik stehe.
    Hintergrund ist ein Lied, das Naidoo zusammen mit dem Rapper Kool Savas aufgenommen hatte. Darin soll es um rituelle Kindermorde gehen. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) hielt den Text allerdings für schwulenfeindlich und erstattete Anzeige, so wie auch andere Organisationen, die den Text als gewaltverherrlichend einstuften. Beide Musiker wiesen die Vorwürfe zurück - der Text sei falsch interpretiert worden. Die Staatsanwaltschaft nahm damals keine Ermittlungen auf.
    Wie man jemanden in Zeiten von "Pegida" als deutschen Vertreter nominieren könne, der die Souveränität Deutschlands infrage stelle, sei nicht nachvollziehbar, sagte der Bundesvorstand des LSVD, Tobias Zimmermann, dem Evangelischen Pressedienst. Es sei bedauerlich, dass die ARD hier so wenig Fingerspitzengefühl gezeigt habe. Zu hoffen sei, dass die Entscheidung noch einmal überdacht werde.
    Darüber hinaus gibt es auch Unverständnis über die politische Haltung Naidoos. So reagierte der stellvertretende SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel mit gleich zwei Tweets:
    Kritiker werfen dem Mannheimer Naidoo eine Nähe zu Verschwörungstheorien vor, insbesondere zu den sogenannten "Reichsbürgern", wie Tobias Jobke im DLF berichtete. Mit diesem Sammelbegriff sind Gruppierungen gemeint, die die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland in Zweifel ziehen. Naidoo äußerte solche Ansichten unter anderem 2011 im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. In diesem Zusammenhang wurde Naidoo auch mit dem "Goldenen Aluhut" ausgezeichnet. "Spiegel Online" spottete unter Hinweis auf sein stets offen vorgetragenes Bekenntnis zum christlichen Glauben: "Jesus bei den Reichsbürgern".
    ARD verteidigt Vorgehehen und Xavier Naidoo
    ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber hatte erklärt, Naidoo sei ein "Ausnahmekünstler", weshalb man ihn direkt und ohne Entscheidung der Zuschauer nominieren werde. Er nahm den 44-jährigen Sänger in Schutz und erklärte: "Xavier Naidoo ist weder rechtspopulistisch noch homophob oder antisemitisch."
    Auch das Vorgehen verteidigte Schreiber: "Zum einen wollen wir die Auswahl der Lieder stärker in den Vordergrund stellen und weniger die Sympathien für einzelne Kandidaten entscheiden lassen. Zum anderen haben wir jemanden gesucht, der im Jahre sechs nach Lenas Sieg in Oslo den Mut hat, in Stockholm anzutreten - nach einem letzten Platz und null Punkten beim ESC in Wien."
    Die Zuschauer sollen nach den Plänen der ARD bei der Show "Unser Song für Xavier" am 18. Februar nur noch über das Lied abstimmen, mit dem Naidoo in Stockholm ins Rennen gehen soll. Unter dem Hashtag #einliedfuerxavier wird seit Stunden Spott und Kritik geäußert.