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Mehr Sicherheit vor Gammelfleisch und verderblicher Ware

Fleisch aus der Kühltheke muss nicht unbedingt frisch sein. Trotz Mindesthaltbarkeitsdatum kann das Produkt nicht mehr genießbar sein, wenn die Kühlkette unterbrochen wurde. Mit einem speziellen Etikett könnte der Kunde in Zukunft sehen, ob die Ware vorschriftsmäßig gelagert wurde.

    Liminski: Gammelfleisch - der Begriff ist bekannt, aber der Verbraucher weis nicht, ob und wann er solche verderbliche Ware vorgesetzt bekommt. Die Gesetze sind zwar verschärft worden; der Frischegehalt der Ware - insbesondere eben leicht verderbliches Fleisch - soll sofort erkennbar sein. Aber das berühmte Mindesthaltbarkeitsdatum lässt sich manipulieren. Es kommt auf die Kontrolle während der Kühlkettenlogistik an und die deutschen Ingenieure würden ihrem Tüftler-Ruf nicht gerecht, wenn sie nicht Methoden für diese Kontrolle erfinden würden.

    Auf der jüngsten Einzelhandelsmesse in Düsseldorf, die gestern zu Ende ging, wurde eine solche Methode vorgestellt. Sie heißt TTI; das steht für "Time Temperature Indicator" und wurde von einer Firma namens Bizerba zusammen mit Zieba in Basel entwickelt. Der technische Geschäftsführer von Bizerba Martin Arndt ist jetzt am Telefon. Zunächst mal guten Morgen Herr Arndt!

    Arndt: Guten Morgen Herr Liminski!

    Liminski: Herr Arndt, bei jedem Gammelfleischskandal - bleiben wir mal bei diesem Produkt - fragt sich der Verbraucher, ob das Hackfleisch im Kühlregal trotz Haltbarkeitsdatum wirklich noch frisch ist, denn das Hackfleisch muss ja ab der Verpackung immer kühl gelagert sein - über die ganze Transportkette hinweg. Wie kann man garantieren, dass das Fleisch frisch ist, so dass der Kunde das auch sieht und sicher sein kann?

    Arndt: Dazu haben wir ein spezielles Etikett entwickelt. Das wird mit einer Farbe beaufschlagt, die zunächst dunkelblau gefärbt wird und sich dann über Zeit und Temperatur entfärbt, also immer heller wird. Das heißt wenn der Kunde feststellt, dass die Ware, die er im Kühlregal im Einzelhandel entnimmt, ein Etikett hat, welches noch diese dunkelblaue Farbe enthält, dann kann er sicher sein: Die Kühlkette wurde eingehalten und das Hackfleisch wurde vorher immer richtig gelagert.

    Liminski: Also wenn alles im dunkelblauen Bereich ist, ist es okay. Wie funktioniert das denn technisch?

    Arndt: Technisch funktioniert es so: Das ist eine spezielle Farbe, eine Polymerfarbe, die sich mit der Zeit und über die Temperatur chemisch verändert und dann diesen Entfärbeprozess bringt. Dazu wird diese Farbe mit UV-Licht bestrahlt, und zwar genau in dem Moment, wenn das Hackfleisch verpackt wird. Nachdem dieses UV-Licht dort appliziert wurde, kommt ein Filterelement über diese Farbe, so dass spätere Manipulationen ausgeschlossen sind. Aber mit diesem Filter gleichzeitig fängt natürlich an, die Zeit zu laufen, und über Zeit und Temperatur beginnt sich das Etikett langsam zu entfärben.

    Liminski: Dann kann man ja eigentlich auf das Mindesthaltbarkeitsdatum verzichten?

    Arndt: Nein, das geht natürlich nicht, denn das Mindesthaltbarkeitsdatum ist zunächst mal ja ein vom Gesetzgeber vorgeschriebenes Regularium, sagt aber aus, dass wenn alles korrekt eingehalten worden ist, dann die Ware entsprechend so lange verzehrbar sein darf. Das TTI ist insofern eine wertvolle Ergänzung zu diesem Mindesthaltbarkeitsdatum, insofern dass es ja gerade den Nachweis bringt, dass tatsächlich alles sauber eingehalten worden ist, dass also das Hackfleisch wirklich entsprechend der Vorschriften kühl permanent gelagert worden ist.

    Liminski: Das Etikett dürfte vielleicht nicht allen Lebensmittelketten gefallen, denn man sieht ja jetzt die Frische oder Gammelei sofort.

    Arndt: Das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Lebensmittelketten sind daran interessiert, weil die Ketten ja gerade uns Verbrauchern nachweisen wollen, dass sie wirklich frische Ware im Kühlregal gelagert haben. Das ist ja gerade etwas, was sich verkaufen lässt, und sie beweisen damit, dass sie wirklich das halten was sie versprechen.

    Liminski: Kann man denn das Etikett heute schon im Laden sehen?

    Arndt: Ja. Es war bereits im Test in Deutschland, allerdings ganz gezielt erst mal zum Test für die Einzelhändler, ohne den Verbraucher über dieses Etikett wirklich zu informieren. Der aktuelle Status ist der, dass im Ausland - konkret in Portugal und in den USA - sich bereits Kunden entschieden haben, dieses TTI einzusetzen. Das TTI ist also serienreif und auch in Deutschland mittlerweile großflächig getestet und wir sind im Moment aktuell in der Diskussion mit verschiedenen Einzelhandelsketten.

    Liminski: Herr Arndt, für welche Ware funktioniert das denn, nur für Hackfleisch oder auch für andere?

    Arndt: Das funktioniert prinzipiell für jedes Produkt und zwar können wir abhängig davon, wie intensiv wir mit UV-Strahlung bestrahlen, dafür sorgen, dass sich diese Farbe schneller oder etwas langsamer entfärbt, also genau passend dazu, welches Produkt man eben hat. Wir starten aber im Moment mit dem Hackfleisch, weil Hackfleisch eben doch ein besonders sensibles Produkt ist.

    Liminski: Mehr Sicherheit vor Gammelfleisch und verderblicher Ware. Das war Martin Arndt, technischer Geschäftsführer der Firma Bizerba. Besten Dank für das Gespräch, Herr Arndt!

    Arndt: Ich bedanke mich ebenfalls.