Scheel: Guten Morgen Herr Müller.
Müller: Frau Scheel, sehen Sie das mit der Magnetschwebebahn auch so?
Scheel: Nein, ich sehe das etwas anders, denn wir wissen ja, dass die Bahn AG verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben hat, und diese Gutachten hatten natürlich auch die Prüfung zum Inhalt, ob eine Einspurigkeit einen Sinn macht. Diese Gutachten gingen alle im Ergebnis davon aus, es macht keinen Sinn. Deswegen haben wir das gestern so ein bisschen als eine Art Abschiedsgeschenk von Herrn Müntefering gewertet, was nicht ernst zu nehmen ist. Unsere Poßition ist in dieser Frage ganz klar. Wir hatten früher eine Finanzierungssituation von über sechs Milliarden für die zweispurige Strecke. Dann hat sich herausgestellt, dass diese zweispurige Strecke mit diesen sechs Milliarden nicht zu bauen ist. Jetzt kam man dann auf diesen Trick zu sagen, dann machen wir halt nur eine Strecke daraus für das gleiche Geld. Das wird mit uns so nicht zu machen sein.
Müller: Nehmen Sie den Vorschlag des Verkehrsministers ernst?
Scheel: Ich kann Ihn nur dahingehend werten, dass es eine Idee ist, die eingebracht wurde, um nicht sagen zu müssen, dass wir gegen neue Technologien sind. Darum geht es auch nicht, sondern es geht darum, dass man in der heutigen Zeit Haushaltsmittel vernünftig einsetzt. Wenn alle Gutachten dagegen sprechen, dass es unwirtschaftlich ist, dass es auch im Hinblick auf Sicherheitsfragen und all diese Dinge wie Aufkommen von Personenzahlen und Rentieren der Strecke keinen Sinn macht, dann sehe ich nicht ein, dass wir im Zusammenhang mit der gesamten Sparaktion hier Geld investieren, von dem wir wissen, es ist regelrecht in den Sand gesetzt.
Müller: Es ist ja, Frau Scheel, nicht nur eine Frage der Zukunft. Es sind ja bereits Milliarden in die Investitionen dieses Projektes geflossen. Wie erklären Sie das der Öffentlichkeit?
Scheel: Wissen Sie, das ist ein Fehler gewesen. Man kann nicht hergehen und sagen, es wurde dort schon investiert und deswegen müssen wir jetzt noch einmal sechs Milliarden investieren. Die laufenden Kosten, die dann entstehen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, sind dann auch wieder von der Allgemeinheit zu tragen. Da muss man in ehrlicher Weise einmal einen Schnitt machen und klar sagen, dass man für die Zukunft eine solche Belastung nicht will.
Müller: Das heißt Sie übernehmen die politische Verantwortung für ein Milliardengrab?
Scheel: Wir müssen uns jetzt darüber verständigen. Die Haushaltsberatungen stehen im Detail an. Der Verkehrsetat wird ja im einzelnen durchberaten. Dann wird man auch prüfen müssen, welche Vorschläge und Gutachten auf dem Tisch liegen. Ich gehe davon aus, dass hier die Vernunft siegt.
Müller: Frau Scheel, wir sollten zu unserem ursprünglich verabredeten Thema zurückkommen: das Sparpaket beziehungsweise die Kompromissmöglichkeiten mit Blick auf die OpPoßition. Herr Poß hat sich dort sehr bedeckt gehalten. Haben Sie eine Idee?
Scheel: Es ist für uns ganz klar - und da stimme ich Herrn Poß auch zu -, dass wir dieses Sparpaket jetzt zusammenhalten. Wir wären ja wahnsinnig, wenn wir jetzt anfangen würden, bevor es überhaupt in den Bundesrat eingebracht ist, hier etwas aufzuschnüren. Ich finde, man muss auch mit einigen Legenden schlußmachen. Die Länder versuchen natürlich - und das kann ich gut verstehen -, herauszuholen was herauszuholen geht. Die Länder pokern aber hoch. Die Länder wissen natürlich auch, dass sie seit 1993 an den gesamten Steuereinnahmen, wenn man den gesamten Steuerkuchen nimmt, einen höheren Anteil haben, im Verhältnis wachsenden Anteil haben und der Bund dafür weniger eingenommen hat. Deswegen ist ja bei uns auch die Netto-Neuverschuldung so hoch. Deswegen ist ja auch die Zinssteuerquote im Bund höher, als dies bei den Ländern der Fall ist. Die Länder haben, nachdem die Verschuldung ja über Kommunen, Länder und den Bund insgesamt verteilt ist, natürlich auch eine Verantwortung, wenn man davon spricht, dass für die Zukunft der Staat handlungsfähig sein soll. Dann kann dies nicht nur für den Bund gelten; dann gilt es auch für die Länder. Ein zweites mögen Sie mich bitte noch sagen lassen: Es geht ja auch um strukturelle Veränderungen. Es wurden in den letzten Jahren oftmals Gelder fehlgeleitet, auch im sozialen Wohnungsbau übrigens. Da brauchen wir überhaupt nichts schön zu reden. Hier geht es darum, dass Gelder auch zielgenauer eingesetzt werden, dass sie dort ankommen, wo sie auch dringend gebraucht werden. Da müssen wir einiges tun!
Müller: Frau Scheel, es geht um Mehrheiten. Haben Sie denn inzwischen wenigstens die rot/grünen Länder, wenn Sie dies schon ansprechen, im Griff?
Scheel: Ich gehe davon aus, wenn jetzt nach und nach die Wahlkämpfe im Herbst vorbei sind - wir haben ja am Sonntag die Sachsen-Wahl, dann kommt die Berlin-Wahl am 10. Oktober -, dass dann dieses Flügelschlagen etwas nachlässt und dass man auf den Boden der Realität zurückkommt. Man wird die Zahlen auf den Tisch legen und sehen, wie sich was genau auswirkt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine große Zustimmung geben wird.
Müller: Letzte Frage: Werden die 30 Milliarden zu halten sein?
Scheel: Das muss gehalten werden. Wir haben uns vorgenommen, die Netto-Kreditaufnahme in den nächsten Jahren zu reduzieren. Wir haben uns vorgenommen, dass wir im Zusammenhang mit den Haushaltseinsparungen in verschiedenen Bereichen herangehen. Es wird nicht angehen zu sagen, na ja, für das Jahr 2000 kam dann halt ein bisschen weniger heraus. Dies wird dann Folgewirkungen haben für die nächsten Jahre. Die Finanzplanung bis 2003 muss stehen, und deswegen ist es zwingend vorgegeben, dass wir an den 30 Milliarden festhalten.
Müller: Christine Scheel von den Grünen war das, Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Link: (Rudolf Scharping: "An den Eckpfeilern des Haushaltes 2000 darf nicht gerüttelt werden" (16.9.99)==>/cgi-bin/es/neu-interview/397.html)
/cgi-bin/es/neu-interview/305.html
Müller: Frau Scheel, sehen Sie das mit der Magnetschwebebahn auch so?
Scheel: Nein, ich sehe das etwas anders, denn wir wissen ja, dass die Bahn AG verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben hat, und diese Gutachten hatten natürlich auch die Prüfung zum Inhalt, ob eine Einspurigkeit einen Sinn macht. Diese Gutachten gingen alle im Ergebnis davon aus, es macht keinen Sinn. Deswegen haben wir das gestern so ein bisschen als eine Art Abschiedsgeschenk von Herrn Müntefering gewertet, was nicht ernst zu nehmen ist. Unsere Poßition ist in dieser Frage ganz klar. Wir hatten früher eine Finanzierungssituation von über sechs Milliarden für die zweispurige Strecke. Dann hat sich herausgestellt, dass diese zweispurige Strecke mit diesen sechs Milliarden nicht zu bauen ist. Jetzt kam man dann auf diesen Trick zu sagen, dann machen wir halt nur eine Strecke daraus für das gleiche Geld. Das wird mit uns so nicht zu machen sein.
Müller: Nehmen Sie den Vorschlag des Verkehrsministers ernst?
Scheel: Ich kann Ihn nur dahingehend werten, dass es eine Idee ist, die eingebracht wurde, um nicht sagen zu müssen, dass wir gegen neue Technologien sind. Darum geht es auch nicht, sondern es geht darum, dass man in der heutigen Zeit Haushaltsmittel vernünftig einsetzt. Wenn alle Gutachten dagegen sprechen, dass es unwirtschaftlich ist, dass es auch im Hinblick auf Sicherheitsfragen und all diese Dinge wie Aufkommen von Personenzahlen und Rentieren der Strecke keinen Sinn macht, dann sehe ich nicht ein, dass wir im Zusammenhang mit der gesamten Sparaktion hier Geld investieren, von dem wir wissen, es ist regelrecht in den Sand gesetzt.
Müller: Es ist ja, Frau Scheel, nicht nur eine Frage der Zukunft. Es sind ja bereits Milliarden in die Investitionen dieses Projektes geflossen. Wie erklären Sie das der Öffentlichkeit?
Scheel: Wissen Sie, das ist ein Fehler gewesen. Man kann nicht hergehen und sagen, es wurde dort schon investiert und deswegen müssen wir jetzt noch einmal sechs Milliarden investieren. Die laufenden Kosten, die dann entstehen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, sind dann auch wieder von der Allgemeinheit zu tragen. Da muss man in ehrlicher Weise einmal einen Schnitt machen und klar sagen, dass man für die Zukunft eine solche Belastung nicht will.
Müller: Das heißt Sie übernehmen die politische Verantwortung für ein Milliardengrab?
Scheel: Wir müssen uns jetzt darüber verständigen. Die Haushaltsberatungen stehen im Detail an. Der Verkehrsetat wird ja im einzelnen durchberaten. Dann wird man auch prüfen müssen, welche Vorschläge und Gutachten auf dem Tisch liegen. Ich gehe davon aus, dass hier die Vernunft siegt.
Müller: Frau Scheel, wir sollten zu unserem ursprünglich verabredeten Thema zurückkommen: das Sparpaket beziehungsweise die Kompromissmöglichkeiten mit Blick auf die OpPoßition. Herr Poß hat sich dort sehr bedeckt gehalten. Haben Sie eine Idee?
Scheel: Es ist für uns ganz klar - und da stimme ich Herrn Poß auch zu -, dass wir dieses Sparpaket jetzt zusammenhalten. Wir wären ja wahnsinnig, wenn wir jetzt anfangen würden, bevor es überhaupt in den Bundesrat eingebracht ist, hier etwas aufzuschnüren. Ich finde, man muss auch mit einigen Legenden schlußmachen. Die Länder versuchen natürlich - und das kann ich gut verstehen -, herauszuholen was herauszuholen geht. Die Länder pokern aber hoch. Die Länder wissen natürlich auch, dass sie seit 1993 an den gesamten Steuereinnahmen, wenn man den gesamten Steuerkuchen nimmt, einen höheren Anteil haben, im Verhältnis wachsenden Anteil haben und der Bund dafür weniger eingenommen hat. Deswegen ist ja bei uns auch die Netto-Neuverschuldung so hoch. Deswegen ist ja auch die Zinssteuerquote im Bund höher, als dies bei den Ländern der Fall ist. Die Länder haben, nachdem die Verschuldung ja über Kommunen, Länder und den Bund insgesamt verteilt ist, natürlich auch eine Verantwortung, wenn man davon spricht, dass für die Zukunft der Staat handlungsfähig sein soll. Dann kann dies nicht nur für den Bund gelten; dann gilt es auch für die Länder. Ein zweites mögen Sie mich bitte noch sagen lassen: Es geht ja auch um strukturelle Veränderungen. Es wurden in den letzten Jahren oftmals Gelder fehlgeleitet, auch im sozialen Wohnungsbau übrigens. Da brauchen wir überhaupt nichts schön zu reden. Hier geht es darum, dass Gelder auch zielgenauer eingesetzt werden, dass sie dort ankommen, wo sie auch dringend gebraucht werden. Da müssen wir einiges tun!
Müller: Frau Scheel, es geht um Mehrheiten. Haben Sie denn inzwischen wenigstens die rot/grünen Länder, wenn Sie dies schon ansprechen, im Griff?
Scheel: Ich gehe davon aus, wenn jetzt nach und nach die Wahlkämpfe im Herbst vorbei sind - wir haben ja am Sonntag die Sachsen-Wahl, dann kommt die Berlin-Wahl am 10. Oktober -, dass dann dieses Flügelschlagen etwas nachlässt und dass man auf den Boden der Realität zurückkommt. Man wird die Zahlen auf den Tisch legen und sehen, wie sich was genau auswirkt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine große Zustimmung geben wird.
Müller: Letzte Frage: Werden die 30 Milliarden zu halten sein?
Scheel: Das muss gehalten werden. Wir haben uns vorgenommen, die Netto-Kreditaufnahme in den nächsten Jahren zu reduzieren. Wir haben uns vorgenommen, dass wir im Zusammenhang mit den Haushaltseinsparungen in verschiedenen Bereichen herangehen. Es wird nicht angehen zu sagen, na ja, für das Jahr 2000 kam dann halt ein bisschen weniger heraus. Dies wird dann Folgewirkungen haben für die nächsten Jahre. Die Finanzplanung bis 2003 muss stehen, und deswegen ist es zwingend vorgegeben, dass wir an den 30 Milliarden festhalten.
Müller: Christine Scheel von den Grünen war das, Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Link: (Rudolf Scharping: "An den Eckpfeilern des Haushaltes 2000 darf nicht gerüttelt werden" (16.9.99)==>/cgi-bin/es/neu-interview/397.html)
/cgi-bin/es/neu-interview/305.html