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Preisentwicklung
Inflation so niedrig wie seit 2009 nicht mehr

Erstmals seit 2009 sind die Preise im Euroraum gesunken, und zwar um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Experten machen für die Entwicklung der Lebenshaltungskosten vor allem einen Faktor verantwortlich: den gesunkenen Ölpreis.

Von Brigitte Scholtes | 16.01.2015
    Eine Frau mit Einkaufstüten in einer Einkaufsstraße in Peking.
    Mehr Geld zum Shoppen: Dank des niedrigen Ölpreises sinken auch die Lebenshaltungskosten. (Wang Zhao / AFP)
    Zum ersten Mal seit fünf Jahren sind die Preise im Euroraum gefallen, im Dezember gingen sie um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Das bestätigte das Europäische Statistikamt Eurostat heute. Auch in Deutschland sank die Inflationsrate auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2009, allerdings stiegen die Preise hier gegenüber dem Vorjahresmonat – wenn auch nur leicht um 0,2 Prozent.
    Im Jahresdurchschnitt lag die Teuerung bei 0,9 Prozent. Den größten Einfluss auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten hat der gesunkene Ölpreis.Deshalb meint David Milleker, Chefvolkswirt der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment:
    "Wir haben Preisrückgänge sehr konzentriert. Zumindest in Deutschland, aber auch im Euroraum reden wir darüber, dass die sogenannte Kerninflationsrate immer noch moderat positiv ist, auch wenn sie sehr, sehr niedrig ist. Die EZB verfehlt ihr Inflationsziel definitiv deutlich nach unten."
    Die Schuldenblase und die Folgen
    Das liegt bei unter, aber nahe zwei Prozent. In der Kerninflationsrate misst man die Preissteigerung ohne die Energiepreise, doch darauf achtet die EZB derzeit kaum, moniert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, denn sie wolle mit Verweis auf die Entwicklung der Preise ihren Entschluss begründen, Staatsanleihen zu kaufen:
    "Wenn die EZB jetzt anfängt, Staatsanleihen zu kaufen, dann steigt nicht der Ölpreis, und es ändert aber auch nichts an der Konjunktur. Denn die Wirtschaft im Euroraum leidet ja darunter, dass vor Jahren eine Schuldenblase geplatzt ist, und viele Menschen im Süden wollen ihre Schulden zurückzahlen, halten sich beim Konsumieren zurück.
    Und deshalb ist es ganz normal, dass nach dem Platzen einer solchen Schuldenblase die Wirtschaft nur sehr wenig wächst, die Inflation niedrig ist. Die EZB akzeptiert aber dieses Unvermeidliche nicht, kämpft dagegen an, auch durch den Kauf von Staatsanleihen.
    Am Ende wird sie nichts ändern an dem niedrigen Wachstum, an der niedrigen Inflation, sondern vor allem leider die Vermögenspreise weiter nach oben treiben, auch die Häuserpreise hier in Deutschland."
    Die EZB und die Inflation
    Die Notenbank will aber mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung die Inflationserwartungen beeinflussen, meint Volkswirt Milleker. Aber er zweifelt, ob das nachhaltig wirken kann:
    "Kurzfristig gehen die Inflationserwartungen nach oben, um dann über den restlichen Programmverlauf wieder abzubröckeln und am Ende des Programms mehr oder minder auf den Ursprungswert zurückzukehren.
    Die EZB tut dort, was sie kann, ob das, was sie machen kann, auch tatsächlich ausreicht, hier wirklich uns in einen vollkommen anderen Zustand zu bringen, ist eine sehr, sehr offene Frage."
    Spannend bleiben aber die Modalitäten, also etwa in welcher Form sie Staatsanleihen kaufen und wann sie damit beginnen wird.