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Mehrwertsteuererhöhung
Diskussion um zu billiges Fleisch

Zwei Politiker fordern, dass die Mehrwertsteuer auf Fleisch auf 19 Prozent erhöht wird. Dagegen gibt es Widerstand - und es steht auch zur Diskussion, ob das reicht, um den Konsum zu bremsen.

Von Sina Fröhndrich | 07.08.2019
Küchenklassiker, Wiener Schnitzel aus der Kalbsnuss, mit welliger Panade, serviert in einem Restaurant in Dortmund.
Wiener Schnitzel: Soll der Fleischkonsum teurer werden und was würde eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes wirklich bringen? (picture alliance / dpa / Winfried Rothermel)
Das Schnitzel soll teurer werden: Das fordern Politiker von SPD und Grünen und greifen damit einen Vorschlag des Deutschen Tierschutzbundes auf. Was würde das bringen? Das ist Thema im Wirtschaftsgespräch, Sina Fröhndrich, was wird da genau diskutiert?
Der Vorschlag des Grünen-Politikers Friedrich Ostendorff und des SPD-Abgeordneten Rainer Spiering in der Zeitung "Die Welt" lautet: Statt sieben Prozent Mehrwertsteuer sollten bei Fleisch 19 Prozent fällig werden. Es gibt da ja einige Ungereimtheiten im Mehrwertsteuersystem – Fleisch wird mit sieben Prozent besteuert, Hafermilch mit 19. Und dass eben für alle tierischen Produkte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt, das kommt einer Subvention von 5,2 Milliarden Euro gleich, das hat das Umweltbundesamt mal errechnet – eine enorme Summe. Und da gäbe es eben diesen Spielraum nach oben.
Der Tierschutzbund fordert ja schon länger, dass Fleisch teurer werden müsse. Allerdings durch eine spezielle Abgabe, weil das Geld dann zweckgebunden für eine bessere Tierhaltung verwendet werden könnte, anders als bei der Mehrwertsteuer. Der Tierschutzbund möchte sicherstellen, dass das Geld den Tieren zugutekommt. Denn er kritisiert immer wieder: Fleisch ist zu billig - und das liegt auch daran, weil die Tiere auf engem Raum gehalten werden. Und weil die Nebenkosten für Fleisch – nämlich die Nitratbelastung -, einfach auf uns alle, die Allgemeinheit umgelegt werden.
Hintergrund ist auch, dass Fleischkonsum klimaschädlich ist. Wenn Fleisch teurer wäre, essen die Menschen dann auch weniger davon?
Rechnen wir das mal durch: Wir kaufen ein halbes Kilo Hackfleisch im Discounter oder Supermarkt - das gibt es ja derzeit schon für um die 2,50 Euro. Würde jetzt nicht mehr der ermäßigte Satz anfallen, sondern die 19 Prozent, dann würde sich das Hack verteuern um sage und schreibe 27 Cent. Das heißt, das halbe Kilo Gehacktes würde zwar mehr kosten, aber noch immer unter drei Euro. Kommen wir da ins Grübeln? Ich bin mir nicht sicher, auch wenn es tatsächlich Berechnungen gibt, die zeigen, dass der Fleischkonsum dadurch um bis zu acht Prozent zurückgehen würde. Aber die Frage ist: Tut das wirklich weh beim Einkauf?
Und weil es diese Skepsis gibt, sind auch längst andere Ideen formuliert worden: Eine ist, dass man früher ansetzt, indem die Produktion von Fleisch verteuert wird – durch eine Stickstoffüberschussabgabe zum Beispiel. Wir haben in der intensiven Landwirtschaft hohe Stickstoffüberschüsse – wegen der Gülle. Und wenn darauf eine Abgabe fällig würde, könnte auch das eine Lenkungswirkung haben.
Wie realistisch ist es denn überhaupt, dass etwas von den Vorschlägen Realität wird?
Ich sage mal so: Wenn es um die deutsche Wurst geht, sind einige sehr empfindlich. Und wir hören da heute Morgen schon Widerspruch von AfD, FDP und Linken. Und auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat sich in der Vergangenheit gegen eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch ausgesprochen, weil sie eher auf Ernährungsbildung setzt, um klar zu machen: Fleisch muss nicht jeden Tag sein. Und ihr geht es auch darum, dass Fleisch nicht nur etwas für Besserverdienende sein soll. Das ist ja immer das Argument, dass man sagt: Aber dann können ja nicht mehr alle Fleisch essen oder nicht mehr alle können fliegen. Nur es stellt sich schon die Frage: Was sind uns welche Dinge eigentlich wert? Kann es das noch geben – ein Kilo Schwein für nicht mal fünf Euro?