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Medizin
Gift und Gene als Parkinsonrisiko

Wie Gene und Umwelt bei der Parkinsonentstehung zusammenwirken, haben Mediziner aus Los Angeles untersucht. Dabei fanden sie Hinweise darauf, dass Pflanzenschutzmittel die Entstehung der Krankheit begünstigen.

Von Michael Lange | 04.02.2014
    Die Ursachen der Parkinson-Krankheit sind immer noch unbekannt. Nur wenige Fälle sind auf einzelne bekannte Gene zurückzuführen. Umweltfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle. So gab und gibt es Hinweise, dass Pflanzenschutzmittel die Entstehung der Parkinson-Krankheit begünstigen. Mediziner der Universität von Kalifornien in Los Angeles haben diesen Zusammenhang viele Jahre untersucht. Dabei richteten sie ihren Blick zuletzt auf ein Entgiftungsenzym, ein Protein namens Aldehyd-Dehydrogenase. In Laborversuchen fanden sie elf verschiedene Pflanzenschutzmittel, die dieses Protein hemmen. Einige davon werden in den USA und Europa nach wie vor als Pestizide eingesetzt. Die Hemmung des Enzyms führt dazu, dass sich giftige Zwischenprodukte des Stoffwechsels in den Zellen des Körpers anreichern. Das Gen, das den Bauplan für das Enzym trägt, heißt. ALDH 2. Und dieses Gen existiert innerhalb der Bevölkerung in zwei verschiedenen Varianten, erklärt die Epidemiologie-Professorin Beate Ritz von der Fielding School of Public Health an der Universität von Kalifornien in Los Angeles.
    "In der einen genetischen Gruppe sind die Menschen sehr viel anfälliger für diese Hemmaktivität, die die Pestizide auf dieses Protein haben. Also gibt es eine große Gruppe von Menschen, die einfach sehr viel anfälliger ist, darauf zu reagieren, wenn sie diesen Pestiziden ausgesetzt sind."
    In einer neuen Studie hat Beate Ritz die genetische Variante bei 360 Parkinson-Patienten untersucht. Sie leben in einer Region Kaliforniens, die stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet ist. Als Vergleich dienten 816 gesunde Personen in der gleichen Region. Die Genvariante, die das Enzym Aldehyd-Dehydrogenase hemmt und so Menschen empfindlicher auf Pflanzenschutzmittel reagieren lässt, kam bei den Parkinson-Patienten besonders häufig vor. Nach den Berechnungen der Wissenschaftler aus Kalifornien ist das Risiko, an der Nervenkrankheit zu erkranken, bei den Trägern dieser empfindlichen Genvariante zwei- bis sechsmal höher als bei Menschen, die diese Variante nicht aufweisen.
    Für den Neurologie-Professor und Parkinson-Spezialisten Ullrich Wüllner von der Universitätsklinik Bonn sind die neuen Ergebnisse aus den USA keine Überraschung, aber ein interessanter Fortschritt.
    "Ein ganz wichtiger Aspekt ist sicherlich, dass man hier dem Mechanismus nähergekommen ist, wie diese Pflanzenschutzmittel im Körper verstoffwechselt werden, und dass manche Menschen eine Veranlagung in ihren Stoffwechselprozessen mitsich bringen, die dann von Bedeutung ist, wenn sie tatsächlich mit einem giftigen Stoff aus der Umwelt, zum Beispiel einem Pflanzenschutzmittel konfrontiert werden."
    Dabei gibt Ullrich Wüllner zu bedenken, dass das Risiko durch Pflanzenschutzmittel nur ein Faktor von vielen ist.
    "Soweit wir das heute einschätzen können, ist die Bedeutung dieser Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln eher gering. Er erhöht das Risiko zwar in einem gewissen Umfang. Aber es reicht sicherlich nicht alleine aus, um eine Parkinson-Krankheit hervorzurufen."
    Aber es steht auch fest: Es gibt einen Grund mehr, Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt oder auch in der Nahrung besser aus dem Wege zu gehen.