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Mehr Geld und bessere Radwege

Radfahren ist umweltfreundlich, gut für die Gesundheit und macht einfach Spaß. Mehr Menschen davon zu überzeugen, war in den vergangenen zehn Jahren Ziel des Nationalen Radverkehrsplans. Auf dem zweiten Nationalen Radverkehrskongress wollen die Beteiligten Bilanz ziehen.

Von Angelika Tannhof |
    2002 beschloss der Bundestag einstimmig, über einen Zeitraum von zehn Jahren den Radverkehr zu fördern. Doch der Nationale Radverkehrsplan enthält vor allem viel Unverbindliches. Der Anteil am Gesamtverkehr sollte steigen, die Nahmobilität gefördert werden nach dem Leitbild "Stadt der kurzen Wege".

    Die Haushaltsmittel für Radwege an Bundesstraßen sollten für das erste Jahr 2002 verdoppelt werden. Es gibt einen Bund-Länder-Arbeitskreis "Fahrradverkehr" und eine Fahrradakademie, die Verkehrsplanern Nachhilfe gibt in Sachen Radverkehrsplanung. Das Meiste mussten die Kommunen umsetzen.

    Dortmund - Kreuzviertel - Lindemannstraße. Auf der vierspurigen Hauptverkehrsstraße ist auf beiden Seiten ein Radweg markiert. Der wird viel und gern genutzt. Die dicht bebaute Ruhrgebietsstadt hat mit vielen Aktionen bewiesen, dass man es den Radlern leichter machen kann, auch ohne Riesen-Summen aufzubringen oder große Löcher zu buddeln.

    "Es sind sehr viele Radwege geschaffen worden auf der Fahrbahn, wir verbessern sehr viele Radwege. Im gesamten Innenstadtbereich entstehen Fahrradständer. Schienen, die noch in den Fahrbahnen liegen, werden zugegossen. Zum Beispiel haben wir Parkplätze aufgegeben und dafür Fahrradhäuschen aufgestellt. Die haben eine Hängevorrichtung, von den Fahrradhäuschen haben wir acht Stück in Dortmund","

    erklärt Rüdiger Hartmann, Radverkehrsbeauftragter der Stadt. Die Stadt hat in zehn Jahren den Radverkehrsanteil auf zehn Prozent gesteigert.

    Andere Städte haben Fahrradparkhäuser gebaut und sind an Leihradkonzepten beteiligt. Ein Unternehmer hat vom ADFC und dem Deutschen Institut für Urbanistik in einer Studie feststellen lassen, was er in seinem Betrieb verändern muss, damit mehr Mitarbeiter mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Vor den Filialen großer Lebensmittelketten sieht man immer öfter Fahrradständer.

    Axel Friedrich geht das alles noch nicht weit genug. Der Verkehrsexperte und langjährige Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt im Umweltbundesamt berät im Expertenbeirat die Bundesregierung bei der Umsetzung des Plans. Seine Bilanz fällt sehr gemischt aus:


    ""Er hat viele Anstöße gegeben, das war extrem wichtig. Auch dass es im Verkehrsministerium Menschen gibt, die das Thema bearbeiten, das gab es ja früher auch nicht Eine wirklich hervorragende Institution ist die Fahrradakademie. Da sitzen Tiefbauplaner, die bisher nur Auto im Kopf hatten. Die Nachfrage ist deutlich mehr als sie verkraften kann, da brauchen wir mehr Mittel. Leider ist die finanzielle Ausstattung bei weitem nicht ausreichend. Wir brauchten deutlich mehr Geld, mehr Personen in Bund und Länder um das Thema voranzubringen. Viele Kommunen habe keine hauptamtlichen Planer für das Thema Radverkehr."


    Friedrich wünscht sich nicht nur mehr Geld, seiner Ansicht nach fehlt der politische Wille.

    "Ich glaube, dass viele in der Politik noch nicht verstanden haben, dass das Radfahren die Gesundheit der Menschen, die Lebensqualität verbessern kann und auch noch Geld spart. Das heißt, wir haben Elemente, die wir brauchen, um zukunftsfähig zu sein."


    Die Politik müsse sich entscheiden, wem die Straße gehöre, nur dem Auto oder gleichberechtigt auch dem Fahrrad. Auf seinen Reisen erlebt der Verkehrs- und Umweltspezialist, dass es anders geht:

    "Wenn Sie nach Kopenhagen gehen, wo 37 Prozent der Wege mit dem Rad durchgeführt werden. Und das Ziel ist, bis 2050 50 Prozent zu haben. Und es ist nicht eine Sache der Umwelt, oder Geld sparen. Es kommt das Argument, es macht Spaß, und es ist ein besseres Lebensgefühl. Und dafür brauchen Sie Radanlagen, wo sich Leute auch unterhalten können und nebeneinander fahren können. In Kopenhagen wird im Winter zuerst der Radweg geräumt und dann die Straße."

    Anfang kommender Woche werden auf dem Verkehrskongress in Nürnberg in einer Arbeitsgruppe die Ziele für die Fortschreibung des Plans festgelegt. Nicht nur Friedrich hofft, dass der Bund endlich konkrete Zahlen nennt. 50 Prozent wie in Kopenhagen wären ein schönes Ziel und ein Bekenntnis: Pro Rad.

    Infos zum Radverkehrsplan und zum Kongress: www.nationaler-radverkehrsplan.de