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Mehrwertsteuersenkung im Fernverkehr?
Bahntickets könnten billiger werden

Die Bahn wird vom eigenen Erfolg überrollt: Die Züge sind voll, das Schienennetz ist sanierungsbedürftig. Nächste Woche könnte die Bundesregierung eine Mehrwertsteuersenkung für Fernfahrten beschließen. Für Fahrgäste wäre das wohl wichtiger als der Start der neuen Imagekampagne der Bahn.

Von Dieter Nürnberger | 10.09.2019
Ein ICE der Deutschen Bahn aus München fährt in den Hauptbahnhof ein.
Die Bahn spielt eine zentrale Rolle bei der Verkehrswende (Annette Riedl/dpa)
Bahnchef Richard Lutz und auch Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, mussten sich etwas anstrengen, um die Schutzfolie am ICE-Triebwagen zu entfernen. Darunter nun also statt des bisherigen roten Streifens ein grüner. In diesen Tagen startet die Deutsche Bahn eine neue Imagekampagne, und dank des veränderten Außendesigns beim ICE-Triebwagen soll das neue Unternehmensmotto "Deutschland braucht eine starke Schiene" jedem sofort ins Auge fallen - auch wenn es nur die Spitze des Zuges betrifft.
Mehrwertsteuersenkung für Fernfahrten?
Wichtiger dürfte den Fahrgästen allerdings die künftige Preisgestaltung bei den Fahrkarten sein. Und hier wollte heute der Vorstandsvorsitzende der Bahn zwar einer Entscheidung der Bundesregierung in der nächsten Woche nicht vorweggreifen, doch Richard Lutz geht davon aus, dass auch bei Fahrten über 50 Kilometer künftig nur sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer gezahlt werden müssen.
"Ich will aber gerne noch einmal wiederholen, dass wir den finanziellen Vorteil einer Mehrwertsteuerabsenkung im Fernverkehr selbstverständlich eins zu eins an unsere Kunden weitergeben werden."
Kommt die Reduzierung, dann könnten Fernverkehrstickets rechnerisch, so die Bahn, um rund zehn Prozent billiger werden.
Auch die Politik will eine stärkere Schiene. Laut Koalitionsvertrag soll die Zahl der Fahrgäste bis 2030 verdoppelt werden. Im Frühjahr musste der Bahnvorstand vor allem wegen der ungenügenden Pünktlichkeitsbilanz im Bundesverkehrsministerium zum Rapport antreten, um geplante Verbesserungen zu konkretisieren. Heute sagte der für den Bahnbereich zuständige Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU):
"Sie ist schon relativ weit gekommen, doch aus meiner Sicht noch nicht weit genug. Das zeigen ja auch weiterhin die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger. Bei der Fahrzeugbereitstellung und anderen Themen kann die Bahn noch besser werden. Sie ist auf einem guten Weg, und ich glaube schon, dass wir die Ziele erreichen können."
Ökostrom für die Bahn auch im Nahverkehr
Schon heute fahren die rund 280 ICE-Züge mit 100 Prozent Ökostrom, sagt die Bahn. Die Energiegewinnung für einen ökologischeren Schienenverkehr sei ein Kernelement der Bahnstrategie, ergänzt Ferlemann. Sein Zukunftsszenario sieht so aus:
"In wenigen Jahren wird es so sein, dass wir auf den Nahverkehrsstrecken mit wasserstoffgetriebenen und batterieelektrischen Zügen fahren, die sich alle aus erneuerbaren Energien speisen werden. Dieses Ziel streben wir bis spätestens 2030 an. Und dann wird die Eisenbahn der erste Verkehrsträger sein, der komplett ökologisch transportiert."
Fällige Sanierungen begrenzen Kapazität
Doch bis dahin ist es noch weit. Denn die in den vergangenen Jahren steigenden Fahrgastzahlen haben gezeigt, dass die Deutsche Bahn an ihre Kapazitätsgrenze stößt. Experten gehen von einem Sanierungsrückstau von etwa 55 Milliarden Euro aus. Immerhin steigen derzeit auch die Milliardenzuschüsse des Bundes, zudem aber auch die Schulden des bundeseigenen Konzerns. Weshalb auch ein Börsengang oder ein Verkauf der profitablen, britischen Unternehmenstochter Arriva erwogen wird.