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Mehr Geld für Flüchtlinge
De Maizière weist Forderung zurück

Der Bund soll sich mehr an den Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen beteiligen. Das forderten die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer in dieser Woche – und finden damit kein Gehör bei Innenminister de Maizière. Der verweist auf eine erst jüngst erzielte Einigung.

Von Barbara Schmidt-Mattern, Hauptstadtstudio Berlin | 29.03.2015
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Rechte Parolen in Duisburg-Neumühl – vergangenen Sommer versammelten sich Wutbürger vor einer geplanten Flüchtlingsunterkunft. Und in Tröglitz in Sachsen-Anhalt trat der Bürgermeister wegen rechtsextremer Anfeindungen in der Debatte um ein neues Asylbewerberheim zurück. Kommunen und Länder fühlen sich überfordert mit den steigenden Flüchtlingszahlen und fordern finanzielle und strukturelle Hilfen vom Bund:
    "Denn es ist am Ende so, dass sie bei den Integrationsleistungen jetzt nicht hingehen können und sagen: Ich bezahle jetzt den Deutschunterricht mal für ein Jahr. Beispielsweise, sie geben der Kommune Geld, damit sie neue Lehrer einstellt. Und nach einem Jahr ist das Geld des Bundes weg und die Kommune sagt, jetzt müssen wir die Leute wieder de facto entlassen, oder die Länder springen dann ein. Also, was wir erwarten, ist hier die dauerhafte Planbarkeit des Bundes an den Kosten."
    De Maiziere weist Forderungen zurück
    So erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, SPD, erst diese Woche wieder bei dem Treffen der 16 Ministerpräsidenten. Doch der Bundesinnenminister weist alle Forderungen nach mehr Geld für die Flüchtlingsunterbringung zurück. Der Bund habe bereits für dieses und kommendes Jahr je 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. So erinnert Thomas de Maiziere heute im "Tagesspiegel"-Interview. De Maiziere wendet sich vielmehr an seine europäischen Amtskollegen: Die Lastenverteilung bei der Flüchtlingsaufnahme muss besser werden, soll heißen aus deutscher Sicht gerechter. Schon bei der deutschen Innenministerkonferenz in Bonn war De Maiziere die Ungeduld anzuhören. Deutschland könne nicht alles alleine machen, so die Botschaft:
    "Ich werde allmählich etwas ärgerlich, wenn immer gesagt wird, das reicht nicht aus. Sondern das ist sehr viel. Und wir müssen alle Anstrengungen darauf richten, dass andere europäische Staaten ihren Teil der Verantwortung jetzt auch übernehmen."
    Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert nun einmal mehr einen Nationalen Flüchtlingsgipfel. Das Bundesamt für Migration rechnet allein für dieses Jahr mit 300.000 Asylbewerbern. Eine viel zu niedrige Prognose, heißt es dazu aus den Bundesländern. Sie haben neben der Forderung nach mehr Geld immer neue Vorschläge. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff regt ein Patensystem an, vor allem ältere Menschen könnten den Flüchtlingen helfen, so der CDU-Politiker. Dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann von den Grünen dauert derweil die Abschiebepraxis zu lange:
    "Wir geben in Baden-Württemberg allein über 600 Millionen Euro in einem Jahr aus. Und das kann nicht ausreichen. Das können die Länder nicht alleine stemmen. Daran muss sich der Bund stärker beteiligen, zum Beispiel an den Gesundheitskosten, aber auch an den Kosten für Unterkunft und Betreuung."
    Forderungen nach mehr Integration
    Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) fordert indes eine bessere Integration der hier gestrandeten Menschen. Auch sein Parteifreund, der scheidende Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky aus Berlin-Neukölln meldet sich in der Integrationsdebatte zu Wort, allerdings nicht zum Thema Flüchtlinge, sondern der SPD-Politiker greift die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum aufgehobenen Kopftuchverbot in staatlichen Schulen scharf an. Im Interview der Woche im Deutschlandfunk erklärt Buschkowsky:
    "Die, die dieses Urteil gefällt haben, haben keine Ahnung – null -, wie es in Gebieten, in Stadtlagen wie Neukölln zugeht. Und die Botschaft ist: Oma trägt Kopftuch, die Tanten tragen Kopftuch, Mutter trägt Kopftuch und die Lehrerin trägt es auch. Der soziale Druck im Wohngebiet auf die säkularen, auf die liberalen Muslime nimmt immens zu."
    Die Kritik am Urteil aus Karlsruhe wächst. Auch der ehemalige Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier befürchtet, dass die Aufhebung des Kopftuch-Verbots zu, Zitat, höchst unerfreulichen Streitigkeiten an Schulen führen könnte, die möglicherweise wieder vor Gericht enden.